Wie sind die Winzer in der Region durch die Corona-Krise gekommen? Klar, die Pandemie hat auch den Weinbaubetrieben in Sachsen und an Saale-Unstrut zugesetzt, manchen mehr, manchen weniger.  Ein Stimmungsbild unter Winzern in Ostdeutschland. Ein Beitrag, der zuerst in der Wirtschaftsbeilage der Leipziger Volkszeitung erschienen ist.

Homeoffice kein Thema

Eines scheint erst mal klar: Einen direkten Einfluss auf die Arbeiten in den Betrieben hatte die Pandemie nicht, Kurzarbeit oder Homeoffice waren keine Themen. „Wir können ja nicht einfach die Bewirtschaftung der Weinberge einstellen. Da sind die Arbeiten mehr oder weniger normal weitergegangen“, sagt Klaus Böhme, Winzer in Kirchscheidungen an der Unstrut.  „Was sich verändert hat war natürlich die Vermarktung. Unsere Kunden in der Gastronomie mussten von heute auf morgen ihre Betriebe schließen, da hatten wir plötzlich keine Abnahme mehr. Das haben wir schon gemerkt.“

„Frost und Hagel waren schlimmer“

Auch André Gussek, der in Naumburg ein 9-Hektar-Weingut führt, hat das gemerkt. Winzer Gussek sieht sich „zwischen den Fronten“. Denn: „Die Einbußen in der Gastronomie haben uns schon getroffen, das ist ein wichtiger Vertriebsweg. Gleichzeit ist die Direktvermarktung aber angestiegen, das bedeutet bessere Margen. Und der Online-Handel hat deutlich zugenommen. Kurz gesagt, wir haben weniger Wein verkauft, aber das zu einem höheren Preis.“ Das Plus aus Direktvermarktung hätten die Einbußen aus dem Verlust des Gastronomie-Geschäfts in etwa ausgeglichen. Dann sagt André Gussek noch einen Satz, der von vielen Winzern zu hören ist: „Frost und Hagel waren schlimmer als Corona.“

„Alles ist einfach weggebrochen“

Das bestätigt auch Georg Prinz zur Lippe (Foto). Dennoch ist der Boss von Sachsens Aushängeschild Schloss Proschwitz in einer schwierigeren Lage als Gussek. Nicht nur, weil es mit Lippes 70 Hektar im Elbtal um andere Mengen an Wein geht. „40 Prozent unserer Weine gehen in die Gastronomie, weltweit, auf Kreuzfahrtschiffe und auf Flughäfen. Das alles ist einfach weggebrochen“, sagt Georg Prinz zur Lippe. Auch bei ihm hat der Umsatz im Direktverkauf zugelegt. „Aber von den 40 Prozent Verlust bleiben halt immer noch 25 Prozent, und das ist ein Millionenbetrag.“

Weihnachtsmärkte vermisst

Die Corona-Geschichte hat viele Facetten, es geht nicht nur um Gastronomie und Direktvermarktung. Das Sächsische Staatsweingut Schloss Wackerbarth ist ein Hotspot für Veranstaltungen. 500, Hochzeiten, Tagungen, Firmen- und Familienfeiern, mussten wegen der Pandemie abgesagt werden. „Wir waren immer auf 23 Weihnachtsmärkten“, sagt Sonja Schilg. 2020 fand kein einziger statt. Die Geschäftsführerin der GmbH erzählt aber auch von der anderen Seite der Medaille. „Im Sommer ist der deutsche Binnentourismus stark angestiegen. So hatten wir vor dem zweiten Lockdown sogar ein Besucher- und Ertragswachstum!“  Bilanz des Corona-Jahres 2020: Minimaler Verlust, aber 190.000 Besucher, wie jedes Jahr.

Schloß Wackerbarth: In normalen Zeiten viel Betrieb, während der Pandemie oft Leere.

Überall dasselbe Lied: Abgesagte Veranstaltungen, keine Weinfeste, keine Weihnachtsmärkte, Verkostungen nur noch online.

 

„Plötzlich kam niemand mehr“

Oft sind auf dem ersten Blick Folgen von Corona-Verordnungen gar nicht absehbar. Andreas Clauß vom Thüringer Weingut Bad Sulza, wo knapp 50  Hektar Rebflächen bewirtschaftet werden, erzählt: „Wir hatten immer viel Laufkundschaft aus der nahen Toskana-Therme in Bad Sulza. Die musste während der Pandemie schließen. Plötzlich kam niemand mehr zu uns. Dann hatten wir einen neuen Trend: Es sind zwar weniger Kunden gekommen, aber die gekommen sind, haben viel mehr Wein eingekauft.“ Auch Andreas Clauß sagt: „Der Spätfrost hat mehr weh getan als die Pandemie.“

Online-Geschäft hilft

Wolfram Proppe ist in seiner Bewertung der Corona-Krise zwiegespalten. „Die Ausfälle in der Gastronomie haben auch wir gespürt, aber viele unserer Kunden haben uns online die Treue gehalten“, sagt der Winzer aus dem Löberschütz in Thüringen. Die Ausfälle im Veranstaltungsbereich haben ihn nicht getroffen – an Veranstaltungen wie Hoffeste oder Weihnachtsmärkte ist der junge Winzer gar nicht beteiligt. Kein Wunder das Proppe sagt: „Andere Betriebe hat es mit Corona schlimmer getroffen. Für mich waren die Spätfröste während der Eisheiligen 2020 ein viel größeres Problem.“
Klingt unterm Strich so, als sei den Winzern, was Corona betrifft, das Schlimmste erspart geblieben. Klaus Böhme: „So sieht es aus.“

@Fotos: Nora Börding


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