Vorab: Perlen aus Südtirol kann leicht zu Irrtümern führen. Denn es geht nicht um Schaumweine aus Südtirol, obwohl es dort auch ganz, ganz feine gibt (Kettmeir!). Und es geht auch nicht um die grandiose Landschaft (Foto). Perlen aus Südtirol meint Entdeckungen von Weinen kleiner, mitunter wenig bekannter Produzenten während einer Tour in Südtirol abseits der großen Namen wie Lageder, Tiefenbrunner, Haas etc. oder den ausgezeichneten Genossenschaften.  

Wieserhof: Weißburgunder 2020 

Völlan liegt auf 700 m Höhe unweit von Meran. Habe beim Spaziergang durch den Ort eine Tafel Weingut Wieserhof mit dem rätselhaften Zusatz “la traversara” entdeckt. Wieserhof? Nie gehört. Spontanes klingeln war erfolglos, niemand da. Aber Glück gehabt. Im ausgezeichneten Berggasthof Bauer am Stein stand ein Weißburgunder vom Wieserhof auf der Karte. Feiner Wein! Elegant, knackig, (weniger als 1 Gramm Restzucker), trotzdem aromatisch mit feiner Frucht nach Zitrus und Holunder. Erfahre, dass der Weißburgunder in Völlan auf 600 bis 700 Metern Höhe wächst. Kurze Internet-Recherche: Familie Wieser bewirtschaftet im Nebenerwerb zwei kleine Weinberge. Einer befindet sich in Völlan in Südtirol und einer liegt in der Nähe von Caprino Veronese in der Nähe des Gardasees. Beide Weinberge verbindet die Höhenlage und sind durch eine 3000 Jahre alten Handelsroute miteinander verbunden – die “la traversara”. Das Projekt gibt es seit 2017. In jedem Gebiet werden je ein Weissburgunder und ein Blauburgunder identisch im Holzfass ausgebaut. Ein Vergleich wäre spannend. 

Dominikus: Weißburgunder 2020

Noch eine feine Weißburgunder-Entdeckung: Weingut Dominikus. Getrunken bei und mit einem Freund. Ein Wein mit enormer Strahlkraft. Wir entdecken Paprika, Mineralität und verspielte Frucht. Dazu ein beachtlicher Körper. Die charmante Holznote kommt von der fünfmonatigen Lagerung von einem Drittel des Weins in neuen Barrique-Fässern. Georg Morandell führt das 5-Hektar-Weingut mit seiner Frau Johanna und Sohn Jakob in Kaltern, die Weine werden ausschließlich ab Hof verkauft. Ein Highlight soll der Weinkeller sein, den Dominikus Morandell, Georgs Vater, in über 30 Jahren in Handarbeit nur mit Pickel und Schaufel gegraben hat. Muss unbedingt mal besichtig werden. Aber da heißt es warten. „Wir haben alle unsere Weine ausverkauft. Deshalb bleibt der Ausschank geschlossen“, heißt es auf der Homepage. Im April geht es mit dem neuen Jahrgang wieder los. 

Peter Dipoli: Fihl 2018 

Peter Dipoli ist natürlich ein bekannter Name in Südtirol. Er ist nicht nur mit der feinen Enoteca Johnson & Dipoli in Neumarkt verbunden, er betreibt auch ein eigenes Weingut (5 Hektar). Habe im Restaurant seine Merlot-Cabernet-Cuvée „Fihl“ getrunken. Eine Traumhochzeit mit einem feinen Hirschbraten. Kurze Aufklärung zu Fihl:  Fihl ist ein alter Flurname für die Felder nördlich von Neumarkt. Mit der Zeit wurde daraus Vill, wo sich auch das Weingut Peter Dipoli befindet. Die Herstellung des Fihl klingt spannend: Die Trauben werden in offenen Gärtanks vergoren, Gärdauer 10 Tage mit zweimaligem „Pigeage“ pro Tag.  Der Säureabbau erfolgt in Stahltanks, danach reift der Wein 12 Monate in zwei- bis dreimal gebrauchten Barriques. Nach weiteren vier Monaten im Betonfass wird der Wein abgefüllt. Das Ergebnis ist großartig! Viel Power und Würze in der Nase, am Gaumen tanzen Brombeeren, Johannisbeeren und Himbeeren, gefolgt von Waldaromen. Es gibt nur 8000 Flaschen…

Kollerhof: Vernatsch 2020 

Einmal in Neumarkt ist es nicht weit nach Mazon, ca. 500 Meter über dem Meeresspiegel gelegen. Das ist klassisches Blauburgunder (oder Pinot Nero)-Gebiet. Etliche Weingüter sind dort beheimatet. So auch der Kollerhof, von dem auch feine Blauburgunder kommen. Aber jetzt ist Marende, wie eine Brotzeit in Südtirol genannt wird. Und zur Marende passt noch immer am besten ein Vernatsch, was auf diesem Blog schon mal gelobt werden musste.  Und wie der Vernatsch vom Kollerhof passt! Überraschend kräftiges Rot, dann die klassischen fruchtigen, frischen Aromen, dazu eine angenehme Würze – der perfekte Partner zu Speck, Kaminwurzen und Käse.  Seit 1965 ist das Gut im Besitz der Familie Visintin, die 4 Hektar Rebfläche umgeben das Weingut direkt. 

Falkenstein – Riesling 2020

Riesling ist rar in Südtirol. Aber es gibt ihn! Zum Beispiel vom Weingut Falkenstein (14 Hektar), der mir von einem Südtirol-Trip 2007 in bester Erinnerung geblieben ist. Jetzt endlich war Gelegenheit, im Weingut vorbeizuschauen und der Frage nachzugehen: Ist der Riesling wirklich top oder wird er Wein in der Erinnerung glorifiziert? Keine Enttäuschung! Der Riesling hat viel zu bieten, Aromen von Marille, Pfirsich und Zitrus zum Beispiel, umrahmt von angenehmer Säure und mineralischen Tönen. Die Reben stehen rund um das Weingut Falkenstein in Naturns auf 600 bis 900 Metern Höhe. Dort sind die Böden mineralreich (Gneis, Schiefer, Granit, Glimmer und Quarz), was Rieslingen viel Charakter gibt. 1995 begann die Familie Pratzner den Riesling zu kultivieren – eine ausgezeichnete Idee!  

Biedermannhof – Lagrein Riserva 2018 

Das „Gourmet Ladele“ in Lana hat einige Südtiroler Weine im offenen Ausschank. Beim Blick auf die Karte fällt der Lagrein Riserva vom Biedermannhof ins Auge. Lagrein als autochthone Rebsorte in Südtirol gehört zu meinen Lieblingen. Habe dutzende gekostet und getrunken, wurde selten enttäuscht. Aber Biedermannhof? Noch nie gehört. Also probieren. Die Farbe: klassisch granatrot mit violetten Reflexen. Die Nase: intensiv nach Bitterschokolade und Veilchen. Der Geschmack: samtig mit weichen Tanninen, ausgeprägter Struktur und nachhaltig. Habe sofort ein Kiste geordert. Der Biedermannhof liegt in Tscherms, unweit von Meran. Dort ist Hannes Innerhofer seit 2015 für den seit elf Gegenrationen im Familienbesitz befindlichen Hof verantwortlich. Die Rebfläche beträgt lediglich rund einen Hektar, fast die gesamte Produktion wird ab Hof verkauft. Glück gehabt! 

Schloss Plars – Yhrn 2019

Dinner im sehr guten Restaurant Reichhalter in Lana. ,Welcher Wein soll’s sein?’, fragt der Service. Als die junge Dame  Yhrn von Schloss Plars vorschlägt, eine Merlot-Lagrein-Cuvée, geht der Daumen hoch. Passt genau ins Beuteschema dieser Tour: Kleiner Betrieb (2 Hektar), mir noch nicht bekannt, klingt aber gut. Und erneut ein Treffer. Die würzige, pfeffrige Note des Lagrein und der Sanftmut des Merlot ergänzen sich wunderbar.  Der Yhrn duftet nach Veilchen und Pflaumen, dazu ein bisschen Leder und Kaffee. Holz ist auch noch da, der Wein lag schließlich 14 Monate im kleinen Eichenfass. Schloss Plars ist ein Schlosshotel und  schmückt sich mit dem Titel „Erstes Weingut in Algund“. Verantwortlich für die Weine ist Winzer Andreas Theiner.  Er macht einen  guten Job.


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