Besuch im Weingut Buddrus in Laucha/Saale-Unstrut. Konrad Buddrus (30) bewirtschaftet mit seiner Frau Evi 4 Hektar Rebfläche, produziert werden ausschließlich Naturweine. Neben der Verkostung muss ich mit Konrad Buddrus natürlich über Wein reden. 

Woher kommt das Interesse am Wein? 
Das ist eine relativ kurze Geschichte. Das Interesse war eigentlich gar nicht so groß. Ich habe von meinen Eltern kein Taschengeld bekommen. Und als Fast-Jugendlicher wollte ich einfach liquide sein. Da habe ich in den Ferien in einem Weingut gejobbt, damals bei Klaus Böhme in Kirchscheidungen. Ich durfte im Weinberg mitmachen, bei der Lese mithelfen, auch im Keller. So bin ich zum Wein gekommen. 

Wann war das? 
Da war ich so 12, 13 Jahre alt. Mit 13 habe ich auch meinen ersten Wein angesetzt, in einem Glasballon. Ich weiß aber nicht mehr, wie der geschmeckt hat.

Erinnern Sie sich noch an den ersten Wein, den Sie bewusst getrunken haben? 
Bewusst erinnern kann ich mich an einen Süßwein aus Rheinhessen, ich glaube das war eine Trockenbeerenauslese. Von welchem Weingut der Wein kam – keine  Ahnung.

Was war der Weg vor dem eigenen Weingut?  
In der Winzergenossenschaft in Freyburg habe ich eine Winzerlehre absolviert. Erfahrungen sammeln konnte ich danach in Franken, wo ich in Veitshöchheim meinen Weinbautechniker gemacht habe, dann an der Nahe, in Österreich und in Neuseeland. Am meisten geprägt hat mich sicherlich die Zeit bei Gernot Heinrich am Neusiedlersee. Das Weingut Heinrich bewirtschaftet über 100 Hektar biodynamisch. Ich wollte sehen, wie wie das funktioniert. Es funktioniert hervorragend.

Sie widmen sich ausschließlich Naturweinen. Wie erklären Sie einem Laien den Begriff Naturwein?
Der Begriff Naturwein ist nicht eindeutig definiert. Begrifflich ist es auch etwas schwierig, weil Wein und Natur eigentlich nicht zusammenpassen. 

Wie bitte?
Wein ist eine Kulturpflanze und Wein ist ein Kulturgut. Und Wein hat einen so hohen Arbeitsbedarf pro Hektar, dass eigentlich Wein und Natur nicht zusammenpassen. Man kann seine Weinberge aber möglichst naturnah bewirtschaften. Aber zurück zur Frage. Naturwein ist von Hand gelesen. Er wird ökologisch oder biodynamisch angebaut, egal ob zertifiziert oder nicht. Wir sind zertifizierter Demeter-Betrieb. Im Keller wird minimal invasiv verarbeitet, also ohne jeglichen Zusatz. Das heißt: keine Hefen, keine Klär- oder Schönungsmittel, keine Enzyme zur Traubenaufarbeitung, keine Filtration, und natürlich spontan vergoren. Und der dann ganz ohne, oder einem Mindestmaß an Schwefel abgefüllt wird. 

Das bedeutet aber auch Risiko, denn da kann auch was schiefgehen…
Auf jeden Fall. Mein ehemaliger Chef in Franken, der viel experimentiert hat mit Wein, hat mal zu mir gesagt: Am Abgrund ist es am schönsten. Als Sicherheitsmensch hat er dann noch ergänzt: Einen Meter weiter dahinter hat man auch noch einen schönen Ausblick.   Lebendigkeit und Ausdruckstärke findet man in diesen Naturweinen. Ich würde aber nie sagen, dass ich den besten Wein mache. Was wir machen ist einfach nur ein starker Ausdruck für das was wir machen. 

Nochmal zum Risiko: Ist bei Ihnen schon mal was schiefgegangen?
Ja. Ich musste schon mal eine Partie komplett verwerfen. Zum Glück bisher nur einmal passiert. Wir sind sehr darauf bedacht, dass wir super gesunde Trauben verwenden. Wir lesen stark selektiv. Deshalb müssen wir bei gewissen Säurewerten lesen, die ph-Werte dürfen nicht zu hoch sein. So minimieren wir schon das Risiko sehr stark. 

Konrad Buddrus in seinem Keller

Woher rührt Ihre Leidenschaft für Naturweine? 
Im Laufe der Ausbildung in Franken hatte ich Kontakt mit anderen Winzern, wir haben uns jeden Donnerstagabend getroffen. Jeder hat zwei Flaschen mitgebracht, querbeet, ohne Thema. Da wurde probiert und dann über die Weine diskutiert. Wenn man das mit sechs Leuten zwei Jahre lang macht, kommt einiges an Erfahrung zusammen. Einmal war ein Jaspis Grauburgunder von Hans Peter Ziereisen dabei. Dieses leichte Trübheit, die hefigen Noten, die karge Frucht, das briochige, hefige, das hat mich begeistert. Das war der erste Naturwein, der mich nachhaltig beeindruckt hat. Eine Art Schlüsselerlebnis.

Gibt es bei diesem Wein-Stil noch so was wie typisch Saale-Unstrut oder zählt die Region da nicht mehr? 
Der Charakter von Saale-Unstrut wird immer wieder versucht einzufangen. Aber ich glaube, keiner weiß so richtig, was das wirklich ist. Ist typisch Saale-Unstrut nun ein Weißburgunder oder eher Riesling oder Silvaner oder Cabernet Blanc? Ich tue mich damit sehr schwer. Worauf wir uns einigen können ist sicher, dass wir  in der Region reife Weine machen können, die nicht wahnsinnig hoch im Alkohol sind, genug Säure haben und eine gewisse Frische aufweisen. Das ist für mich Saale-Unstrut. 

Würden da Ihre Weine reinpassen?
Laut amtlicher Prüfung nicht (lacht). Laut meiner persönlichen Meinung aber schon, ich bin selbst amtlicher Prüfer. Für mich machen wir den typischsten Vertreter Saale-Unstruts überhaupt.  

Sie besetzen mit Ihren Weinen eine Nische. Wer sind Ihre Kunden?
Wir liefern viel in die gehobene Gastronomie, auch in Sterne-Restaurants. Das macht den Großteil des deutschen Marktes aus. Ansonsten ist vom 20-jährigem Studenten bis zum 80-jährigen Wein-Profi alles dabei. Der größte Teil, etwas 80 Prozent unserer Produktion,  geht ohnehin in den Export. 

Export wohin? 
Nach Dänemark, USA, Kanada, Japan, Holland und Großbritannien. 

Warum sind in anderen Ländern, vor allem in Nordeuropa und den USA, Naturweine so populär?
Das sind Länder, die mit dem Kulturgut Wein nicht so belastet sind. Gerade Skandinavien hat keinen nennenswerten eigenen Weinbau. Wenn ich in der Champagne oder im Burgund bin und stelle denen einen Portugieser hin, kommen die damit überhaupt nicht klar. In Dänemark wäre das kein Problem, die sind da viel offener. Entweder der Wein schmeckt Ihnen oder halt nicht. Die gehen da offener ran. 

Sind Naturweine die Lösung für die Zukunft des Weinbaus?
Auf keinen Fall. Es ist ja nur eine Frage der Machart. Der Grundzugang sind ökologisch produzierte Trauben. Ob ich die dann klassisch weiter verarbeite oder eben anders, ist der Traube egal. 

Trinken Sie trotz Ihrer Passion für Naturweine auch mal klassische gemachte, etwa einen Riesling? 
Selbstverständlich. Ich habe ja ganz klassisch gelernt und ich mag immer noch klassisch hergestellte Weine. Ich bin da beim Trinken ganz offen, verschließe mich keiner Sache. Klar hat man seine Vorlieben. Ich werde wohl nie ein Fan des Dornfelder halbtrocken werden. Ein klassisch handwerklich gut gemachter Wein ist für mich genauso gut wie ein sauberer ordentlich produzierter Naturwein. Die Herangehensweise ist halt unterschiedlich. 

Welchen Wein öffnen Sie, wenn Sie nach Hause kommen?
Wir trinken selten unsere eigenen Weine, weil wir die sowieso oft probieren. Wir brauchen uns da am Abend nicht auch noch mit unserem Wein selbst beweihräuchern. Meistens probieren wir Weine von Kollegen, ansonsten viel aus Frankreich, also Burgund, Champagne, auch viel Loire, Elsaß oder Jura.

Mit wem würden Sie gerne mal ein Glas Wein trinken?
Irgendwann mal mit meinen beiden Töchtern. Das dauert aber noch ein bisschen. 

Gibt es den perfekten Wein?
Das ist wie die Suche nach dem Heiligen Gral. Für mich ist Ausdruckstärke und Einzigartigkeit Perfektion genug. So ist vielleicht jeder gute Wein für sich irgendwie perfekt. 


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