Die Nahe im Fokus – warum? Habe mit der Region lange gefremdelt. Außer einem sehr erfreulichen Besuch mit einem Interview bei Anette Closheim in Langenlonsheim gab es kaum Kontakt. Doch dann: Spannende Entdeckungen bei „Nahe goes Mainz“. Kurz darauf Besuch einiger Weingüter an der Nahe. Und ein erstaunlicher Riesling von Gut Hermannsberg.

Der 7-Terroirs-Riesling 

Die jüngste Erfahrung mit der Nahe ist ein Riesling namens „7 Terroirs“ vom Gut Hermannsberg, eine der großen Adressen vor Ort. Das Weingut besitzt sieben VDP.Grosse Lagen (Kupfergrube und Felsenberg in Schlossböckelheim, der Hermannsberg, der Steinberg und die Rossel bzw. Klamm in Niederhausen, die Bastei in Traisen und der Rotenberg in Altenbamberg). Und, man staune, Gut Hermannsberg gönnt sich einen Gutswein aus den Großen Lagen – genannt die „7 Terroirs“. Für diesen Riesling werden von den sieben Lagen überwiegend die jüngeren Reben selektioniert, spontan vergoren, anschließend reift der Wein dann mehrere Monate auf der Feinhefe. Mit gefällt der Riesling, er ist unkompliziert, Aromen von Zitrus und Steinobst sind zu finden. Dazu eine feine mineralische Note und die erstaunliche Ambivalenz von Leichtigkeit und Kraft.

Nahe goes Mainz 

Der „7 Terroirs“ war der berühmte Punkt auf dem i, denn die Nahe ist schon im Frühjahr in den Fokus gerückt. „Nahe goes Mainz“ war eine gelungene Show diverser Weingüter von der Nahe, viele kannte ich nur vom Hörensagen, so manche nicht mal davon. So gab es reichlich Entdeckungen. Ohne Rang- und Reihenfolge: Ein spannender PetNat von Marcus Hees, firmiert unter „Deutscher Perlwein“. Der famose Sekt Prestige Cuvée Royal vom Schlussgut Diel, die Cuvée Pinot Noir + Chardonnay, lag ewig auf der Hefe, 0 Gramm Dossage. Das Weingut Poss aus Windesheim hat mehrfach überzeugt: der 22er Weißburgunder mit feiner Frucht, der 22er Grauburgunder mit viel Substanz und der drei Jahre im Tonneau gereifte 19er Chardonnay mit viel Charisma. Anette Closheim war natürlich ein sicherer Hafen, durch die Bank hohes Niveau. Ihre Sauvignon Blancs (vor allem der im Barrique gereifte Loirista) dürften an der Nahe (und nicht nur da) unerreicht sein. 

Dann natürlich die Rieslinge, wofür die Nahe ja auch irgendwie steht. Unter vielen guten sind besonders aufgefallen: Der Riesling Schiefer vom Weingut Stein (auch feinen Silvaner!), der Grünschiefer-Riesling von Prinz Salm, Zweistrom-Riesling von Kruger-Rumpf oder der Steinberg Monopol-Riesling vom Weingut in den Zehn Morgen. Bei den Rotweinen ist unbedingt der gelungene Saint Laurent R Laubenheimes Krone vom Weingut Montigny zu würdigen. Schließlich waren da auch noch Raritäten wie der Vintage Grünfränkisch vom Weingut Genheimer Kiltz.  

An der Nahe: Weingut Marx 

Rainer Marx

Das machte Appetit auf einen Besuch an der Nahe. Station im Weingut Marx, Weinbau seit 1693! Rainer Marx führt den 10-Hektar-Betrieb (plus Trauben-Zukauf) und erklärt, dass er den Fokus auf den Burgunder-Sorten richtet. Also ran an die Burgunder, und da liegt die Latte bei Marx hoch. Schon der Sekt Pinot (50% Spätburgunder + 50% Weißburgunder, 36 Monate auf der Hefe) ist klasse. Geht auf hohem Level weiter: Der 23er Blanc de Blanc vom Spätburgunder strahlt Frische aus. Der 22er Weißburgunder S vom Windesheimer Rosenberg hat eine feine Cremigkeit und schon schöne Reife. Ein Highlight ist der Graue Burgunder R 2022 Windesheimer Römerberg, komplett im Holz gereift mit einer tollen Aromatik. Famoser Wein.

Natürlich kommt auch noch Karl Marx um die Ecke, das muss ja sein, und zwar mit dem 2019 Spätburgunder MARXisMUSS Kapital. Das Etikett ziert Karl Marx. Bin mir sicher, dass der bekennende Wein-Liebhaber seine helle Freude an diesem Wein gehabt hätte. Leider gibt es davon nur 225 Liter – genau ein Barrique-Fass.  Dass Rainer Marx nicht nur Burgunder kann beweist die 2023er Riesling Spätlese Schweppenhäuser Schloßgarten. Stolze 72 Gramm Restzucker, 7,6 Gramm Säure, ergibt einen schlanken, spannenden und sehr genussvollen Wein. 

An der Nahe: Dr. Crusius

Rebecca Crusius

Noch eine Station an der Nahe, nun ein bekannter Name: Dr. Crusius in Traisen. Rebecca Crusius führt das traditionsreiche Weingut (seit 1576) in 14. Generation seit 2019. Die Kerndaten: 30 Hektar Rebfläche, die Hälfte Riesling, 25% Weißburgunder, 10% Auxerroirs, dann noch einige andere Sorten, darunter auch 30 historische. Dazu später. Die Paradelagen – was sowohl das Panorama als auch den Boden betrifft – sind die Rebflächen am spektakulären Rotenfels. Die 200 Meter hohe Klippe ist höchste Steilwand nördlich der Alpen, die Böden sind Rotes Vulkangestein. Das Filetstück am Rotenfels ist die berühmte Lage Bastei, dort gibt’s nur Riesling. Konnte einen Bastei-Riesling leider nicht probieren, aber auch andere verdienen Beifall.

Gefallen hat mir der Riesling vom Berg 2023, ein VDP-Ortswein aus Schlossböckelheim von Trauben der jüngeren Reben vom Felsenberg und der Kupfergrube. Schöne Mineralität, feine Säure. Dann natürlich der Riesling Kupfergrube 2022 GG. Strahlend gelb, komplett durchgegoren, 0 Gramm Restzucker. Aromen von Zitronen plus eine Spur Karamell, lebendige Säure, saftig, dicht, lange Präsenz. Toller Riesling!  
Zu den schon erwähnten 30 historischen Rebsorten: Aus denen entsteht die Cuvée mit dem reizenden Namen DolceFarNiente (Das süße Nichtstun). Die historischen Rebsorten werden mit Riesling und Grünem Veltliner ergänzt. 7 Gramm Zucker sorgen für eine spürbare Restsüße. Der Reiz sind freilich die historischen  Sorten, deren spezielle Charaktere in der Cuvée natürlich untergehen. Für einen separaten Ausbau, was sicher sehr spannend wäre, seien die Mengen zu gering, erklärt Rebecca Crusius. Irgendwie schade. 

Rebflächen vor dem Rotenfels bei Traisen.

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