Besuch in Naumburg (Saale-Unstrut) bei André Gussek. Ein sicherer Tipp: Der Winzer, einst Kellermeister des Landesweinguts und seit 2001 mit eigenem Betrieb, bewirtschaftet 9 Hektar, gehört zu den Spitzenerzeugern des Gebiets und ist längst VdP-reif. Die Reben wachsen direkt hinter dem erst vor wenigen Jahren renoviertem Gutsgebäude mitten in Naumburg. Prunkstück, was die Lagen betrifft, ist jedoch der Kaatschener Dachsberg, einzige Steillage in Thüringen. Gussek steht für Terroir-geprägte Weißweine, viel Ehrgeiz gilt dem Riesling. Ebenso für ehrlichen Müller-Thurgau, den er „unseren Brot- und Butterwein“ nennt. Gussek gilt als der Spezialist für Barrique-Weine (kein Wunder, stehen auf den Fässern doch „Schutzheilige“), da experimentiert er auch viel. Unbestritten gehören seine Rotweine zu den besten des Gebiets, ja ganz Ostdeutschlands und wer weiß wo noch. Noch erwähnenswert: André Gussek gehört neben anderen Winzern der Region zu den Mitbegründern des Projekts „Breitengrad 51“.

Foto: Dieter Kneist

Foto: Dieter Kneist

 Zu den probierten Weinen. Mit dem  „Brot und Butter“-Müller-Thurgau geht’s los, der QbA ist direkt hinter dem Haus gewachsen. Mit 8,5 Gramm Restzucker segelt er scharf am halbtrockenen Bereich, oder feinherb, wie es mittlerweile heißt. Gefällige Kost, viel spannender ist der 2013er Riesling vom Steinmeister (Fassprobe), der die Geister scheidet. Was bei mehr als 9 Gramm Restsäure kein Wunder ist. Also ein extrem knackiger Riesling, spontan vergoren,  Lemon und Grapefruit stechen hervor. Großartig! Ein derart säurebetonter Riesling ist freilich nicht jedermanns Sache, Gussek will ihn abfedern. Habe abgeraten, aber irgendwie entscheidet halt der Markt.
Blanc de Noir vom Spätburgunder 2013, die Trauben wurden nicht entrappt, kamen als ganze Trauben in die Presse. Unheimlich duftiger Wein, ein echter Frauenversteher. Dann Grauburgunder vom Kaatschener Dachsberg 2011, 14 Tage auf der Maische vergoren und 18 Monate im Barrique gelegen. „Unser Grand Cru“ sagt Gussek und da hat er recht. Mit 14,5% ein strammer Bursche, spielt eine feine Rolle zum Essen, wie auch am Kamin.

Weitere Weiße. Riesling Alte Reben, Naumburger Steinmeister 2010, feinherb. Alte Reben stimmt, die sind 64 Jahre alt. Ein mächtiger Wein, auch spontan vergoren, komplexe Aromen, Kräuter und Eukalyptus werden definiert.  Den Wein gibt es bei Gussek künftig nicht mehr: Unlängst lief die Pacht für die Parzelle aus, die wird jetzt von Matthias Hey bewirtschaftet.  Das Cuvée Weißburgunder/Grauburgunder vom Dachsberg 2012 heißt Pinot-Grauweiß, schöne Frische, präsente Säure, der Weißburgunder dominiert leicht. Ein Mitverkoster hat eine Assoziation: Gut riechende Dame, Mitte 30.

Foto: Dieter Kneist

Foto: Dieter Kneist

Jetzt die Roten. Der Zweigelt ist bei Gussek immer eine sichere Bank, also auch der 2011er, der im großen Holzfass erwachsen geworden ist. „Froh, glücklich und stolz“ ist André Gussek mit und über seine Zweigelts. Die Story, wie der in der DDR groß gewordene Winzer 1989 zu Zweigelt-Reben aus Österreich kam, ist großartig, sprengt den Rahmen hier. Wird vielleicht später mal aufgeschrieben. Der 18 Monate im Barrique gereifte Zweigelt 2011 hat das Label „Breitengrad 51“, ist schon erstaunlich weich und rund, die Tannine sind schön eingebunden, aber noch präsent. Feiner Wein mit noch einem langen Leben. Jetzt noch eine Rarität:  Die ein Jahr im Barrique erwachsen gewordene Spätburgunder 2011 Auslese trocken, absolut  was für Liebhaber, ein Hauch von Rosmarin, viel Charisma.

Edelsüßes Finale: Beerenauslese Müller-Thurgau 2007, 100 Gramm Restsüße, ein Gedicht und eine Traumhochzeit mit einem nicht so süßem, fruchtigen Tiramisu. Süßweine sind ein schwieriges Feld, räumt Andre Gussek ein, für den Winzer ein hohes Risiko, Billigheimer aus den Discountern machen den Markt kaputt. Den letzten Eiswein hat Gussek 2004 gelesen, 2013/2014 wurde es wieder nichts.

Blick in die Zukunft: Andre Gussek will sich verstärkt roten Cuvées widmen. Das Terroir soll eine größere Rolle spielen, Wein aus der Parzelle (2000 Reben) „Eulengeschrei“ wird separat ausgebaut und vermarktet. Spontanvergärung bleibt ein großes Thema. Noch ein schöner Satz des Winzers: „Prädikatswein hat mit Restsüße zu tun. Die Spitze der trockenen Weine werden von der Herkunft geadelt.“
Winzerbesuch – gerne wieder.


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