Lisa Bunn und ihre Weine habe ich im Herbst 2014 bei einer Veranstaltung der „Generation Riesling“ kennengelernt. Aufgefallen ist seinerzeit der Riesling vom Rotliegenden trocken 2013 – „erstaunliche Ambivalenz“ steht in den Noti zen. Ambivalent deshalb, will der Wein ein ganz moderner und doch auch ganz klassischer Riesling war, mit viel Charisma. Im Jahr darauf hat sie einen knackigen Silvaner präsentiert  – und eine Überraschung: Den durchaus streitbaren „Wild Wedding“, eine für die eigene Hochzeit kreierte Cuvée aus Sauvignon Blanc und Scheurebe. Sie brachte Scheurebe ein, der künftige Gatte Sauvignon. Seither stehen wir in losem Kontakt. Höchste Zeit, die aktuellen Weine unter die Lupe zu nehmen. Probiert haben wir in einer Fünfer-Runde. 

Rieslinge sind die Flaggschiffe 

Flaggschiffe des Betriebes sind natürlich die Rieslinge, die kommen aus den Lagen des berühmten Roten Hangs: Hipping, Oelberg und Orbel.

Aber schon der Gutswein hat schon viel zu bieten. Beim Riesling vom Kalkstein 2019 von mittlerweile 32 Jahre alte Reben gehen schon alle Daumen hoch. Er ist enorm konzentriert, bietet  im Gaumen Zitrus, Limetten, Ananas und einen Hauch Grapefruit. In einer Blindverkostung würden manche wohl auf einen Sauvignon tippen, aber bei der unverkennbar mineralischen Note glitzert doch der Riesling. Wie war das gleich mit der  Ambivalen? Klassischer Riesling und doch modern.
Beim Riesling Oelberg 2018  – spontan vergoren – potenziert sich das alles. Nach fast eine Jahr auf Vollhefelager im Edelstahl reifte der Wein ein Jahr in der Flasche. Schon jetzt ganz fein  – aber wohl erst in zwei, drei Jahren auf dem Gipfel.

Weiße Überraschungen

Die Rieslinge haben die (hohen) Erwartungen erfüllt. Aus der Kategorie „O’lala“ kommen zwei Weißweine. Da ist der Sauvignon Blanc 2019. Ganz frisch im Portfolio, denn die Reben sind erst drei Jahre alt. Merkt man: Aufgeregt nach Zitrus, dann auch Holunder, dazu eine charmante kleine Bitternote. Stachelbeere und Zitronenmelisse  wird am meisten gerufen. Dürfte zu Meeresfrüchten perfekt harmonieren.
Das Highlight für mich war die Chardonnay Reserve 2018. Dagegen sieht so mancher Chablis verdammt fade aus, denn hier kommt vieles zu einem Chardonnay mit Charakter und Charisma zusammen: die Röstaromen, der geschmeidige Körper, das Buttrige, Ölige, die reife gelbe Frucht, eine Spur grüner Apfel, alles voluminös. Spontangärung im Eichenholzfass mit 50 Prozent Erst- und 50 Prozent Zweitbelegung. Großartig! hatte spontan Erinnerungen an einen Meursault, der mich vor 20 Jahren mal in den Himmel entführt hat. Der hat freilich das vierfache gekostet.  

Rote Power

Klar, Lisa Bunn kann auch Rot. Lisas Lila-Rot 2018 ist eine Cuvée aus Spätburgunder, Saint Laurent, Merlot und Regent. Die Trauben wurde getrennt ausgebaut, auf der Maische vergoren, reiften danach 12 Monate im  Barrique (20% neue). Der Wein wurde erst im Frühjahr 2020 abgefüllt, das merkt man. Lila-Rot hat noch spürbar Gerbstoffe, auch Tannine, die sind nicht aggressiv. Überhaupt wirkt der Wein leicht, ein paar Muskeln fehlen. Notierte Aromen: Zedernholz, Himbeerblätter, Himbeeren.  Einhelliges Urteil der Runde: Der braucht noch, soll später noch einmal vorstellen.
Ganz anders die Merlot Reserve 2016: Applaus, Applaus, Applaus. Toll strukturiert, im Gaumen dunkle  Schokolade, Pfeffer, Vanille!, Brombeeren.  Satte 14,5% Alkohol, doch das merkt man eigentlich nicht. Zur Weinbereitung: Die Trauben sind von Hand gelesen, 3 Wochen in 500 Liter-Bottichen auf der Maische vergoren, dann 2 Jahre in neuen Barrique-Fässern gereift.  Ein großer Wurf! Und hat noch ein langes Leben vor sich.

 

Das Weingut

Lisa Bunn studierte in Geisenheim. 2012 hat sie das elterliche Gut übernommen und ist seither für die Weine verantwortlich. Die  Umstellung erfolgt konsequent. Das 10 Hektar-Gut wurde von „Margarethenhof“ in „Weingut Lisa Bunn“  umbenannt, die Etiketten neu gestaltet. Dass Lisa Bunn in der Welt herumgekommen ist (Praktika in Südafrika und Australien), die Website auch in englischer Sprache betreibt und in den sozialen Netzwerken aktiv ist, versteht sich bei Winzer(inne)n dieser Generation fast von selbst.  

Lisa Bunn im Weinberg


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