Kellerinventur – muss auch mal sein. Dabei Weine entdeckt, für die es bisher keine Gelegenheit gab. Weine, die Rätsel aufgeben: Eine Lemberger Spätlese aus Württemberg von 2003 – zu spät? Ein türkischer Wein von 2012 – ist das was? Versteckt hatte sich auch ein Südtiroler Vernatsch von 2012 – funktionieren die nur jung getrunken? Schließlich einer aus Montenegro, Jahrgang 2000, also 16 Jahre alt – geht das noch?
Blind ist am fairsten
Also vierköpfiges Testgremium einberufen und die Weine verhüllt. Die Tester wussten zunächst auch nicht, welche Weine überhaupt zur Diskussion stehen – möglichst keine Vorurteile. Probieren. Nach den ersten Proben dann eine erste Auflösung (welche Weine stehen auf dem Tisch) und eine Aufgabe: Kann sie jeder zuordnen?
Überraschendes Ergebnis
Alle Weine präsentierten sich in hervorragender Form, ja offenbar in idealer Trinkreife. Das war bei den beiden älteren Weinen aus Württemberg bzw. Montenegro nicht unbedingt zu erwarten. Unterstreicht aber nur meine These – generel werden Weine viel zu jung getrunken. Die Weine waren leicht zuzuordnen, wegen der extremen Verschiedenartigkeit war das freilich auch kein Kunststück. Obwohl die Weine (natürlich auch die Geschmäcker) so verschieden waren, gab es doch einen einstimmigen (!) „Sieger“. Der Premijer vom größten Weingut Montenegros „13-jul Plantaze“, ein großartiger Tropfen! Fazit des „Inventur-Tastings“: Keller-Überraschungen!
Verkostungsnotizen
Plantaze Premijer 2000 vom Weingut 13-Jul Plantaze, Montenegro. Premiere bedeutet von den besten Trauben der Balkan-Klassikers Franca gemacht, reifte vier Jahre im Holzfass und dann drei Jahre in der Flasche. Sehr dunkel, leicht phenolische Noten, ölig, eine Spur Patina, entwickelt sich im Glas großartig, hohe Intensität, im Geschmack würzig nach schwarzen Johannisbeeren und Pflaumen, viel Charakter, rund, fertig, Gewinner und große Überraschung.
Kaya Kapadokia 2012 von der Kocabag Winery, Türkei. Eine Cuvée der Rebsorten Öküzgözü + Bogazgere, sehr fruchtig,, süßliche, nicht unangenehme Note, Süßholz?, leicht trinkbar, angenehm harmonisch, unkompliziert
Lemberger Spätlese 2003 von der Weingärtnergenossenschaft Grantschen, Württemberg. Beim Lemberger gehen die Meinungen in der Regel weit auseinander, bin selbst kein Freund. Dieser – halbtrocken – präsentierte sich fruchtig, süßlich, Himbeeren und Schattenmorellen werden erkannt, zur allgemeinen Überraschung noch topfit, freilich nicht jedermanns Sache
Edelvernatsch 2012 von der Kellerei Kaltern, Südtirol. Eine Premium-Vernatsch, weit über dem Durchschnitt, ziemlich hell, wirkte noch immer sehr jung, sehr angenehm trinkbar, typisches ausgeprägtes Frucht- und Mandelaroma
P.S.: Wollte den Plantaze Premiere von 2000 nachorten, Online-Händler rufen aktuell 180 Euro auf
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