Die knapp 10 Kilometer lange Strecke auf dem Saale-Radweg zwischen Bad Kösen und Naumburg wird auch Weinmeile genannt. Bei der gleichnamigen Veranstaltung an genau dieser Route im Frühjahr ist die Hölle los. Viel schöner ist es mit einer Radtour und möglichst vielen Wein-Stationen an einem sonnigen Sommertag.

Höhnstedt - Weingut Born

Höhnstedt – Weingut Born

Bei der Anreise aus Leipzig tags zuvor dürfen Stopps bei zwei renommierten und seit Jahren in der Qualität zuverlässigen Weingütern nicht fehlen. Erster Halt also bei Günter Born in Höhnstedt, Verfechter der klassischen, trockenen und schnörkellosen Saale-Unstrut-Tropfen. Empfang mit: „Wenn’s nicht schmeckt, müsste ich alles selber trinken.“ Muss er natürlich nicht. Der Gutedel ist ein leichter, unkomplizierter Sommertropfen, im Gebiet bekommen ihn wenige so gut hin. Borns Müller-Thurgau ist immer eine sichere Wahl. Der Riesling braucht etwas Luft, dann paart sich die Frische mit schöner Frucht. Klasse der Weißburgunder, die gehobene Kategorie Breitengrad (2011) ist schwer zu beurteilen, der Wein braucht noch Zeit, charmant ist er gewiss. Der Tipp schlechthin ist der Zweigelt, noch als Fassprobe gekostet, inzwischen abgefüllt. Große Zukunft! Für Liebhaber und auf Anfrage zieht Günter Born noch einen Riesling 1998 aus dem Regal. Der hat weniger als 1 Gramm Restzucker pro Liter, dafür um so mehr Firn. Ein Ereignis, aber gewiss nicht jedermanns Sache.

Nächste Visite im Weingut Klaus Böhme, Kirchscheidungen. Das hat sich mit schönen Weißburgundern einen Namen gemacht – die 12er bestätigen das wieder. Aber auch der Müller-Thurgau präsentiert sich fein, schöne Säure, grüner Apfel, ein Hauch Muskat, Spontanurteil der Runde: Ein durch und durch ehrlicher Wein. Auch Liebhaber von Weinen in der Nische kommen auf ihre Kosten. Winzergattin Ina Paris (diesen Mädchennamen schenkt keine Frau her) schenkt eine Bacchus Spätlese ein und mit ihr Aromen aus dem halben Universum, Litchi, Stachelbeeren etc. Begeisterung bei der einen Hälfte, Kopfschütteln auf der anderen. Weinbeobachter-Urteil: Ein Glas, auch zwei unbedingt, eine Flasche strengt an. Noch eine Überraschung: Der Dornfelder, mit einer schönen Balance aus Power-Frucht-Rebe. Der ist im 600-Liter-Holzfass gereift und das hat gut getan. Gewiss einer der besten Dornfelder im Gebiet.

Nun aber endlich aufs Rad zur Tour de Saale. Prolog ist in Schulpforte im Landesweingut Kloster Pforta. Plus und Minus halten sich die Waage, aufgefallen sind der Müller-Thurgau und der Rote Traminer als Rarität. Der Weißburgunder Alte Reben hat, obwohl Jahrgang 2011, schon spürbare Alterungs-Töne. War es das Fass, der Korken, soll das so sein?

Bad Kösen - Lützkendorf

Bad Kösen – Lützkendorf

Ab dem Weingut Lützkendorf in Bad Kösen ist dann richtig Saale-Anschluss, Das VdP-Gut hatte unter dem Juni-Hochwasser schwer zu leiden, Gottseidank sind die Flaschen nicht davon geschwommen. Der Silvaner und der Traminer schneiden am besten ab, der Weißburgunder ist beim Tasting schon etwas zu warm geworden, deshalb kein faires Urteil möglich.

Nach der einzigen (Mini-) Bergwertung kommt die Straußwirtschaft Lobe gerade recht. Dort sind alle aus dem siebenköpfigen „Starterfeld“ vom Portugieser Weißherbst (Weinbau Lobe) mehr als angetan, bei dem ist die schwierige Balance zwischen Frucht und Säure gelungen. Ein schöner Rosé, nicht anbiedernd und schon gar nicht mit dem weit verbreiteten Geschmack nach Erdbeerbowle. Die Enttäuschung folgt auf dem Fuß: Den Rosé wird es nie mehr geben, die 800 Rebstöcke hinter dem Haus sind gerodet. Heidi Lobe schafft die Doppelbelastung Job und Winzer im Nebenerwerb  nicht mehr.

Stimmungsaufhellung im Weingut Hey. Matthias Hey, erst 29, gilt als Shooting-Star des Gebiets. Die Dreieinigkeit Wein-Kultur-Kulinarik ist seine Intention, in den Punkten eins und drei gibt es keine Enttäuschung, Punkt zwei muss noch überprüft werden. Weißburgunder, Riesling – sowohl der Gutswein als auch die Ortslage – sowie der Rosé imponieren am meisten. Das Cuveé Breitengrad schmeckt auch, ist aber sicher noch nicht dort, wo es der ehrgeizige Winzer haben will.

Naumburg - Weinbau Der Steinmeister

Naumburg – Weinbau Der Steinmeister

Es ist nur ein kleiner Katzensprung bis zum Weinbau „Der Steinmeister“ Wartenberg/Sauer. Die beiden Professoren Maria Wartenberg und Heinrich Sauer sind Mediziner und Winzer, sie haben neben einer wahrhaft idyllischen Picknick-Wiese ein erstaunliches Portfolio an Spätlesen: Silvaner, Weißburgunder und Gewürztraminer. Jeder Wein hat Charisma, der Traminer sogar viel. Alles nette Tropfen, der heimliche Star der Mini-Verkostung ist jedoch der Johanniter. Liegt einerseits daran, dass die Kreuzung aus Riesling, Ruländer, Gutedel und Seyve-Villard hierzulande noch ziemlich selten ist (Anbaufläche in Deutschland unter 60 Hektar), aber eben auch  ein ganz unverwechselbarer  Wein war. Schade, dass der hochgelobte Müller-Thurgau schon ausgetrunken ist.

Finish schließlich im Weingut Frölich-Hake in Roßbach, und es hätte nicht besser enden können. Der Riesling Roter Ton von Volker Frölich und Sandra Hake ist exzellent, der Silvaner überzeugt und noch einmal gibt’s  ein spannendes Experiment: Die fast schlanke, adrette Scheurebe QbA mit der voluminöseren und aromatischeren Scheurebe von der Lage Dorndorfer Rappental im Vergleich. Die Erkenntnis, dass die Scheurebe vielfach unterschätzt ist, ist nicht neu. Die Rotweine und der Grauburgunder wären auch noch einen Test wert, allerdings sind nach der zehnstündigen Tour de Saale erste Erschöpfungserscheinungen spürbar. Fazit: Gerne wieder!


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