Besuch im Weingut Forstmeister Geltz Zilliken an der Saar. Das war lange geplant, spätestens nach dem Glas eines fantastischen 1991er Rausch Riesling Eisweins aus der Magnum von Forstmeister Geltz Zilliken aber Pflicht. Der Name verspricht viel: Viel Tradition, große Weine, internationale Berühmtheit und was nicht noch alles. Forstmeister Geltz Zilliken gehört zu den Flaggschiffen an Mosel-Saar-Ruwer und ist eine Säule im Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP). Angesichts dieser Vita wirkt das Anwesen in Saarburg fast wie gepflegtes Understatement. Dorothee Zilliken, die den Betrieb nun in elfter Generation führt, entschuldigt sich fast. Als ob es auf Größe und Marmor ankäme… Es geht um Wein. Bevor wir zum Wesentlichen kommen, gibt es Interessantes zum Weingut zu erfahren. 

Bomben und Neuanfang

Die Geschichten, die Dorothee Zilliken vom Weingut erzählt, sind so informativ wie spannend. So lässt sich der Weinbau der Familie Zilliken bis ins Jahr 1742 nachverfolgen. Der Königlich-Preußische Forstmeister Ferdinand Geltz (1851–1925) legte den Grundstein für den Aufstieg zu einem der führenden Familienbetriebe an Saar/Mosel. Früher hat es eine durchaus repräsentative Villa in der Nähe der Saarbrücke gegeben. Doch am Heiligabend 1944 wurde die zerbombt. Mit der Brücke fielen auch Haus und Keller in Schutt und Asche, auch die Schatzkammer. Danach hat Oma Marianne Zilliken mit allen Kräften und allerlei Improvisation das Weingut (nun in einem kleinen Haus mit Keller in einer Wohngegend) am Leben erhalten. Der Großvater ist 1947 aus russischer Gefangenschaft gekommen und hat das Weingut weitergeführt. Mittlerweile in die Weltspitze. „Jetzt haben wir zwar keine schicke Villa, aber die Schätze sind ohnehin im Keller und im Weinberg“, sagt Dorothe Zilliken.  

Schätze im Keller

Ausschließlich Riesling

13,6 Hektar werden vom Weingut Forstmeister Geltz-Zilliken bewirtschaftet, in der Paradelage Saarburger Rausch allein 11 Hektar. Der Rest kommt  von der Lage Ockfener Bockstein. Seit 2018 gibt es auch Besitz in der Ayler Kupp. Ausschließlich Handlese ist in den Steillagen selbstverständlich. Es gibt auch keine Bewässerung. „Man soll nicht um Regen betteln, der kommt schon“, sagt Dorothee Zilliken. Im Keller dominieren alte Holzfässer. Naturhefe und stressfreie Vergärung sind Standard. Der Ausbau der Weine erfolgt generell im Holz, Barriques kommen jedoch nicht zum Einsatz. 60 Prozent der Weine gehen in den Export, die wichtigsten Länder sind USA und Großbritannien. Wie lief der Übergang seit 2016, als Dorothee Zilliken die Betriebsführung von ihrem Vater Hans-Joachim „Hanno“ Zilliken übernommen hat? „Sehr gut. Papa hilft noch mit und ich profitiere davon“, sagt Dorothee. Ihr Credo: „Ziel ist, den Wein präzise in die Flasche zu bringen.“ Angebaut wird seit nunmehr 30 Jahren ausschließlich Riesling. Davor gab es noch Müller-Thurgau. Was ist mit der Modesorte Grauburgunder? „Wirtschaftlich wäre das sinnvoll. Aber es muss zum Boden und zu den Menschen passen. Das Weingut hat viele Trends vorbeiziehen sehen. Wir setzen das aus. Weil wir es gewohnt sind, in längeren Zeiträumen zu denken.“ 

Blick über die Lage Saarburger Rausch auf Saarburg

Eine Liebeserklärung 

Ausschließlich Riesling also, und den gibt es bei Zillikens in alles Spielarten. Höchste Zeit für eine Liebeserklärung an den Riesling. Dorothee Zilliken muss nicht lange überlegen: „Ich schätze den Riesling so sehr, weil es so eine vielseitige Rebsorte ist. Es ist die Rebsorte, die mir alles bietet. Sie kann im besten Fall schöne trockene und trinkige Weine hervorbringen. Riesling kann einen auch mit feinherben Essenbegleitern beschenken. Und sie kann auch feinfruchtige bis edelsüße Spitzen hervorbringen. Man kann sie in jung und in gereift trinken. Welche Rebsorte außer Pinot Noir bietet das denn sonst noch auf der Welt? Das finde ich halt so spannend. Und es ist auch eine Rebsorte, die in der ganzen Welt geschätzt wird. Ich finde es immer schön, wenn Leute wegen dieser Rebsorte hierher kommen. Das ist auch ein Kompliment an die Rebsorte. Mineralität, Dichte, Komplexität und im besten Fall auch eine zarte Alterungsnote – das sind Dimensionen, die nicht jede Rebsorte schafft. Deshalb fasziniert mich der Riesling so.“
Nun aber kommen Rieslinge ins Glas.   

Die probierten Weine

Trockene Rieslinge

Wir starten mit dem Zilliken Riesling trocken 2021. Die Trauben kommen aus verschiedenen Lagen, auch vom Saarburger Rausch.Die zeitige Lese bringt eine  schöne Frische. Man kann den Schiefer schmecken, dazu gibt’s unzarte Zitrusnoten. Die 9 Gramm Restzucker merkt man nicht weil 8,3 Gramm Säure. Dort Zilliken: „Perfekt zu einem Buch am Strand.“
Weiter geht’s mit dem Saarburg Riesling 2021, der Ortswein. Ein feiner, eleganter, zarter Riesling, komplett aus dem Rausch. Limetten- und Apfelaromen spielen im Gaumen, 9 Gramm Restzucker sind bei 9 Gramm Säure nicht spürbar. „Bei einem Buch sind wir jetzt bei Hermann Hesse.“
Der Saarburg Riesling trocken Alte Reben 2021 wirkt trotz seiner Jugend erstaunlich reif. Ein reifer, runder, würziger Riesling mit Tiefe und Komplexität. Die Reben sind 65 bis 70 Jahre alt, wurzeln entsprechend tief und holen somit einges an Mineralität in die Traube.  Großes Lagerpotenzial!
Der Rausch Riesling Großes Gewächs 2021 durfte erst ab 1. September verkauft werden, probiert werden durfte er schon früher. Der Wein hält das versprechen Großes Gewächs. Viel Rasse, zarte Fruchtaromen, natürlich der Schiefer – da kommt viel aus dem Glas. Der Wein öffnet sich im Mund bemerkenswert, hat Eleganz und Kraft. „Der Wein erzählt direkt, dass er von der Saar kommt.“ Dabei er ist nIcht der lauteste – nur 12% Alkohol!

Restsüße kommt ins Spiel

Beim Zilliken Riesling Butterfly 2021 muss erstmal der ungewöhnliche Name aufgelöst werden. Früher hieß der Wein Saarburg Rausch Riesling Qualitätswein halbtrocken. Schon klar, das klingt nicht so charmant. Dorothee Zilliken erklärt: „Es wurde oft geschrieben: Unsere Weine sind wie Schmetterlinge. Also haben wir ihn Butterfly genannt.“ Den Markennamen gibt es seit 2002, es war der erste Wein im Betrieb mit Schraubverschluss. Sommer, Beerenfrüchte mit einem Spritzer Zitrus – das ist ein Schmeichler mit Frische und Lebendigkeit. Frau Zilliken nennen den Wein „Halbtrocken für Fortgeschrittene“.
Der Rausch Riesling Diabas 2018 ist ein nicht-trockener Wein aus der Lage Rausch, den es nur in ganz besonderen Jahren gibt. Diabas ist der Name des Gesteins im Rausch. Eigentlich ist das ein Riesling Großes Gewächs nur in halbtrocken/feinherb. Beeren, tropische Fruchtnoten bis hin zu Buttercreme – da kommt viel an. Toller Trinkfluss. Und der wein ist noch lange nicht fertig!

Die Klassiker

Beim Bockstein Riesling Kabinett 2021 sind wir beim Klassiker an Mosel-Saar-Ruwer angelangt. Der Name Kabinett hat eine Weltkarriere hingelegt. Der von der Lage Bockstein in Ockfen verdient das Prädikat Klassiker. Ockfen liegt zwei Kilometer vom Rausch entfernt, dort haben die Zillikens einen Hektar Rebfläche im Besitz. Der Riesling ist fülliger als der vom Rausch, hat eine spürbare Fruchtsüße. Die 58 Gramm Restzucker tun Wege der charmanten Säure überhaupt nicht weh. Bestes Beispiel für einen Mosel Kabinett.
Der Rausch Riesling Kabinett 2021 ist quasi der große Bruder (weil bin der größeren Lage). Der schmeckt nicht besser oder schlechter, aber anders. Der Wein hat eine beeindruckende Fruchtsüße, exotisches ist dabei, Mineralität sowieso. Er wirkt gesetzter, eleganter, kühler als der vom Bockstein. Obstsalat im Glas!

Edelsüße Spitzen

Die Rausch Riesling Spätlese 1996 kommt aus der Schatzkammer. Noch top in Form! Umwerfend die Farbe, ein kräftiges Orange, wie Goldwasser. hat noch eine bemerkenswerte Frische, was wohl der tollen Säure zu verdanken ist. Die 77 Gramm Zucker spielen keine Rolle, sie geben ein Gerüst für eine halbe Ewigkeit. Ein toller Wein, dessen Ende nicht absehbar ist.
Die Rausch Riesling Auslese Goldkapsel 2018 ist quasi die Spitze der Pyramide. Zuerst mal Fakten; 50 Prozent luftgetrocknet, 50 Prozent geschrumpfte Trauben, 143 Gramm Zucker, 6 Gramm Säure, ohne Botrytis. Ein toller, saftiger Wein mit einem …. an Aromen: Datteln, Honig, Feigen, Mango, Passionsfrucht, Minze, Papaya und viel mehr. Frage mich, warum Robert Parker dafür „nur“ 98 Punkte vergeben hat.

Großes Foto: Dorothee Zilliken mit Vater Hans-Joachim und Ehemann Philipp. Foto: Andreas Durst


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