Hatte zuletzt einige Weine von Eckhard Winter probiert. Der Hobby-Weinbauer betreibt mit seiner Frau Cornelia seit 1988 in Kaiserpfalz den Weinhof Winter (0,4 Hektar). Aufmerksam geworden bin ich auf Eckhard Winter weil der ein leidenschaftlicher Piwi-Fan ist. Sie sind seit 2018 bei ihm ausschließlich Piwi-Rebsorten (Souvignier Gris, Solaris, Muscaris, Regent und Cabernet Cortis) im Anbau. Grund genug also, mit Eckhard Winter über Piwis zu reden.
Woher kommt Ihre Liebe zum Wein?
Das ist eigentlich ganz banal. Nach meinem Landtechnik-Studium ging es darum, das Gehalt etwas aufzubessern. In der Landwirtschaft hat damals jeder was nebenbei gemacht, Schweine, Kaninchen, Eier, Blumen, Tabak und so weiter. Meine Eltern hatten Landwirtschaft, da hätte ich auch noch ein paar Bullen reinstellen können. Aber da muss man ja jeden Tag da sein. Ich wollte das nicht. Bei uns gab es die alten Weinhänge, also war Wein das Thema.
Wann war das?
1987, richtig angefangen haben wir 1988 mit Aufrebungen.
Learning by doing?
Klar, natürlich habe ich viel abgeschaut, habe geholfen, war die Jahre zuvor auch schon oft in Vitzenburg bei Horst Könitz.
Sie gelten als der Piwi-Kenner in Saale-Unstrut. Wie erklären Sie einem Laien, der noch nie davon gehört hat, den Begriff Piwi?
Das sind neue Sorten, robuste Sorten, umweltfreundlicher und nachhaltiger. In der Regel brauchen sie keinen Pflanzenschutz, oder nur sehr wenig. Damit ist schon fast alles gesagt.
Woher rührt Ihre Leidenschaft für Piwi-Sorten?
Die ersten Sorten habe ich vor über 30 Jahren gepflanzt, da gab es den Begriff Piwi noch gar nicht. Der ist entstanden unter Fachleuten, die die neuen Sorten pushen wollten. Ein besserer Namen für diese Rebsorten wird noch gesucht. Wer eine Idee hat kann sich gerne melden.

Wir schweifen ab. Warum also Piwis?
Eigentlich war der Grund schlicht Faulheit. Ich hatte auch mit Riesling, Silvaner, Müller-Thurgau angefangen, was damals üblich war. Sechs, acht, zehn Mal spritzen in Jahr, je nach Krankheitsdruck, war damals normal. Ich dachte mir, auf Dauer kann es das nicht sein. 1993 haben wir Phoenix-Reben bekommen. Die habe ich im Herzoglichen Weinberg gepflanzt. Die meisten stehen jetzt noch! Ab da habe ich mich dafür interessiert, dass es Sorten gibt, die man wenig spritzen muss, zwei- oder dreimal im Jahr, wenn überhaupt. Sorten, mit denen man diesbezüglich nicht viel Arbeit hat.
Phoenix ist nicht gerade populär.
Phoenix ist absolut keine Spitzensorte, aber für damals für die Pergola war es okay. Die ersten Züchtungen hatten noch gar nicht so viel Widerstand gegenüber dem Mehltau und haben auch im Geschmack noch nicht so überzeugt. Der erste trinkbare Rotwein war Regent, der hat gut eingeschlagen. Den habe ich dann auch angepflanzt. Ab da war es dann so, dass es immer Piwi-Sorten waren, wenn etwas zum Anpflanzen anstand. Vor zehn Jahren gab es dann einen richtigen Ruck, weil ich mit unserem Weißburgunder immer unzufriedener war.
Wieso das?
Wenn es in die Reife ging begann er meist gleich an zu faulen, da konnte ich machen was ich wollte. Ich stand immer vor der Frage: Hält er noch eine Woche durch oder muss er gleich runter? Das war extrem stressig. Ich habe einen Nachfolger gesucht eigentlich war klar, dass es nur ein Piwi sein wird. Ich bin dann gereist und habe viel probiert. Überzeugt hat mich sofort der Souvignier Gris. Der hat eine Ähnlichkeit mit Weißburgunder, in fetten Jahren auch mit Grauburgunder.
Hat sich das bewährt?
Oh ja, hätte ich schon viel eher machen müssen. Das ist so eine schöne Sorte. In manchen Jahren muss gar kein Pflanzenschutz durchgeführt werden.
Das Thema Spritzen von Fungiziden oder Herbiziden scheint Ihnen sehr wichtig. Warum?
Ich arbeite in der Umweltforschung und habe da vielleicht auch einen anderen Blick. Es ist mein Job, etwas zu probieren. Wie geht es besser? Wie machen es andere? Machen die es besser? Wäre das was für uns? Das färbt auch auf den Weinbau ab. Darum lasse ich auch die Reben nicht von unten nach oben, sondern von oben nach unten wachsen. Drahtrahmenspalier gibt es doch nur, damit man beim Pflanzenschutz durchfahren und maschinell ernten kann. Da das für uns nicht relevant ist wird auch kein Spalier benötigt. Es bedarf 80 Prozent weniger Arbeit, wirtschaftlich ist das super. Hinzu kommt: Die Mittel werden auch nicht billiger. Auch werden sie immer knapper, weil es sich für die Hersteller wegen der vielen Auflagen kaum noch lohnt. Alles, was nicht gespitzt wird, muss auch nicht hergestellt werden.
Wie kommen die Sorten mit dem Klimawandel klar?
Bis jetzt erstaunlich gut. Durch die ausgefallene Erziehungsart erfolgt der Austrieb eine Woche bis zehn Tage später, so ist die Lesereife auch eine Woche bis zehn Tage verzögert. Besser kann es momentan gar nicht gehen. Ob das zukünftig reichen wird weiß ich natürlich nicht. Aber bis jetzt schlagen sie sich gut.
Sind Piwis die Lösung für die Zukunft des Weinbaus?
Als ein Aspekt. Aber Piwis werden nicht alles ersetzen können. Aktuell beträgt der Anteil an der gesamten Rebfläche bundesweit 3 Prozent. Wir in Saale-Unstrut und Sachsen haben bald jeweils 10 Prozent.
Können Piwis die traditionellen Sorten komplett ersetzen?
Nein, die Rebschulen schaffen das gar nicht. Jemand hat das mal berechnet: die Umstellung aller Rebflächen in Deutschland würde deutlich über 100 Jahre dauern. Und da reden wir noch gar nicht über den Markt.
Piwi-Weine verkaufen sich schwer. Haben Sie den Eindruck, dass das Interesse wächst?
Im Direktverkauf muss man viel erklären. Man wird nicht darum herumkommen, sich mehr dafür zu interessieren.
Trinken Sie trotz Ihrer Passion für Piwi-Weine auch mal einen Riesling?
Klar, aber ich stehe eher auf die Burgunder-Sorten.
Und wenn Sie unterwegs sind?
Dann suche ich gezielt Weingüter auf, die neue Sorten im Angebot haben. Da interessiert mich schon, wie die Weine schmecken. Einen Chardonnay oder Sauvignon Blanc probiere ich da aber auch mal.
Welchen Wein öffnen Sie, wenn Sie nach Hause kommen?
Zur Hälfte eigene Weine, hin und wieder auch Weine von anderen Winzern. Querbeet, aber nicht täglich. Jetzt im Winter trinke ich gerne Rotwein, da mag ich am liebsten einen guten Caménère aus Chile. Ist freilich keine Piwi-Sorte. Wenn das möglich wäre, den würde ich noch anpflanzen. Caménère ist so eine tolle Sorte.
Mit wem würden Sie gerne mal ein Glas Wein trinken?
Ich bin Tatort-geschädigt. Mit Axel Milberg oder Harald Krassnitzer wäre es bestimmt ein schöner Abend.
Gibt es den perfekten Wein?
Den gibt es bestimmt. Aber es ist immer Luft nach oben. Ich habe schon 100-Punkte-Weine verkosten dürfen, die sind mir nicht in Erinnerung geblieben. Perfekt sind unsere Weine trotz der vielen goldenen Preise sicher noch nicht, aber oft nahe dran.
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