Er ist ein neues Gesicht in der Winzerszene an Saale und Unstrut: Johannes Beyer, Jahrgang 1985. Erst im März 2013 wurde das Weingut Johannes Beyer offiziell gegründet. Seine Geschichte ist die eines echten Start-ups. Denn er hatte kein elterliches Gut im Rücken, angefangen hat alles im Jahr 2007 mit 300 Rebstöcken im Nebenerwerb. Jetzt bewirtschaftet er mehr als 2 Hektar, darunter auch Flächen der Karsdorfer Hohen Gräte, eine der Paradelagen des Gebiets. Seine Weine sind auch im Leipziger Sterne-Restaurant „Falco“ gelistet, dort firmiert er unter  „Geheimtipp“. Grund genug für einen Besuch.

Johannes Beyer

Johannes Beyer

Stammsitz ist der Hof in Dorndorf, einem kleinen Ort an der Unstrut.  Das alte Bauerngut von 1651 ist hübsch restauriert, seit einem Jahr gibt es einen kleinen Hofladen mit Verkostungsraum. Johannes Beyer erzählt, dass seine Großeltern schon immer Weinbau betrieben haben, die Trauben gingen an die Genossenschaft. Er hat als Kind immer geholfen – und seinen ersten Wein im Alter von 14 Jahren gemacht. In der Winzergenossenschaft hat er Weinbautechniker gelernt, danach Techniker für Kellerwirtschaft in Weinsberg studiert, er sammelte Erfahrungen in zwei Jahren Wanderschaft in Australien und der Schweiz, war Kellermeister im Weingut Pawis. „Irgendwann standen 2 Hektar Pacht zur Debatte, da blieb nur der Schritt in die Selbstständigkeit“, sagt er fast entschuldigend. Den ersten Jahrgang stemmte er allein, mittlerweile hat er einen Angestellten. Hat er den Sprung in die Selbstständigkeit bereut? „Jeden Abend bereue ich das, wenn mir alles weh tut“, antwortet er lachend.

Zweites Standbein

Was kein Wunder ist, denn Beyer orientiert sich zweigleisig, ist als einer von drei Gesellschaftern auch noch am Projekt „Weinmanufaktur Alte Zuckerfabrik“ beteiligt.  Die Industrieanlage in Laucha war nach der Stilllegung ein bekannter Techno-Tempel, wird stückweise zu einem Kultur- und Erlebniszentrum umgebaut, Wein soll ein Schwerpunkt sein. Für die Manufaktur-Weine werden die Trauben zugekauft, Beyer kümmert sich um den Ausbau im Keller.  Techno-Partys gibt‘s manchmal auch noch, Johannes Beyer sieht das relaxt. „Woanders werden die Weine mit Mozart, bei uns halt mit Techno-Musik  beschallt. Mal sehen, welchen Einfluss das hat.“

Jetzt aber erst mal sehen, was es mit den Weinen aus dem Hause des Jungwinzers Johannes Beyer auf sich hat. 13 Weine aus acht Rebsorten umfasst das Portfolio.

Der „Brotwein“

Los geht’s mit dem 2014er Müller-Thurgau Muschelkalk. „Unsere Brotsorte“, sagt der Winzer, das sagen alle im Gebiet. Auch das: „2014 war ein kompliziertes Jahr, viel Regen, Nässe, zeitige Lese.“  Der Müller sei schon Anfang September gelesen worden, „ich wollte gesundes Lesegut“, er nahm 67 Grad Öchsle in Kauf. Und siehe da: Im Glas ist ein klassischer Müller-Thurgau erkennbar,  mit der typischen Muskatnote, 11% Alkohol und einer schönen frischen Säure. Der Sommer kann kommen.

Zwei spannende Silvaner

Der Silvaner Alte Reben von 2013 von der Hohen Gräte (QbA) ist freilich ein anderes Kaliber. Die Reben sind wirklich alt, 1955 gepflanzt, und die bringen einiges mit.  Aus den Verkostungsnotizen: Grüne Nüsse, frische Walnuss, schöner Schmelz, aromatische Birne, leichte Bitternote, Drops, 6 Gramm Restzucker. Anders der Silvaner Kabinett 2013 von der Hohen Gräte. Gleicher Wein, gleiche Lage, aber zwei Wochen später gelesen („die Trauben waren zum Teil aufgeplatzt und überreif“) und komplett durchgegoren, nur 2 Gramm Restzucker. Dennoch tolle Aromatik, aber ganz anders als der zwei Wochen vorher gepflückte, deutlich fettere Bruder. Durchgegoren ist ganz nach dem Geschmack des Weinbeobachters –  der Wein war persönlicher „Tagessieger“. Allerdings, so Johannes Beyer, verlange der Mainstream nicht nach den knochentrockenen Weinen, die mit mehr Restzucker würden sich besser verkaufen.

Spontaner Riesling

Nun wird’s interessant: Riesling 2013 Spontangärung. Spontan ist der letzte Schrei, weiß auch Beyer, er kennt auch das Risiko, aber sein Händler habe ihm dazu geraten. Nun, der Riesling ist originell, fett, leicht salzig, allerdings so gar nicht typisch für Saale-Unstrut. Ein Experiment? Nur zu!

Ein Verkaufserfolg dürfte der Rotling 2014 werden. 50 % Bacchus und  50 % Portugieser wurden zusammen gekeltert. Heraus kommt ein roséfarbener Tropfen, karamellig, der ein bisschen an Toffee erinnert und lange am Gaumen tänzelt. 5,5 Gramm Restzucker nur, es ist fast wie ein Bonbon lutschen.

„Kein Mädchenwein“

Weißweine im Barrique sind auch in Mode, auch das kann Beyer. Sein erster sei nicht gelungen, gibt er zu, „das Holz war zu dominant“. Beim 2013er Weißburgunder Barrique hat er es anders gemacht, der ist in drei Fässern gereift: Eines ist 3 Jahre alt, eines 2 Jahre und eines neu. Ergebnis des Mixes ist mit ein „fetter Kamerad“, 14 % Alkohol, ein Wein, der mit seinen Muskeln spielt. „Kein Mädchenwein“, bemerkt einer der Mitverkoster treffend.

Rotes Finale

Finale mit zwei Rotweinen. Zuerst der Portugieser Alte Reben von 2013. Die  Reben stammen wieder von 1955, eine Parzelle soll sogar 1939 bepflanzt worden sein. Ist das der Grund für einen doch recht untypischen Portugieser?  Er ist ziemlich dunkel, kommt daher, weil der Wein auf der Maische vergoren wurde und im gebrauchten Barrique gelegen hat. Die Aromen wie Vanille-Toffee, Süßkirsche oder Marzipan bietet auch nicht jeder Portugieser. Unbedingt dekantieren!

Schließlich die Cuvée Glockendreiklang 2013. Da schließt sich der Kreis zu den Anfängen im Jahr 2007 mit den 300 Stöcken. Die Geschichte: „Die 300 Stöcke waren je 100  Zweigelt, Regent und Merlot. Damals war Merlot im Gebiet aber nicht im Sortenregister. Ich musste es als Versuchsanbau deklarieren und durfte nur sortenrein ausbauen. Im Zuge der EU-Reform wurde die Bundessortenliste gleich Landessortenliste, der Merlot war erlaubt und die lange geplante Cuvée möglich.“ Das Produkt der so langen Begierde ist extrem dunkel, noch undurchsichtig, verheißt einiges, braucht aber noch Zeit. Die Geschichte, warum der Wein Glockendreiklang heißt und man beim Trinken auch noch Gutes tut, würde den Rahmen des Blogs sprengen. Sie ist am besten von Johannes Beyer selbst zu hören.

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1 Kommentar

Johannes · 09/02/2015 um 11:26

Schöner Beitrag vielen Dank für die positive Kritik!

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