Karoline Köster

Wieder mal ein Gastbeitrag  – diesmal von Karoline Köster.

Lotte Lenya wird verkostet. Da horche ich natürlich auf. Als Kulturliebhaberin und Kennerin der Dreigroschenoper ist mir Lotte Lenya (mit vollem Namen Karoline Wilhelmine Charlotte Blamauer übrigens meine Namensvetterin) natürlich mehr als nur ein Begriff. So erklärte ich mich also bereit, den Weinbeobachter wieder einmal bei einer Verkostung in Berlin zu vertreten. Ob ich wirklich eine würdige Vertretung bin, mag ich hier gar nicht überlegen, aber gelohnt hat es sich für mich wieder einmal. 

Warum Lotte Lenya?

René Arnold

Das Württemberger Weinhaus in Berlin hat eine neue Weinlinie mit vier Weinen entwickelt, eher entwickeln lassen: von den Württembergischen Weingärtnergenossenschaften. Schöner Zungenbrecher. Im Württembergischen Weinhaus Berlin wurde also die neue Weinlinie „Lotte Lenya“ präsentiert. Lotte Lenya, weil das Weinhaus im Lotte Lenya Bogen steht, eine für mich etwas enttäuschende Story zur Namensgebung. Aber René Arnold, der Geschäftsführer des Weinhauses, ist eine echte Marke, man kann ihm unglaublich gut zuhören und man hat auch sehr viel zum Zuhören. Für die Weinpräsentation und -vermarktung ist er genau der Richtige.
Die Lotte Lenya-Weinlinie besteht aus 4 Weinen: einem Riesling Sekt, einer Cuvée aus Weißburgunder und Grauburgunder, einer Rotwein-Cuvée und einem Spätburgunder.
Ich nehme schon mal das Ergebnis vorweg: das Beste kommt zum Schluss.

 

Herrliche Begleitung

Aber der Reihe nach. Dazu muss ich noch den kleinen Bonus des Abends erwähnen, der sich für mich zu einem Highlight der Verkostung entwickelt hat. Die Weine wurden mit Käse von Fritz Blomeyer (Händler bester deutsche Käsesorten) zusammen verkostet und ich kann nicht leugnen, dass Käse und Wein sich ganz klischeehaft als hervorragendes Gespann erwiesen haben. 

Erfrischend, aber auch anstrengend

Lotte Lenya Sekt: Edition Riesling Sekt Brut 2017. Winzer vom Weinberger Tal  
Ich bin kein großer Fan von Sekt, es sei denn, es ist ein heißer Sommer, man ist auf einer Hochzeit  oder sonst einer bedeutsamen Veranstaltung und hat nur die Wahl zwischen Softdrinks, Wasser und Sekt. Dann würde ich wohl Sekt wählen. Aber Sekt ist nicht das, was ich an einem gemütlichen Abend im Lotte Lenya  Bogen unter den regelmäßigen S-Bahn-Geräuschen trinken würde. Ich schmecke auch selten Unterschiede beim Sekt, ist mir meistens zu spritzig und zu ungemütlich, erfrischend, aber auf eine anstrengende Weise. So war es auch bei diesem. 

Schöne Trinkigkeit

Lotte Lenya Weiß: Edition Weiß- und Grauburgunder 2017. Weingärtner Cleebronn-Güglingen
Zuerst hat die Spitzigkeit vom Sekt irgendwie nachgewirkt, sodass ich wieder dieses ungemütliche Gefühl beim Trinken hatte, aber ein bisschen Geduld hat mir den Wein sehr schmackhaft gemacht. Dazu gab es „Antons Liebe“, der Lieblingskäse des Winzers aus dem Allgäu, ein cremig-sahniger Weichkäse. In dem Fall haben Wein und Käse sich wirklich nett ergänzt, beides für mich persönlich nichts, was mich im Einzelnen umhaut, aber durch den Käse (wesentlich kräftiger als seine Beschreibung) bekam der Wein eine dezente Lieblichkeit, die mir gut geschmeckt hat. Kräftig, fruchtig, leicht zu trinken. Hier hat René Arnold einen Begriff geprägt, den ich bislang nicht kannte – Trinkigkeit. Ja, dieses Gespann hatte eine gute Trinkigkeit.

Kreative Cuvée

Lotte Lenya Rot: Edition Rotwein Cuvée 2016. Württembergische Weingärtner-Zentralgenossenschaft
„Wenn ich Wein trinken will, will ich Wein trinken.“ Über die Weisheit des Spruchs kann man meditieren. Es geht aber noch weiter: „Ich möchte die Bewegung Hand-Glas sehen.“ Also auch die haptische Erfahrung mit ins Trinkerlebnis nehmen. Mit einer Cuvée ist es immer etwas Besonderes, ich mag Cuvées oft sehr gerne. Bei wohl kaum anderen Weinen ist es dem Winzer so sehr möglich, kreativ zu sein, Wein zu machen, zu kreieren.  Bei diesem sind es fünf Sorten, darunter Zweigelt, Merlot und Portugieser. Man soll Kirsch schmecken, Kakaobohnen, nach Holz darf er aber nicht schmecken, das Holz darf nur unterstützen. Ich tue mir etwas schwer damit, Geschmacksnoten über das „schmeckt gut“ und „schmeckt nicht gut“ hinaus zuzuordnen, aber hier schmecke ich tatsächlich die warme Kakaonote, die diesen Wein richtig schön macht. Der strenge, etwas bissige Geruch hat nichts mit dem Geschmack zu tun. René Arnold meint, die Cuvée sei richtig gut gelungen – recht hat er! Der dazugereichte Käse ist dieses Mal ein Camembert von Lammmilch, also logischerweise Lammbert. Was soll ich sagen? Köstlich, aber hier war der Wein alleine auch schon in der Lage, mich zu überzeugen. 

Ultimative Hochzeit

Lotte Lenya Rot: Edition Spätburgunder 2013. Collegium Wirtemberg
Dieser Spätburgunder wurde uns als ein „richtiger Burgunder-Klon aus Burgund“ vorgestellt. 2013 war ein kühler Jahrgang, aber ein richtiger Durchstarter: Nachdem der Wein 4 Jahre im Holzfass lag und im November 2017 im Württembergischen Weinhaus ankam, war er bereits nach einem guten Jahr (im Jan. 2019) ausverkauft.
Ich habe ja schon angekündigt, dass das Beste zum Schluss kommt und deswegen kann ich dem Erfolg nur recht geben – absolut Spitze! Auch hier brauchte ich wieder die Unterstützung des Käses; dieses Mal ein Weinbauernkäse Classico, der mit aus den Fässern gekratzten Weinresten gewaschen wird und dann mehr als 12 Monate reift. Animalisch würzig und pur ein bisschen zu viel des Guten. Die ultimative Hochzeit von Wein und Käse kann man dann so erleben: Den weichen Käse auf die Zunge legen und dann den Wein darüber laufen lassen. So wird der Wein sanft wie ein Lämmchen, nachdem er mir auf den ersten Geschmeckt ein wenig säuerlich-süß daherkam, geht aber zum Glück überhaupt nicht unter. Im Gegenteil, der Käse hebt die leichte Süße hervor und man hat wirklich ein Geschmackserlebnis im Mund. Nun, ich bin leicht zu begeistern und wenn ich etwas gut finde, dann finde ich es gleich richtig gut, aber ich würde an diese Wein-Käse-Kombi noch ein richtig einfügen: richtig richtig gut! 


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