Ski und Wein sind zwei wunderbare Stichworte. Bin dabei auf Alta Badia in Südtirol gestoßen. Dort soll es Ski Wine Ambassadors geben! Bedeutet Ski und Wein in einer verheißungsvollen Kombi: Mit einem Skilehrer oder Ski-Guide wedelt man durch die Südtiroler Bergwelt und macht Stopp in einer (oder mehreren) Hütte(n). In denen wird Wein probiert und vom Ambassador ist einiges über die Weine erfahren. Wie viele Hütten, wie viele Weine – alles individuell verhandelbar.
Klingt doch super! Erstens gehört Skifahren ohnehin zu meinen Leidenschaften. Zweites schätze ich Südtiroler Weine sehr. Und drittens ist da noch der Faktor Bequemlichkeit. Kein mühsames Pisten- und Lifte-Studium, einfach dem Ambassasor hinterherfahren. Der kennt die besten Hütten – und deren Besitzer! Das kann sehr wertvoll sein, wie sich zeigen soll. Also nichts wie hin nach Alta Badia, wo ich zuletzt vor 29 Jahren mal war, die berühmte Sella Ronda gefahren bin und den Lagrein entdeckt und schätzen gelernt habe. Mit dem Ski Wine Ambassador Patrick Agreiter, 44 Jahre alt, geht es auf die Ski- und Wein-Tour. Wir haben Kaiserwetter, die Pisten sind in bestem Zustand. Natürlich kann ich skifahrerisch mit dem Profi nicht mithalten, er muss immer mal warten. Macht er, aber aufs Tempo kommt es ja gar nicht an. Genuss steht im Mittelpunkt.
Weißburgunder in der Jimmi-Hütte
Nach drei herrlichen Abfahren der erste Stopp: Die Jimmi-Hütte (Refugio Jimmi), geführt von Josef Schrott und seinen Söhnen. 2216 Meter hoch mit herrlichem Blick auf den Sella-Stock. Wir probieren drei Weißburgunder. Vom Weingut Abraham den Weißburgunder vom Muschelkalk 2020. Fast eine Rarität, denn die Reben sind noch auf der Pergola gereift, was in Südtirol immer seltener wird. Lag ein Jahr auf der Hefe, Ausbau erst im Holzfass, dann im Tank. Feiner Wein des kleinen (7 ha) Familienweinguts, das es erst seit 12 Jahren gibt. Beobachten!
Eine große Nummer im Gebiet ist die Kellereigenossenschaft Schreckbichl, 1960 von 26 Weinbauern gegründet. Heute bewirtschaften 300 Familien rund 300 Hektar. Der Weißburgunder Berg Riserva 2021 ist im Holz gereift, knackig und würzig, ein Kerl im Glas. Finale schließlich mit dem Weißburgunder St. Valentin 2010 von der Kellerei St. Michael Eppan. Über 13 Jahre alt und doch in Bestform! Der Wein ist ausschließlichen in gebrauchten Barriques gereift, hat noch erstaunliche Frische und herrliche Vanille-Noten. Großer Wein! Insgesamt ein Klasse-Auftakt.
Querbeet in der Las Vegas-Hütte
Ein paar mal hoch und runter wedeln, dann der nächste Halt: Las Vegas-Hütte. Die liegt 2050 m hoch und bietet auch großartiges Panorama. Nach dem Sattsehen (eigentlich unmöglich) ist wieder Wein Thema. Patrick schlägt einen kleinen Querschnitt vor. Der beginnt mit einer Überraschung: 2022er Kerner vom Weingut Kloster Neustift. Bin kein Fan der Rebsorte, doch dieser Wein gefällt mir. Orange, Pfirsich, Blumen, viele wohltuende Aromen. Kleiner Schock: 14,5% Alkohol, doch der dominiert zum Glück nicht. Dennoch Vorsicht und nur ein Schluck – muss ja noch auf die Piste. In Südtirol wird Kerner auf 200 Hektar angebaut, wie in Deutschland eine Nische.
Nun endlich ein Lagrein, den ich so schätze. Der Lagrein Riserva 2019 vom Flieder Hof erfüllt alle Erwartungen. Fast lila, viele Gerbstoffe, fruchtig, pfeffrig, würzig, nicht zu saftig – ein Lagrein nach meinem Gustus. Nun noch ein Cabernet Sauvignon 2020 von der Kellerei Kaltern. Die gehört mit 440 ha Rebfläche zu den Schwergewichten Südtirols. Notiert sind Unterholz, Cassis, Brombeere, Erde, wirkt weich und samtig. Schmeckt, könnte aber auch aus Frankreich kommen.
11.000 Flaschen in der Bioch-Hütte
Kann es noch Steigerungen geben? Oh ja, sagt Patrick, du wirst staunen. Nach drei herrlichen Ab- und Liftfahrten landen wir an der Ütia Bioch, die Bioch-Hütte. Das Highlight ist neben der Aussicht der Weinkeller der Hütte. Chef Markus Valentini – erhielt 2020 den Weinkulturpreis Südtirols – hat in der Ütia Bioch auf 2079 m Höhe einen Weinkeller bauen lassen, der 1400 Etiketten und über 11.000 Flaschen beherbergt. Einfach sensationell. Was probieren? Mit Weißburgunder begann der Tag, mit dem soll er auch enden. Der Weißburgunder Tecum 2018 vom Weingut Castelfeder ist ein mehr als würdiger Vertreter, knackig, frisch, schlank und doch sehr präsent. Zum Vergleich dann noch ein reifer Weißburgunder, die Riserva 2012 von der Meraner Kellerei (350 Mitglieder/250 ha). Der Wein war im Edelstahl ausgebaut, lag 5 Jahre (!) auf der Feinhefe. Tolle Alterung, goldene Farbe, Trockenobst-Aromen, viel Charisma.
Wir schauen auf die Uhr, es wird Zeit. Aber ein Höhepunkt zum Abschluss muss doch noch sein: Chardonnay Kreuzweg 2018 vom Weingut Castelfeder, das von Günther und Ivan Giovanett geführt wird. Klarer Chablis-Stil (die meisten Chablis können da nicht mithalten), spontan vergoren, 18 Monate im Barrique. Ziel der Giovanetts war, den besten Südtiroler Chardonnay herzustellen. Das dürfte ihnen gelungen sein. Mehr noch: Der Wein wurde zum besten italienischen Weißwein gekürt.
Mit einem Sommelier?
Fazit: Die Kombi Ski und Wein kann einen fantastischen Tag bescheren. Patrick war ein Klasse-Guide, unterhalte mich noch für ein Interview mit ihm. Alles in allem eine super Idee, das mit dem Ski-Wine-Ambassador. Aber Steigerungen sind möglich. In lokalen Tourismusbüros ist das Event „Sommelier on the slopes” zu buchen. Bedeutet ein Skitag begleitet von einem Skilehrer und einem professionellen Sommelier. Während des Programms werden Stopps in Berghütten Alta Badias für eine kommentierte Verkostung eingelegt. Vielleicht später mal …
@Fotos: Uwe Köster (4), Südtirol Wein/Mint Mediahouse (3)
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