Ob es sowas im Paradies auch zu trinken gibt? Das kommt mir beim Test eines so ungewöhnlichen wie großartigen Madeira Malmsey von Mario Jardim Fernandes in den Sinn. Probiert beim und mit dem Winzer auf der Insel Madeira. Probiert in Fajã dos Padres, einem kleinen Paradies.

Garagen-Wein?

Habe Madeira-Wein schon einmal würdigen können, doch der hier bewegt sich auf einem anderen Level. Sehr individuell halt. Erinnert an einen Garagen-Wein. Der Ausdruck Garagen-Wein wurde in den 90er Jahren geprägt, als in Bordeaux einige Winzer Weine der Extraklasse in   minimalen Mengen produzierte. Oft ungewöhnliche Weine und nicht immer treu den Regularien. In der Regel auch nicht billig. Gilt alles für den Malmsey (englisch für Malvasia) von Mario Jardim Fernandes. Auch die Geschichte, die er zu seinem Wein erzählt, hat was.

Ur-Malvasia entdeckt

Ja, die Geschichte. Die Großeltern von Marios Frau Isabel hatten die Fajã 1921 einer Adelsfamilie abgekauft. Als die Enkelin vor über 40 Jahren den Elektroingenieur und Hobby-Bauern Mario Jardim Fernandes heiratete, pflanzte der auf dem Areal alle möglichen Obstbäume und Gemüsesorten. Vor allem aber galt sein Interesse dem Weinbau – Mario Jardim Fernandes war Sohn eines Winzers. Als er auf dem Gelände noch einige uralte Rebstöcke fand, von denen er vermutete, die stammen aus der Zeit vor der Reblausplage, war sein Glück perfekt. DNA-Untersuchungen bestätigten: Bei den verwilderten Reben handelt es sich um den Original-Malvasia aus dem 16. Jahrhundert. Eine Sensation. Der Hobby-Winzer vermehrte diese Urreben. Heute wächst der Wein auf insgesamt einem Hektar inmitten von Obst, Gemüse und Kräutern.

Nun aber kosten

Dass Fernandes’ Garage ein Keller ist (oder eher ein Schuppen?) macht mal gar nichts. In jenem Keller stehen elf Fässer, mit Kreide ist der Jahrgang beschriftet. Mario Jardim Fernandes schöpft aus einem Fass, Jahrgang 2005, eine bernsteinfarbene Probe ins Glas. Dazu wird Barock-Oper von Händel gespielt, Fernandes ist großer Fan. Passt. Denn ein guter Madeira wirkt barock, ist ein extrem aromareicher Süßwein – und dieser fast 15 Jahre alte hat wahnsinnig viel zu bieten. Barock hoch drei. Toffee, Karamell, Rosinen, Nüsse, Kräuter und Bitterschokolade entdecken wir. Im Gegensatz zu manch anderen auf der Insel probierten Madeira kommt die Süße elegant daher, eher zurückhaltend. Ein Volltreffer.  Das Rezept? „Ich spreche mit dem Wein. Und der Sound der Oper sorgen für Vibrationen, die helfen“, sagt der Winzer. Dass der Wein sehr individuell ist und vielleicht auch nicht in allen Parametern den weingesetzlichen Regularien entspricht, versteht sich von selbst. „Ich mache es für mich. Was übrig bleibt, wird verkauft.“ Mit 65 Euro ist man dabei. Es gibt Weine, die kosten das doppelte und begeistern weniger.  

Fajã dos Padres

Die Fajã dos Padres sind eine 13 Hektar große fruchtbaren Plantage an der Südküste Madeiras, die auf der einen Seite vom Meer und auf der anderen von einer 350 Meter hohen Felswand begrenzt wird. „Fajã“ heißen auf der Insel die schmalen Landstreifen am Meer, die sich unter den Felsklippen über Jahrhunderte hinweg durch herabfallendes Erdmaterial gebildet haben. „Padres“ ist das portugiesische Wort für Priester. Denn es waren Mönche, die den etwa 100 Meter breiten und weniger als einen Kilometer langen Küstenstreifen im 15. Jahrhundert besiedelten und landwirtschaftlich nutzten. Sie waren auch die Ersten auf der Insel, die Malvasia-Reben anbauten. Dieser historische erste Weingarten Madeiras verschwand mit den Mönchen, die 1766 vertrieben wurden. Neue, wechselnde Besitzer pflanzten Zuckerrohr und Bananen. Erst als vor rund 40 Jahren Mario Jardim Fernandes das Kommando übernahm, ändert sich alles.

Sogar ein Song

Bis 1996 konnte man das Areal nur mit einem Boot von Funchal aus erreichen. Dann ließ Fernandes einen abenteuerlich anmutenden Aufzug an die Felswand bauen. Seit 2016 sind die Fajã mit einer modernen Seilbahn zu erreichen. Das tun immer mehr Touristen. Und wer Glück hat, trifft Mario Jardim Fernandes, zeigt Interesse am Wein, fragt nach einer Probe. Mit viel Glück sagt der Meister ja und führt in seine Garage, pardon, seinen Keller. Ein Erlebnis.
Der Songwriter Olaf Dudek hat der Idylle Fajã dos Padres mit einem hübschen Song ein musikalisches Denkmal gesetzt. Bei einem Glas Madeira natürlich. 


1 Kommentar

Ralf Seidel · 15/05/2019 um 14:38

Eine super Geschichte mit tollen Bildern die einen packt und echt begeistert. Wieder wunderbar erzählt vom Weinbeobachter.

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