1983 hat Louis-Philippe Bovard als Vertreter der 10. Generation der Familie die Leitung des Familienguts übernommen, das heute 13 Hektar Reben umfasst. Als Avantgardist führte Louis-Philippe Bovard unter anderem neue Rebsorten wie etwa Chenin Blanc, Sauvignon Blanc und Syrah auf seinem Gut ein. Er erforschte die Terroirs und Lagen des Lavaux sowie den Ausbau des Chasselas auf der Hefe und in Fässern. Louis-Philippe Bovard wurde so zur Ikone des Schweizer Weins ernannt und genießt sowohl nationale als auch internationale Anerkennung. Ich hatte das Vergnügen, Louis-Philippe Bovard beim Besuch des Weinguts Louis Bovard zu treffen. Besonderer Dank gilt Fabio Bongulielmi, dem Direktor des Weinguts, für die Übersetzung der Fragen und Antworten ins Französische und aus dem Französischen.

Herr Bovard, Sie führen ein traditionsreiches Weingut seit 1983, in der zehnten Generation. Hatten Sie je eine Chance, etwas anderes zu werden als Winzer?
Natürlich. Ich war Direktor einer Werbe- und PR-Agentur und danach auch Direktor des Comptoir Suisse, das ist die Schweizer Messe. Dann bin ich ins Weingut gekommen. 

Erinnern Sie sich, wann Sie zum ersten Mal mit Wein in Berührung gekommen sind?  
Das war in der Kindheit. Ich bin ja in einer Winzerfamilie im Lavaux aufgewachsen. 

Was lieben Sie am Wein?
Da ist natürlich die Freude an den Köstlichkeiten des Weins. Und das Vergnügen, Freundschaft zu teilen.

Was ist das Besondere an den Weinen aus dem Lavaux?
Das sind Weine von Zartheit, Feinheit, Sanftheit. Und sie haben ein einzigartiges Alterungspotenzial.

Haben die Weine von Louis Bovard dort ein Alleinstellungsmerkmal? 
Ja, denn es sind Terroirweine. Unsere Weine kommen von fünf verschiedenen Terroirs. Und jedes ist einzigartig.

Die Schweiz ist Chasselas-Land, in Deutschland besser bekannt als Gutedel. Was lieben Sie an dieser Rebsorte, die anderswo eher ein Nischendasein fristet?
Jede Rebsorte hat ihr bevorzugtes Terroir, das ihr einen einzigartigen Charakter verleiht. Terroir ist gleich Boden plus Klima plus der menschlichen Arbeit. Und bei uns passt zu dieser Formel der Chasselas perfekt. 

Sie sind seit 1983 Jahren im Geschäft. Wie hat sich die Weinwelt in dieser Zeit verändert? 
Es hat sich eigentlich wenig verändert. Aber die Explosion der Medien, ihre Vielfalt und die Tatsache, dass sie Elemente ans Licht bringen, die früher im Dunkeln lagen, verändern den Eindruck.

Was denken Sie über den Klimawandel? 
Große Klimazyklen hat es zu allen Zeiten gegeben. Grönland war einmal ein eisfreies Grünland! Hannibal fiel mit Elefanten in Italien ein, die Alpenpässe überquerten, die nicht schneebedeckt waren. Heute erleben wir eine leichte Erwärmung.

Was erwarten Sie für die Zukunft?
Das Beste! Aber die Überbevölkerung wird leider nicht mehr lange tragbar sein. Sie wird und zu einem großen Zusammenstoß führen. Ein Beispiel sind die Pestepidemien, die von 1200 bis 1600 die Bevölkerung in einigen Regionen stark dezimiert haben.

Ist die biologische Bewirtschaftung der Schlüssel?
Das ist die „Tarte à la crème“, wie wir auf französisch sagen, das heißt die Sahne auf dem Kuchen. 13 Jahre strenge Biodynamik haben mir aber auch gezeigt, dass man die Methode unter den Anbaubedingungen im Lavaux noch immer verbessern muss.  

Einige Winzer haben Musik für die Weinherstellung verwendet, Beethoven, Mozart oder italienische Oper. Manche nutzen auch andere spezielle Methoden, Mondzyklen etwa. Praktizieren Sie auch etwas eher Außergewöhnliches?
Die biodynamische Landwirtschaft! Ich bin ein leidenschaftlicher Wagner-Fan und war fast 20 Mal in Bayreuth. Doch das hat nichts mit Wein zu tun. Lesen Sie stattdessen Ramuz (Anm: Charles Ferdinand Ramuz ist ein Schweizer Schriftsteller), die „Passage du poète“ … „… Bovard ist in seinem Weinberg …. „. Der Beruf des Winzers ist ein Präzisionsberuf.

Was ist Ihr Lieblingswein für jeden Tag?  
Das sind die Weine aus unseren Versuchen nach einigen Jahren, die oft vergessen werden. Es gibt Entdeckungen, aber auch solche, die in die Küche gehen. Das sind die Vergessenen. Wir machen 10 bis 15 Versuche pro Jahr.

Was trinken Sie zu einem besonderen Anlass? Weihnachten zum Beispiel?  
Einen 20 bis 30 Jahre alter Chasselas, Médinette Dézaley natürlich. 

Sind auch Weine aus anderen Ländern für Sie interessant?
Oh ja, vor allem aus Frankreich: Loire für Chenin blanc und Sauvignon blanc. Côtes du Rhône Nord für Syrah. Und Pomerol für Merlot. 

Kork, Schraub oder Glas-Verschluss?
Das ist keine Frage! Kork natürlich. Der Wein lebt, er muss atmen! Man muss allerdings einen Preis dafür zahlen, indem man bei der Wahl des Korkens streng ist. 

Mit wem würden Sie gerne mal ein Glas Wein trinken – oder hätten vielleicht gerne mal ein Glas Wein getrunken?
Immer gemeinsam mit Freunden, denn Wein fördert die Geselligkeit. Was gibt es Schöneres im Leben?

Herr Bovard, ist es möglich, einen perfekten Wein herzustellen? Gibt es den perfekten Wein? 
Ein Wein, der unter besonderen Umständen serviert wird – ja! Ein absolut perfekter Wein – nein.


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