Michael Heinrich

Winzerbesuch in der Domaine de La Capitaine in Gland/Begnins am Genfer See. Ja, ja, die schöne Schweiz lässt uns nicht so schnell los. Nach den guten Erfahrungen des Weinbeobachters mit Weinen aus der Deutschschweiz, dem Tessin und dem ikonischen Weingut Louis Bovard hat es den Schweiz-Fan Michael Heinrich wieder einmal an den Genfer See geführt. Diesmal besuchte der Hobbywinzer dort die Domaine de La Capitaine mit seinem charismatischen Besitzer Reynald Parmelin. Hier sein Bericht. 

Lieblingsfarbe Blau 

Die blaue Flasche

Die Farbe Blau wird gewöhnlich selten mit Wein in Verbindung gebracht. Sie erinnert zu sehr an Wasser. Und was für ein Attribut für Wein wäre das, sacre bleu! (pardon). Ja, am Genfer See, genauer gesagt im Weinbaugebiet La Côte, spricht man französisch. Hier, wo die Hügel nach Westen auslaufen, hat Reynald Parmelin seine Domaine.
Parmelin ist nicht nur Bio-Pionier, sondern auch einer der kreativsten Winzer am Genfer See – sowohl im Weinberg, wie im Keller und auch beim Verkauf. Blau ist seine Lieblingsfarbe, seit er ganz am Anfang seiner Karriere die originelle Wahl traf, seine Weine in blauen Flaschen abzufüllen. Ein Geniestreich des Marketings, der seinen Produkten einen hohen Wiedererkennungswert verschafft.
Die reinen Fakten zeigen den Erfolg der Domaine de La Capitaine: Im Jahr 1990 übernahm Parmelin 3 Hektar des Familienweinbergs. Mittlerweile bewirtschaftet er 25 Hektar, produziert 180.000 Flaschen pro Jahr aus 21 Rebsorten. Seit 29 Jahren ist alles Bio und seit 14 Jahren führt er das Demeter-Label. 

Der Bio-Pionier

Reynald Parmelin war der erste Winzer mit einer Bio-Klassifizierung im Kanton Waadt. Er zählt auch zu den besten. Mit seinem persönlichem Liebling Johanniter, sowie mit dem Pinot Noir Vieilles (Alte Reben) hat er beim Grand Prix du Vin Suisse Vignes mehrfach den Titel „Bester Schweizer Bio-Wein“ gewonnen. Ein Triumpf gegen die üblichen Widerstände. „Andere Winzer hielten mich für dumm und hatten Angst um ihre Parzellen, weil ich nicht mehr gespritzt habe“, erinnert er sich.

Reynald Parmelin vor seinen Reben. Fotos: Michael Heinrich

Chasselas in Amphoren

Amphoren im Keller

Neugier und Offenheit hat sich Parmelin stets erhalten. Im Keller experimentiert er mit Amphoren. Diese Tongefäße lassen mehr Oxydation zu. „Dem Chasselas bekommt das unter den weißen Rebsorten am besten“, sagt er, aber es gäbe auch rote, die ganz interessante Ergebnisse brächten – „es ist ein Spiel und ständiges Probieren. Wein ist zum Freude haben, nicht zum Trinken.“
In seiner Anbaumethode bevorzugt Parmelin die Verwendung von Naturprodukten, wie Ton und Pflanzenextrakten. Dem Schachtelhalm kommt in der Lehre nach Rudolf Steiner dabei besondere Bedeutung zu. Die Arbeiten richten sich nach dem Mond, stehen mit ihm in Einklang. Lese ist im besten Fall bei Vollmond. Die Gärung erfolgt spontan ohne Zusatz von Hefen. Schwefel nur so viel wie nötig. „In fünf, sechs Jahren machen wir Wein ganz ohne Schwefel“, prognostiziert Parmelin.

Feine Weine

Zum Finale noch vier Weine, die nicht besonders beeindruckt haben.
Sauvignon gris 2021.
Tolle erste Nase: Melone und Pfirsich. Der Geschmack folgt dem, was über die Nase schon angedeutet worden ist.  Für mich aber etwas zu intensiv. Als Begleiter zu würzigem Essen vielleicht in Betracht zu ziehen. Weinmacher Parmelin dazu: „Die junge Leute sind Cola-geprägt. Sie brauchen Intensität und Frucht.“ So gesehen ein Volltreffer.
Johanniter 2022. Auch dieser kommt sehr fruchtig und aromatisch daher, ist dabei aber rund. Wieder Melone, Birne. Die Piwi-Sorte rangiert bei Parmelin weit oben auf seiner Beliebtheitsskala: „Ich mache gern fruchtige Weine“, sagt er. 
Pinot Noir 2022. Der Wein ist spannend für einen Spätburgunder-Liebhaber wie mich: Aus 40 Jahre alten Reben gekeltert, der spontanen Gärung überlassen und schließlich in ein altes Barrique gelegt. Dieser Wein ist feingliedrig und intensiv: Pfeffer, Leder, Tabak – alles dabei. Nachschenken bitte!
Gamaret 2022. Ein ungeschwefelter Zeitgenosse, aber stabil. Seine Farbe ist fast schwarz. Kirche und Lakritz spielen im Mund Ping Pong. Der Wein ist stark adstringierend, gut vorstellbar zu kräftigen Speisen. Solo eher nichts.


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