Wolfram Proppe gehört zu den unterschätzten Winzern an Saale-Unstrut. Der (mittlerweile Ex-) Breitengrad-Winzer war mit einigen feinen Tropfen immer mal wieder aufgefallen, für mich flog er unter dem Radar. Mag auch daran liegen, dass sein Weingut bislang zwei eher versteckte Standorte hatte, niemals an den klassischen Routen um Naumburg und Freyburg. Nun scheint Wolfram Proppe im thüringischen Löberschütz eine endgültige Bleiben gefunden zu haben. Höchste Zeit für einen Besuch.

„Weit ab vom Schuss“

Wolfram Proppe, 1982 geboren, empfängt auf einem historischen Gutshof, dessen Sanierung schon weit fortgeschritten ist. Auf dem dortigen Hof produziert er die Weine erst seit wenigen Jahren. Vorher hatte er im elterlich Gut in Laabsdorf, östlich von Jena seine Weine gezaubert. Doch dort wurde es schnell zu eng. Dann das Angebot aus Löberschütz, doch auf dem Gelände gab es noch andere Mieter. 2019 hat er das Anwesen gekauft und nun das gesamt Areal zur Verfügung. Er lebt dort mit seiner Frau Wencke und den beiden Kindern, der Keller befindet sich auf dem Hof und auch einer kleiner Shop, der jedoch noch nicht durchgängig geöffnet ist. Dass Löberschütz „ziemlich weit ab von Schuss liegt“, wie er selbst sagt, störe ihn nicht. „Ich bin sogar froh darüber. Da brauche ich keine Sorge haben, dass man was verpasst.“

Wolfram Proppe auf dem Gut in Löberschütz

 

Alte und Neue Meister

Mit dem Umzug nach Löberschütz kehrt Wolfram Proppe quasi zu seinen Wurzeln zurück. 1982 ist er im nur zehn Kilometer entfernten Jena geboren, lernte Winzer, danach folgte ein Technikerstudium für Weinbau, Oenologie und Brennereitechnologie  in Weinsberg. Er arbeitete eine Zeit in Württemberg, kehrte dann zurück. 2007 gründete er sein Weingut, zunächst im Nebenerwerb und führt dieses seit 2014 hauptamtlich. Aktuell bewirtschaftet er rund 6 Hektar Rebfläche. Kernstück ist die Einzellage Golmsdorfer Gleisburg am Ausgang des Gleistals zum Saaletal hin. Neun Rebsorten sind im Anbau, darunter die Klassiker Weißburgunder, Müller-Thurgau, Bacchus, Riesling und Chardonnay, vor allem aber Auxerrois, von dem noch die Rede sein wird. Originell ist die Vermarktung der Piwi-Sorten Cabernet Blanc und Cabernet Jura als „Neue Meister“. Ganz traditionell dagegen ist Proppe bei einem anderen Thema: Alle Weine sind mit Kork verschlossen – bis auf die Neuen Meister. Die haben Schraubverschlüsse. Der Cabernet Blanc 2019 ist einer der Neuen Meister. Ich tue mich mit den Piwi-Sorten immer noch ein bisschen schwer, aber gegen diesen würzig-duftigen Cabernet (Paprika!) gibt es wenig zu sagen. In einer Blindprobe würde er als gelungener Sauvignon Blanc durchgehen.

Auxerrois von Format 

Wolfram Proppe hat sich den Ruf als Auxerrois-Spezialist erworben. Kein Wunder, macht die Sorte doch 50 Prozent seiner Anbaufläche aus. Der erst kürzlich in die Flasche gefüllte 2020er Auxerrois ist tatsächlich von großem Format. Er tritt deutlich in Erscheinung, ein Musketier mit Aromen von Zitrus, Pfirsich und Grapefruit. „Es gab zwei Lesetermine, einmal hatten wir 89 Oechsle, einmal 95. Der Wein lag lange auf der Hefe, dann kurz im Holz“ erklärt Proppe.
Auch der Kerner 2020 Gutswein zeigt ausgeprägte Aromatik, die mehr als 7 Gramm Säure sind spürbar. In eine andere Richtung bewegt sich eine andere Aromasorte, der 2020er Bacchus: extrem duftig und fruchtig bewegt er sich mit 11 Gramm Restzucker im halbtrockenen Millieu. Vielleicht nicht jedermanns Sache, „aber im Verkauf sehr gut gefragt“. 

Weine von Wolfram Proppe im Test

Spannende Klassiker

Interessant die Fassprobe des 2020er Rieslings, der erst in einigen Wochen abgefüllt wird. Es ist eine sehr seltene Cuvée aus Weißem und Rotem Riesling. Der Wein hat schon jetzt eine tolle Mineralik, verspricht viel. Ein Highlight ist der 2019er im Eichenholzfass gereifte Weißburgunder. „Der Wein ist normal vergoren, dann, von der Hefe getrennt, lag er von Mai 2020 bis Februar 2021 in älteren Fässern“ erzählt Proppe. Das Holz ist noch leicht spürbar, aber klasse eingebunden. Klar, der Weißburgunder muss sich noch eine Weile ausruhen – dann wird er ein Großer.
Der Chardonnay wird bei Proppe in verschiedenen Qualitätsstufen angeboten. Schon der normale gehört zur Gebietsspitze. Sein Breitengrad-Wein toppt aber fast alles. Mörder-Körper, im Barrique gereift, voll, fett, grün-gelbe Äpfel, Quitten, Birnen, da müssen sich einige warm anziehen.

Rosé vom Cabernet Jura

Bei den roten Sorten hat er aus seiner Startzeit, als er noch Kellermeister bei Andreas Clauß im Thüringer Weingut Bad Sulza war, und bestrebt, Sorten zu pflanzen, die sein damaliger Chef nicht hatte, auf den Cabernet Jura gesetzt. Neben einem sehr südländischen, fetten Rotwein macht er ein interessanten Rosé. Ganz viel Würze hebt ihn aus der Masse der leichten Kollegen heraus. Inzwischen ist Proppe bei den Breitengradlern wieder ausgetreten, in Freundschaft, aber die Differenzen war wohl doch zu groß.


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