Bin nach einigen vergeblichen Anläufen im letzten Jahr doch ein Freund der Toskana geworden und habe mit dem Chianti Frieden geschlossen. Nun konnte ich beim Weingut-Besuch der Tenuta Monteti eine andere Toskana kennenlernen. Tenuta Monteti liegt in der Nähe des bezaubernden Städtchens Capalbio im südwestlichsten Teil der Toskana, in der Maremma. Die hat mit dem Chianti-Gebiet wenig gemein. In der Maremma sind weniger Touristen unterwegs, es gibt weniger Weingüter, weniger Rebfläche, die Landschaft eher wildromantisch. Das Meer ist nicht weit. Und es gibt andere Weine.   

„Eines der aufregendsten Weingüter“

Steine und Kunst an der Tenuta

Tenuta Monteti ist aus vielen Gründen interessant. Da ist die filmreife Geschichte des Weinguts. Dann das nicht alltägliche Sortenspektrum, keine italienischen Rebsorten sind dabei. Immerhin 30 Hektar Rebfläche, aber nur drei Weine werden produziert. Schließlich sind da noch Eva Baratta und ihr Ehemann Javier Pedrazzini, die den Betrieb führen und eine spannende Vita haben. Vor allem haben sie eine klare Idee von ihren Weinen, die sie so konsequent verfolgen, dass man das nur bewundern kann. Und schließlich heißt es in einem Weinführer zu Tenuta Montenti: „Eines der aufregendsten Weingüter an der Toskanischen Küste.“ Es gibt also einiges zu entdecken. 

„Hier war nichts“

Früher weideten hier Schafe

„Hier war vorher nichts, hier weideten Schafe“, erklärt Javier Pedrazzini mit Blick auf die Rebflächen. Vorher ist die Zeit vor 1998. In dem Jahr verliebten sich sein späterer Schwiegervater Paolo Baratta und dessen Frau Gemma Bracco in diesen Teil der unteren Maremma. Die Gegend war damals für die Erzeugung von Qualitätswein Neuland. Doch beide erkannten, dass dieses kleine Tal, nur 15 km vom Meer entfernt, der Ort ist, um sich den Traum von einem eigenen Weingut zu erfüllen. Das Paar ist Italien durchaus berühmt. Paolo Baratta ist ein politisches Schwergewicht, war in den 1990er Jahren Minister in drei Regierungen. Gemma Bracco feierte Erfolge als Schriftstellerin. Sie engagierten Italiens prominentesten Flying Winemaker Carlo Ferrini als Berater. Zwischen 2001 und 2004 wurden Reben auf 27 Hektar gepflanzt, 2020 kamen drei Hektar hinzu. Das Weingut ließen sie sich vom Architekten Sergio Bracco konzipieren. 

Filmreife Geschichte

Javier Pedrazzini und Eva Baratta

Seit 2010 wird der Betrieb von Paolo Barattas Tochter Eva Baratta und ihrem Ehemann Javier Pedrazzini geführt. Auch die haben eine interessante Vita. Javier wurde in Buenos Aires geboren und war 20 Jahre lang als argentinischer Diplomat tätig. Während seiner Zeit an der argentinischen Botschaft in Rom lernte er Eva Baratta (arbeitete in der Filmbranche) kennen – sie wohnten im selben Gebäude. Eva und Javier verliebten sich und heirateten. Zunächst ging es nach Argentinierin, dann nach London. Im Jahr 2010 beschlossen Javier und Eva, die diplomatische Karriere aufzugeben und sich ganz der Tenuta Monteti zu widmen. Es ging steil bergauf. Höchstwertungen (die berühmten drei Gläser) gab es von Italiens berühmtestem Weinführer Gambero Rosso. Auch Falstaff, Parker, Robinson, Suckling, und wie sie alle heißen, punkteten die Weine hoch. 

Im Weinberg

Der Monteti Hill: Namensgeber der Tenuta

Die Weingärten erstrecken sich aktuell über 30 Hektar Rebfläche, unterteilt in 28 Parzellen, die einzeln bewirtschaftet und vinifiziert werden. Sie liegen auf einer durchschnittlichen Höhe von 145 Meter über dem Meeresspiegel. Der Monteti Hill (420 m hoch), Namensgeber der Tenuta, schützt vor starken Winden des Meeres, sorgt für Ventilation und ein perfektes Mikroklima. Im Sommer kann es extrem heiß werden. Die Böden sind strukturiert aus Stein und Ton, was eine gute Feuchtigkeitsspeicherung gewährleistet. „Wir haben auf einer relativ kleinen Fläche extrem verschiedene Böden. Das ist sehr spannend: Eine Rebsorte, doch sie präsentiert sich auf verschiedenen Böden ganz unterschiedlich“, sagt Javier Pedrazzini.

Nur französische Rebsorten

Weitere Selektion nach der Lese

Die Familie entschied sich von Beginn an für eine große Freiheit in der Wahl der Rebsorten, sodass die Weine als IGT-Weine (Indicazione Geografica Tipica) vermarktet werden. Gepflanzt wurden Cabernet Sauvignon, Petit Verdot, Cabernet Franc, Alicante Bouschet und Merlot, zuletzt kam Mourvedre hinzu. Alle Rebstöcke werden von Hand gepflegt, auch die Lese erfolgt per Hand. Nach der Lese werden die Trauben noch einer weiteren Selektion unterzogen. Kleiner Nebeneffekt: Bei der Bearbeitung der Weingärten stieß man auf riesige Felsbrocken aus Kalkarenit, deren Alter auf bis zu 60 Millionen Jahre geschätzt wird. Die riesigen Steine stehen rund um das Weingut – und zieren auch die Etiketten. 
In diesen Zeiten auch nicht ganz unwichtig: Das Weingut nimmt am V.I.V.A.-Programm des italienischen Umweltministeriums teil und erhielt die Zertifizierung für nachhaltige Landwirtschaft. 

Im Keller

Der Barrique-Keller

Moderner geht es kaum. Der Weinkeller –  mit Edelstahl-Tanks, Barrique-Fässern und Zement-Tanks –  liegt zu zwei Dritteln unterirdisch im Hang und wird natürlich klimatisiert. Die Moste werden mittels Schwerkraft bewegt. Alle Weine werden spontan vergoren. Die Rebsorten (aus den 28 Parzellen) reifen zunächst für ein Jahr getrennt voneinander in Barriques, bevor sie cuvéetiert werden und dann für weitere sechs Monate im Barrique reifen können. Nach der Abfüllung auf die Flaschen ruht der Wein dann für zwei weitere Jahre in den Flaschen, bevor er in den Handel kommt. Eva Barrata zur Philosophie des Hauses: „Wir wollen so wenige Eingriffe wie möglich.“ 
Aktuell ist bei den beiden Rotweinen der Jahrgang 2018 im Verkauf. Der Rosé wird stets frisch vermarktet, aktuell also 2022. Die Gesamtproduktion beträgt rund 130.000 Flaschen, 92 Prozent gehen in den Export, Kanada und die USA sind die wichtigsten Märkte. 

Die Weine

Javier Pedrazzini beim Tasting

Wie schmecken sie denn nun, die Weine? Schöner Satz von Javier Pedrazzini: „Jeder unserer Weine ist ein Botschafter der Region, er vertritt eine Meinung.“ Wie sich herausstellen wird sind es starke Meinungen. Dabei stellt das Weingut nur drei Weine her: Zwei Rote und einen Rosé. Die Rotweine Monteti und Caburnio sowie der Rosé TM sollen jeweils ein Stück Landschaft beschreiben: Monteti verkörpert die Wälder und die riesigen Felsen. Caburnio  verkörpert die mediterrane Vegetation der Gegend mit Blick zum Meer. Und der Rosé TM steht für die Farbe des Sonnenaufgangs und eine sanfte Meeresbrise. Da ist ganz viel Poesie im Spiel. Gut zu wissen: Die Anteile der Rebsorten in den Cuvées variieren von Jahr zu Jahr. 

Der Rosé TM

TM ist leicht zu erklären: Tenuta Monteti. Im Gegensatz zu den Roten, die lange reifen bevor sie vermarktet werden, kommt beim Rosé TM der aktuelle Jahrgang auf den Markt. Der 2022er (70% Merlot, 20% Cabernet Franc, 10% Mourvèdre) macht Spaß, hat Frische, Charakter und ist komplett durchgegoren, also null Gramm Zucker. „Wir sind spät zu Rosé gekommen“, gesteht Javier Pedrazzini. „Ich habe eigentlich nie Rosado getrunken. Aber in Frankreich habe ich Rosé schätzen gelernt, daher auch bei uns die Bezeichnung Rosé.“ Der Typ Wein wurde wohl auch auf drängen der Gastronomie ins Programm aufgenommen. Die Restaurants hätten Monteti-Weine für den Sommer gewollt, sagt auch Signor Pedrazzini. Markteinführung war 2015. 

Der Caburnio

Caburnio ist der Markenname für die Cuvée aus 50-60% Cabernet Sauvignon, 20-30% Alicante Bouschet und 10-20% Merlot.  Caburnio, der „ein Botschafter der Landschaft, mit Blick zum Meer“, wurde erstmals 2004 vinifiziert und 2007 auf dem Markt eingeführt. Konnte einige Jahrgänge probieren und war fasziniert von der Verschiedenheit und Persönlichkeit der Weine. Der aktuell im Markt befindliche 2018er (55% CS, 20% ME, 25% AB) hat eine tolle Nase, Rosmarin und Myrrhe etwa, und verspricht ein langes Leben. Der Caburnio aus dem extrem heißen 2017er Jahrgang hat viel Charisma, wird sofort zum Freund. Schließlich der von 2014, ohne jegliche Alterung, mit erstaunlicher Frische und Aromen von jeder Menge Gewürzen. 

Der Monteti 

Der Monteti ist das Flaggschiff der Tenuta. Die Cuvée besteht aus 40-55 % Petit Verdot, 25-30% Cabernet Franc und 15-25% Cabernet Sauvignon. Erstmals wurde der Wein 2004 vinifiziert und ist 2007 in den Verkauf gelangt. Der Monteti wendet seinen Blick ins Hinterland, zu den Steinen und in den Wald, sagt Javier Pedrazzini. Tatsächlich präsentiert sich der 2018er (50% PV 30% CF 20% CS) dunkel, dicht und intensiv. Schon irgendwie Wald. Dazu viel Persönlichkeit, aber auch erstaunliche Frische. Das Muster der Herstellung: 22 Monate Reife in Barriques, dann der Blend, danach 6 Monate Reife in Zement-Bottichen und schließlich 2 Jahre Flaschenlager. Muss man sich gönnen können. Jahrgang 2017 (55% PV 20% CF 25% CS) duftet nach dunklen Beeren, am Gaumen spielen Tabak und Kakao. Die älteren Jahrgänge (so alt sind sie nun auch wieder nicht) überzeugen durchgängig. Zum Beispiel der aus dem kühlen 2016: Null Alterung, ein Regal an Gewürzen im Gaumen und große Präsenz. Der 2013er zeigt eine herrliche Reife, ist aber noch mega-fit. Großer Wein! Mein Darling war der Monteti 2011 (50% PV 30% CF 20% CS, warmes Jahr): Unendlich viel an Aromen und Botschaften, ein herrliches und ewiges Finale. No end. 

Supertuscans?!

Fazit: Tenuta Monteti ist eine feine Entdeckung. Die Weine gehören sicher in die Kategorie „Supertuscans“, dafür sind sie vergleichsweise günstig. Ab Hof gelten aktuell diese Preise: Der Rosé ist bei 17 Euro, der Caburnio 23 Euro, der Monteti 42 Euro. 
Mit Bewunderung und einem Schmunzeln stelle ich mir vor, wie wichtige Berater den Besitzern empfehlen, einen Einstiegs-Rotwein, der um die 12-15 Euro kostet, zu produzieren. Oder eine heimische Rebsorte ins Portfolio zu nehmen. Oder weiße Experimente anzugehen, um das Spektrum zu erweitern. Und wie dann Eva Baratta und Javier Pedrazzini lächelnd mit dem Kopf schütteln und sagen: „No. Wir verfolgen unsere eigene Idee.“ 
Apropos Idee: Besucher des Weinguts können die Philosophie (partieller Ausbau) im Rahmen des Workshops „Make your own blend“ selbst erleben. Jeder kann seine persönliche Cuvée zusammenstellen und abgefüllt mit nach Hause nehmen. Extrem spannend! Doch das ist eine eigene Geschichte, dazu später mehr auf dem Blog.

Javier Pedrazzini und Eva Baratta vor Rebflächen der Tenuta Monteti.

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