Es wurde Zeit für einen Weingut-Besuch bei Stefan Müller an der Saar. Denn Weine von Stefan Müller sind mir schon bei einigen Tastings positiv aufgefallen. Schon klar, dass von der Saar nicht nur von berühmten Namen wie Egon Müller, Van Volxem oder Jauchs Von Othegraven feine Weine kommen. Stefan Müller gilt angeblich noch als eine Art „Geheimtipp“. Bei der Rheinhessen-Bottleshow im Frühjahr in Mainz, wo Stefan Müller als Gastwinzer dabei war, sind wir uns persönlich begegnet. Da haben wir den Weingut-Besuch klar gemacht. 

12 Hektar und fast nur Riesling

Müllers Weingut in Krettnach, unweit von Konz, ist ein Statement. Ein Neubau, aber harmonisch integriert in das leicht verschlafen wirkende Dorf. Gleich hinter dem Weingut wachsen die Reben, besser geht’s nicht. Zunächst empfängt Stefan Müllers Frau Johanna. Schnell wird klar, dass das Weingut ein klassischer Familienbetrieb ist. Von ihr sind ein paar Eckdaten zum Betrieb zu erfahren: 12 Hektar Reben werden bewirtschaftet, 90 Prozent sind Riesling. 2013 hat Stefan das Weingut von seinen Eltern übernommen. Schiefer-Böden prägen das Terroir, vor allem der blaue Devon-Schiefer sowie der Granitschiefer. 

„Eigentlich Bio“

Später stößt Stefan Müller hinzu. „Eigentlich wirtschaften wir biologisch, aber wir schrieben es nicht aufs Etikett“, erzählt der Winzer. Also wird in den Weinbergen auf Herbizide und synthetisch hergestellte Dünger verzichtet. Kupfer und Backpulver sind weitere Stichworte. Bewässert wird auch nicht, „denn die Wurzeln der Reben haben eine Tiefe von 10 Metern“. Vergoren wird ausschließlich mit wilden Hefen, alles spontan, im klassischen Fuderfass (1000 Liter) oder im Edelstahltank.

Beeindruckender Neubau

Der ganze Stolz ist der schon erwähnte Neubau. „Nach anderthalb Jahren Bauzeit und zwei Jahren Vorplanung haben wir das Gebäude Anfang 2023  fertiggestellt“, erzählt Müller. Ein Holzhybridbau mit Stahlbetonelementen – alles auf dem neuesten Stand. Die Betonwände vom Vorgängerbau sind geblieben. Der Komplex umfasst das Kelterhaus mit Flaschenlager, Vinothek und im Obergeschoss eine Wohnebene. Auf dem Hallendach ist eine PV-Anlage installiert, die zusammen mit einem Stromspeicher die Energieversorgung des Gebäudes nahezu deckt.

Maxime Herkunft Mosel 

Wichtig ist Stefan Müller noch zu erwähnen, dass er Mitglied im Verein Maxime Herkunft Mosel ist. „Die Maxime Herkunft Mosel steht für Weine mit Herkunft, Charakter und Qualität, die die Region herausragend repräsentieren. Gemeinsam wird das dreistufige Klassifikationsmodell aus Guts-, Orts- und Lagenweinen zur Einteilung der Weinqualitäten umgesetzt“, erklärt Stefan Müller.
Nun aber zu den Weinen. 

Gutsweine

Start mit dem 2023 Riesling trocken. Der Gutswein ist eine exzellente Eintrittskarte. Frisch, lebendig mineralisch, die 7,3 Gramm Restzucker sind bei 8 Gramm Säure kein Thema.  Zitrus und Birne kommen im Geschmack, und eine geschmeidige Mineralität natürlich. Trinkt sich wunderbar. 
Der 2023 Riesling Tandem hat eine Geschichte. „Der Wein ist ein Sponti-Stehenbleiber“, erklärt Müller. „Wir haben zwei Geschmäcker in einer Flasche.“ Mit den beiden Geschmäckern sind trocken und feinherb gemeint. Tatsächlich kann sich der (oder das?) Tandem ich festlegen. 14 Gramm Restzucker tanzen mit 8,9 Gramm Säure. Kare Frucht, feine Süße, genau so feine Mineralität und knackige Säure – der Wein ist einfach klasse balanciert.

Ortsweine 

Der 2023 Krettnacher Riesling trocken kommt wie die Gutweine vom Euchariusberg. In Nase und Gaumen florale Aromen plus die Pfirsich- und Zitrusnoten. Die kernige Säure gefällt mir. Trocken im besten Sinne. Der 2023 Niedermenninger Riesling Feinherb ist im Herrenberg gereift, hat 22 Gramm Restzucker und satte 9,5 Gramm Säure. Da weiß man schon, wohin die Reise geht. Zu riechen und schmecken sind Früchte aller Art und es fällt auch das Stichwort Vanille. Der Clou ist natürlich die Säure, die den Wein so spannend macht. Wetten, dass den Wein auch (fast) alle Trocken-Trinker gut finden?   

Lagenweine

Auf hohem Niveau geht es weiter. Nun der 2023 Niedermenniger Riesling Sonnenberg feinherb Alte Reben. Der Weinname hat Romanlänge. Doch noch ehe alles vorgelesen ist, ist das erste Glas fast leer. Die Machart wie beim feinherben Ortswein: Satt Restzucker (29 g), satt Säure (9,5 g). Aber die Alten Reben (von 1964) machen halt den Unterschied. Der Wein wirkt reifer, erwachsener, Aromen von reifen Orange, gelbem Obst, Banane, und die Säure sorgt für unverwechselbaren Geschmack, wofür es den schönen Begriff „kernige Saar-Knackigkeit“ gibt. 
Ein kleines Kuriosum ist der 2023 Krettnacher Altenberg Riesling „K“.  Das „K“ steht für Kabinett, ist er aber offiziell nicht. „Die Ernte haben wir verpasst, dann hatten wir über 90° Oechsle, das ist weder Kabinett noch Spätlese“, erzählt Stefan Müller. Mehr Zucker (40 g) und mehr Säure (9,7 g) als der feinherbe machen aus dem „K“ einen Powerwein, vollmundig, kraftvoll, reif. Das „K“ könnte aus für klasse stehen. 

Zwei Kabis

Trinkfluss ist das aktuelle Modewort bei den Kabinett(en). Manchmal stimmt es sogar, wie beim 2023 Krettnacher Riesling Euchariusberg Kabinett und dem Niedermenniger Riesling Sonnenberg Alte Reben Kabinett. Die machen Freude, weil sie alles haben, was Kabinett-Freunde an Kabis mögen: Frucht, vor allem Südfrüchte, Saftigkeit, die schöne Säurespur und natürlich wenig Alkohol (8,5%). Der Kabinett vom Sonneberg ist etwas kerniger, knackiger als der vom Euchariusberg. Freude bringen beide.

Stefan Müller mit Frau Johanna und Sohn Hanno.

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