Nach wunderbaren Erfahrungen mit Weinen aus der Deutschschweiz und dem Tessin geht’s nun ins Lavaux. Weingut-Besuch bei Louis Bovard. Was für eine Idylle. Das Weingut Louis Bovard liegt in idyllischen Örtchen Cully direkt am Genfer See. Der Blick schweift über die Weinberge, die zum Teil sehr steilen Lagen reichen von über 500 Metern direkt bis an Ufer. Auch wenn heute keine Sonne scheint, oder vielleicht gerade deswegen, ist es eine magische Atmosphäre. 

„Schon schön hier“

Fabio Bongulielmi am Ufer des Genfersees

Es empfängt Fabio Bongulielmi, der Direktor des Weingutes. Inhaber Louis-Philippe Bovard, der das Weingut in 10. Generation führt, ist nicht nur in der Schweiz mittlerweile eine Legende. Er wird später hinzustoßen und mit ihm werde ich ein spannendes Gespräch führen.  
Fabio Bongulielmi kommentiert die Begeisterung für das Panaroma mit: „Ist schon schön hier.“ Das ist gepflegtes Understatement. Bevor wir uns Louis Bovard und den Weinen widmen gibt’s zunächst mal Infos zur Region. Wir sind im Lavaux, Kanton Waadt, dort werden 800 Hektar Rebfläche bewirtschaftet. Es gibt 30 Produzenten. Es ist das größte zusammenhängende Weinbaugebiet der Schweiz. Erlaubt ist der Anbau 52 verschiedener Rebsorten, aber, wen wundert’s, Chasselas dominiert. Auf 70% der Rebfläche steht Chasselas, auf stehen 15% Rotwein-Reben. 
Die Reben wachsen auf Lehm-Kalk-Böden. „Klimatisch ist es sehr speziell hier“, erklärt Direktor Bongulielmi. „Vom Mont Blanc her weht ständig kalter Wind. Aber wir haben dreimal Sonne: Direkt von oben, vom See und in Reflektion von den Mauern. So haben wir fast nie Frost.“ Noch etwas sei sehr wertvoll. „Seit 2007 ist die Region UNESCO Weltkulturerbe. Kein Investor kann kommen.“

Der Avantgardist

Im Barrique-Keller

Vom Ufer mit dem fantastischen Panorama überqueren wir die Straße und sind schon im Weingut. Überliefert ist, dass Familie Bovard seit 1684 Wein produziert. 1983 hat Louis-Philippe Bovard die Leitung des Familienguts übernommen.  Als Avantgardist führte er unter anderem neue Rebsorten wie etwa Chenin Blanc, Sauvignon Blanc und Syrah auf seinem Gut ein, erforschte die Terroirs und Lagen des Lavaux sowie den Ausbau des Chasselas auf der Hefe und in Fässern. 
Heute werden 13 Hektar Reben in 65 Parzellen bewirtschaftet, überwiegend Steillagen. „Eine Parzelle ist so steil, da kann der Transport der Trauben ausschließlich über einen Helikopter erfolgen“, erzählt Fabio Bongulielmi. Im Weingut Louis Bovard arbeiten zwei Önologen. Rund 100.000 Flaschen werden jährlich produziert. 
Der Chasselas wird in  großen Holzfässern (8000 Liter) ausgebaut, ein Teil auch in Barriques. Die Rotweine (Syrah und Merlot) kommen einer Cuvée auf den Markt oder reinsortig, das wird Jahr für Jahr neu entschieden. Seit den 1980er Jahren Verzicht auf BSA. Revolutionär! „Das war es“, sagt Fabio Bongulielmi, „wir haben 40% der Kunden verloren, aber 80% gewonnen“. 

Nun aber werden Weine von Louis Bovard probiert. Um es gleich zu sagen: Es sind großartige, authentische, charakterstarke Weine.  

Médinette Grand Cru Dezaley 2022  

Reinsortiger Chasselas, der Basiswein von Louis Bovard mit Grand Cru-Status, macht ein Drittel der Produktion aus. Acht Monate Battonage. In die Nase kommen angenehm florale Noten, generell eine opulente Aromatik. Ein Chasselas weit über Standard. Das Etikett fällt natürlich auf. „Das Etikett zeigt einen Neffen von Louis Bovard als Bacchus, die berühmte Figur aus dem Winzerfest anno 1905 mit seinem mythischen Leopardenfell“, erklärt Bongulielmi. „Der Name Médinette nimmt Bezug auf die nahe Theben in Oberägypten gelegene Stätte von Medinet Habu, wo einer der Tempel den Arbeiten und Gottheiten von Rebe und Wein gewidmet ist. Ein Freund der Familie war Ägyptologe.“ Und, Achtung: „Das Etikett ist seit 1905 unverändert.“ Das nennt man Tradition. 

Ilex Calamin Grand Cru 2022 

Ist auch ein 100 Prozent Chasselas, aber zehn Monate im Barrique (4. Belegung) gereift. Zarte 3 Gramm Restzucker. Tolle reife, tolle Frucht, nussig, fett und würzig, viel Power. Von allem das richtige Maß. Verdient das Label „Großer Chasselas“. 

Buxus Sauvignon Blanc Grand Cru 2022  

Ein großartiger Sauvignon Blanc! Im Stil irgendwie zwischen den Sauvignon-Welten Loire/Neuseeland, also erfreulicherweise von sehr eigenem Charakter. Vor der Pressung 24 Stunden Mazeration, lag dann 9 Monate im Fass. Überaus reiche Aromatik, Johannisbeeren, Aprikosen, exotische Früchte wie Litschi und Mango. Es gibt nur 3000 Flaschen pro Jahr. 

Salix Chenin Blanc 2020  

Reinsortiger Chenin Blanc. Die Sorte war lange nicht zugelassen und wurde bis 1995 nur in Cuvées verwendet. Gut, dass sich die Zeiten geändert haben, sonst würde es diesen extrem spannenden Wein wohl nicht geben. Der Chenin Blanc hat zwei Jahre im neuen Holz gelegen, mit 8 bis 9 Gramm pro Liter eine stramme Säure und satte 14,5% Alkohol! Doch die Säure ist wie der Alkohol perfekt eingebunden, da dominiert oder stört gar nichts. Ein Wein für Liebhaber von Raritäten, es gibt nur 2000 Flaschen im Jahr.

Dézaley Rouge Bovard 2020 

Ein Roter zum Finale, und der hat es in sich. Eine Cuvée aus 60% Merlot und 40% Syrah, 24 Monate im Barrique gereift. Es gibt so viel zu entdecken: Reife Früchte wie Brombeeren oder schwarzen Kirschen, Mokka, dazu florale Noten. Sanfte Tannine, viel Volumen, großer Genuss!    


0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.