Unterwegs in der Pfalz, wenn auch nur kurz: Zwei Tage nur.  Nachdem es dieses Jahr bei mir mit Wein am Dom nicht geklappt hat, sind Abstecher zum Wein Pflicht. Es hat sich wieder einmal gelohnt. 

Sicherer Tipp: Weingut Gaul

Karoline Gaul

Start im Norden und gleich mit dem Besten: Weingut Gaul in Sausenheim. Das 21-Hektar-Gut wird von den Schwestern Karoline und Dorothee Gaul und deren Mutter Rosi bewirtschaftet, ein Dreimädel-Haus sozusagen. Vater Karl-Heinz (nachdem das Weingut benannt ist) ist vor fast 20 Jahren gestorben. Kenne Karoline Gaul schon länger, die Weine haben mich noch nie enttäuscht. Auch diesmal nicht. Wir starten mit dem Weißburgunder Gutswein, ein schöner Basiswein, keine 2 Gramm Restzucker. Bei den Weißburgundern von der Parade-Lage Honigsack ist der Vergleich der Jahrgänge 2021 und 2022 interessant. Ersterer mit markanter Säure und einem angenehmen Bitterton, der 2022er vegetativer, schmusiger. Weitere Steigerung ist der Weißburgunder i.G. (heißt im Goldberg), einer Parzelle im Honigsack. Null Gramm  Restzucker, satte 8 Gramm Säure, Meerluft, Safran, es gibt viel ungewöhnliches zu entdecken. Ein toller Wein.  Auch die Cuvée Chardonnay-Weißburgunder ist spannend. Weil erstens nicht alltäglich und zweitens gut gemacht: charmante Frucht, stabile Säure, keine Sorte dominiert. Quasi ein perfektes Ehepaar. 

Feine Rieslinge

Und dann natürlich die Rieslinge, feine Weine. Der Gutswein ist eine gelungene Visitenkarte des Betriebs, ein guter Freund. Der Riesling Sausenheimer Honigsack 2022 steht als Lagenwein eine Stufe höher, schön cremig. Ein feines Beispiel für den Pfalz-Stil bei Rieslingen. Gilt erst recht für die Rieslinge der Lage Sausenheimer Hütt, die einen ganz eigenen Charakter haben. Vor allem die mit dem Label i.d.R. (heißt in der Reiss). Reiss ist ein 18 Ar großes Stück (in der Hütt), das beste Stück. Reifen lassen, lautet hier die Devise. Konnte den 2019er probieren, der war in seiner Würde und  Reife schlicht und einfach großartig. Beim 22er ist notiert: braucht noch.
Der St. Laurent ist eine Spezialität der Gaul-Schwestern und hat schon etliche Preise abgeräumt. Für mich ist der St. Laurent eine sichere Bank, mit berühmten Brüdern im Laurent-Kernland Österreich kann er mehr als mithalten. Den St. Laurent gibt es auch als Lagenwein vom Honigsack, nochmal eine andere Sphäre. Der kostet, scheint mir aber jeden Cent wert. 

Berühmte Lagen: Forst

Spitzen-Lagen in Forst

Unterwegs in der Pfalz geht es von Sausenheim südlich weiter über Bad Dürkheim nach Forst, einem der berühmtesten Pfälzer Wein-Orte. Boxenstopp bei den Forster Winzern, eine über 100 Mitglieder starke Genossenschaft. Forst ist Riesling-Dorado, und die Lagen sind Musik in den Ohren jedes Pfalz-Liebhabers: Kirchenstück, Ungeheuer, Gerümpel, Pechstein. Die Genossen haben alles im Portfolio. Es macht Spaß, sich da durchzuprobieren und zu vergleichen. Meine Favoriten sind die Rieslinge Forster Mariengarten 2021 und Forster Pechstein 2021. Wäre interessant, diese Rieslinge aus den gleichen Lagen mit denen von Star-Winzern wie Reichsrat von Buhl, von Winning oder Bürklin-Wolf zu vergleichen. Beim nächsten Mal.

Stopp in Deidesheim

Rebflächen von Bassermann-Jordan

Weiter unterwegs nach Deidesheim, wo es auch eine passable Genossenschaft gibt. Der Winzerverein Deidesheim imponiert mit einem erstaunlichen Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Bio-Riesling ist solide, der Jubiläums-Riesling überaus gelungen. Habe dann quasi als Querschläger den feinherben Auxerrois entdeckt. Verblüfft jeden, der sonst nicht so auf halbtrocken steht. Durchaus überraschend auch der Cabernet Sauvignon von 2020. Aber Deidesheim hat ja noch mehr zu bieten, dort gibt’s  ein halbes dutzend berühmter Güter. Doch die Zeit, die Zeit… Deshalb nur kurzer Besuch bei Bassermann-Jordan, wo mich der Blanc de Noir als Rosé-Alternative überzeugt hat. Die Rieslinge auf gewohnt gutem Niveau. Und als Überraschungsei der Gewürztraminer mit einer präsenten Süße, die aber passt und der feinen Aromatik Halt gibt. Erfahre quasi nebenbei, dass sich die Eigentümerfamilie des Weinguts von ihrem technischen Geschäftsführer Dominik Leyrer getrennt hat. Leyrer verantwortete ein Jahr lang allein den Ausbau der Weine. Zuvor war er 13 Jahre lang an der Seite des langjährigen Kellermeisters Ulrich Mell tätig, der 2023 in Ruhestand gegangen ist.  

Entdeckung: Schwarztrauber 

Gerhard Schwarztrauber

Weiter unterwegs in der Pfalz gen Süden und zum Abschluss noch eine Entdeckung: Weingut Schwarztrauber in Neustadt an der Weinstraße, kannte ich noch nicht. Fast peinlich, denn Gerhard Schwarztrauber gehört zu den Pionieren des Bio-Weinbaus in Deutschland, macht das seit den 80er Jahren. Mittlerweile bewirtschaftet er 20 Hektar Reben. Durchgängig hohes Niveau zu fairen Preisen. Es muss nicht immer Riesling sein, auch weil der 2023er von verschiedenen Mußbacher Lagen nach gar nicht abgefüllt war. Die Tankprobe verspricht freilich einiges. Der Chardonnay Edition Papillon (ein Schmetterling zierte früher die Etiketten) mit der gelungenen Kombination von Power und Eleganz findet viele Freunde. Gilt erst recht für den filigranen  Weissburgunder mit feinen Fruchtaromen. Spannend der Vergleich des aromatischen und trinkigen Blanc de Noir mit dem eher puristischen Rosé. Der ist vom Cabernet gemacht, hat nur 3 Gramm  Restzucker und  alles andere als das übliche Rosé-Erdbeeraroma. Dafür einen Hauch Paprika. Der Gipfel für mich ist der extrem spannende Naturwein „Sauvage – wild & free“, vergoren mit den Trauben, ungefiltert und so was von golden. Für Liebhaber von Naturweinen ein Volltreffer.
Einen weiteren Treffer gibt’s noch zum Finale in Neustadt an der Weinstraße, wo uns in der hübschen Weinbar „Winum“ ein Weißburgunder von Yvonne Libelli empfohlen wird. Tolle Aromatik, weich, charismatisch – und satte 15% Alkohol.  


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