Jubiläum und Abschied auf Schloss Wackerbarth: Das Sächsische Staatsweingut Schloss Wackerbarth feiert 20 Jahre „Erlebnisweingut“. Gleichzeit verabschiedet sich die langjährige Geschäftsführerin Sonja Schilg in den Ruhestand. Das Staatsweingut Schloss Wackerbarth verband beide Ereignisse mit einer Jungweinprobe, zu der auch Gastwinzer aus Sachsen eingeladen waren. Zu denen gibt’s demnächst einen Extra-Beitrag.
Die Chefin sagt adieu
Sonja Schilg führte das Weingut als Geschäftsführerin seit 1. Februar 2003, nach dessen Umwandlung in eine GmbH. In den knapp 20 Jahren unter ihrer Leitung ging es mit Wackerbarth stetig bergauf. Die Produktion stieg von 340.000 Flaschen (2002) auf 600.000 Flaschen (2021), der Umsatz wurde verzehnfacht, die Besucherzahlen stiegen von einigen Hundert im Jahr 2002 bis 190.000 im Jahr 2021. Letztes Highlight war die Auszeichnung von Schloss Wackerbarth als eine der „Unique Wineries of the World“. Das nennt man erfolgreiches Schaffen. In ihrer so emotionalen wie humorvollen Abschiedsrede erinnerte Sonja Schilg an die Anfänge, dankte den Mitarbeitern („Erfolgreiche Weingüter der Welt verbindet eines: die maximale Personalbindung“) und gab Bonmots zum Besten. Angestoßen wurde mit dem 2019er Riesling Sekt brut, der beim diesjährigen Concours International de Lyon 2022 als einziger Sekt aus Deutschland mit Gold prämiert wurde. Dann ging es ans Verkosten.
Reiche Sekt-Tradition
Die Sekte sind die Herzkammer auf Wackerbarth. Die Sekt-Tradition reicht 180 Jahre zurück, als Kellermeister aus der Champagne die Kunst der Sektbereitung nach Radebeul brachten. Es gab reichlich Prämierungen für Sekte aus dem Hause Wackerbarth. Habe als Nicht-unbedingt-Sekt-Fan dennoch einiges probiert, und das war gut. Meine Favoriten: der überaus elegante 2016er Pinot Brut nature; die zart aromatische 2019er Scheurebe sowie der 2019er Traminer-Sekt trocken, ein Klassiker.
Paradelage Goldener Wagen
Nun die Weine. Eine feine Idee der Veranstalter (die Organisation verdient die Note 1!) war, die Weine nach Lagen getrennt zu präsentieren. Der Einstieg gleich ganz groß: Alte Reben vom Goldenen Wagen. Gibt’s nur in der Magnum. Es handelt sich um eine Cuvée aus sieben Rebsorten, quasi ein Gemischter Satz. Entsprechend viel ist im Glas zu entdecken. Gemischter Satz ist in Deutschland seit den 1960er-Jahren eigentlich nicht erlaubt. „Aber die Reben stammen aus den 1950er Jahren, Bestandsschutz“, erzählt Weinbauleiter Till Neumeister. Vom Goldenen Wagen kommen auch Rieslinge von der Terrasse und einer Parzelle namens Protze. Beide Parzellen trennen kaum 200 Meter. Obwohl die Weine gleich bearbeitet und ausgebaut sind schmecken sie doch unterschiedlich. Mir hat der „Protze“ etwas besser gefallen, wobei der Name Programm scheint: Der Riesling wirkte mit seinen Muskeln und ausdrucksstarker Finesse tatsächlich protzig. Traditionelles Highlight vom Goldenen Wagen ist der Traminer, man wähnt sich in einem Rosenbett.
Süßes aus dem Paradies
Die Südlage mit dem einmaligen Blick auf Dresden verdient den Namen Paradies zurecht. Die 2020er Riesling Spätlese Paradies wie auch die 2020er Riesling-Traminer-Cuvée mit dem Markennamen „Edition Paradies“ ist was für Fans restsüßer Weine. In keinem Fall war Botrytis im Spiel, beide Weine zeichnet Filigranität und überraschende Leichtigkeit aus.
Von der weniger bekannten und weniger poetisch klingenden Lage Seußlitzer Heinrichsburg macht ein fast fetter und geschmacksintensiver Müller-Thurgau auf sich aufmerksam. Die Lage ist ein Plateau über der Elbe bei Diesbar-Seußlitz mit Lehm-Löß Boden, der gibt den Reben Power. Neben dem Müller-Thurgau noch bemerkenswert: Der aromatische Goldriesling sowie die Cuvée Riesling-Traminer, die aktuell sehr populär ist. Der Wackerbarthberg gleich hinter dem Schloss bringt saubere Rieslinge. Mein Favorit war der 2020er Riesling trocken, mit ganz feinen Aromen und weniger als 1 Gramm Restzucker. Der Riesling Kabinett gehört in die Kategorie „easy drinking“, wirkte für mich aber etwas beliebig.
Vom Thonberg, der neuesten klassifizierten Lage, wurden stilvolle Rotweine präsentiert. Der Spätburgunder hat Power und einen angenehmen Vanille-Ton, fein. Aber Blaufränkisch scheint die Sorte der Stunde. Angepflanzt vor mehr als zehn Jahren schreibt er eine Erfolgsstory. Der aktuelle 2019er erfüllt alle Erwartungen.
In der Schatzkammer
Finale und Highlight schließlich fünf Weine der Kategorie „Sächsische Raritäten“. Dazu gehören die famosen edelsüßen Weine Riesling Auslese von 2009 und die Traminer Auslese von 2012, beide vom Radebeuler Steinrücken. Großes Kino, leider nicht mehr erhältlich. Schließlich drei bemerkenswerte Rote: Der Spätburgunder von 2013, ein reifer, fertiger Wein mit Ausdruck. Dann aber: 2008 Frühburgunder, ein toller Tropfen der so oft unterschätzten Sorte. Mindestens ebenbürtig der 2012er Blaufränkisch, der erste Blaufränkisch-Jahrgang auf Wackerbarth. Lag 18 Monate auf der Feinhefe, unfiltriert. Kaum Alterung, feine Würze, tolle Aromatik, ewige Präsenz im Gaumen. Die schlechte Nachricht: Auch diese Rotweine sind nicht mehr im Verkauf. Die gute Nachricht: Es sind weitere tolle Weine in Sicht, die das Zeug zu Raritäten haben.
@Fotos: Norbert Millauer (1), Schloss Wackerbarth (4), Weinbeobachter (2)
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