Ein Wein-Test von Betrieben in der Südpfalz ist schon lange fällig. Denn bei der letzten Tour in der Pfalz haben mich vor allem die Rieslinge (nicht nur!) im nördlichen Teil interessiert, etwa von den Weingütern Eymann, Isegrim oder Jul. Ferd. Kimich. Doch die Pfalz ist halt nicht nur Riesling. Wie passend, dass in der schicken Berliner Weinbar Weinlobbyist das Weingut Münzberg aus Godramstein seine Weine präsentierte. Das Weingut Münzberg liegt in der Südpfalz, dort spielt Riesling nur eine Nebenrolle. Also widmen wir uns mal den Weinen, die dort die Hauptrollen spielen. 

Burgunder-Fokussierung

„Wir haben eine klare Burgunder-Fokussierung“, erklärt Friedrich Keßler, Juniorchef des Weinguts Münzberg. Godramstein liegt unweit von Landau, die Böden in der Südpfalz seien für die Burgunder-Sorten geradezu prädestiniert. Trifft explizit auch auf den Münzberg zu, dem Namensgeber und seit 1974 auch Sitz des Weinguts. Aktuell führen Gunter Keßler und Sohn Friedrich den Betrieb gemeinsam.  „Die Zusammenarbeit mir dem Vater klappt. Klar eckt man ab und zu mal an. Aber ich denke, das ist normal“, erzählt der Junior. Der Kellermeister heißt Nico Keßler und ist übrigens nicht mit Gunter und Friedrich Keßler verwandt.  
Familie Keßler bewirtschaftet 18 Hektar Rebfläche, seit 2001 ist das Weingut Münzberg VDP-Mitglied. Der Godramsteiner Münzberg hat den Status Große Lage. Die Lagen Schneckenberg, Ochsenloch, Kalkgrube, Affolter und Stahlbühl sind nach VDP-Klassifizierung Erste Lage. Apropos Erste Lage. „Die wird immer noch unterschätzt“, glaubt Friedrich Keßler. „Für mich ist das ein Premier Cru.“ Auch interessant: „Alle unsere Lagenweine haben stets weniger als ein Gramm Restzucker.“ 
Die meisten Weißweine gären und reifen in Stahltanks. Rotweine und Chardonnays werden in Holzfässern, teilweise in kleinen Barriques ausgebaut. Gibt es so etwas wie den typischen Münzberg-Stil? Charmante Antwort von Friedrich Keßler: „Wir wollen, dass die Leute sagen, der Wein schmeckt nach Südpfalz.“ 

Das Team vom Weingut Münzberg (v.l.): Kellermeister Nico Keßler, Friedrich Keßler, Marketingchef Florian Werner, Gunter Keßler

Feine Weißburgunder 

Nun ist einiges zum Weingut Münzberg gesagt, es wird Zeit für die Weine. Zur Erinnerung: klare Burgunder-Fokussierung! Los geht’s im Wein-Test mit dem Weißburgunder Godramsteiner Ochsenloch 2021. Der duftet klassisch nach gelben Früchten, hat kräutrige Spuren, eine feine Säure, auch Mineralität.  Feiner Beginn. Der Weißburgunder vom Ochsenloch 2016 ist der größere Bruder. Klar, reife gelbe Früchte, dazu Aromen aus dem Garten. Als das Stichwort Olivenöl fällt kommen keine anderen Assoziationen mehr. Feiner Wein!  
Die Weißen Burgunder Schlangenpfiff vom Münzberg stehen in der Klassifizierung eine Etage höher. Kurz zu Schlangenpfiff: Der war ein eingetragener Lagen- bzw. Parzellenname im Münzberg, ist mit der Gebietsreform aber verschwunden. Als Markenname für Weine vom Münzberg wird er aber noch immer verwendet. Der 2021er zeigt sich schon sehr rund und schmelzig. Auch hier die typischen reifen gelbem Früchte, die Säure passt. Aber klar, reifer ist (für mich) immer besser. Da muss der 2017er Münzberg Weißburgunder Schlangenpfiff gepriesen werden. Feine Reife, erstaunliche Frische und viel Intensität – passt alles fein zusammen.  

Anti-Mainstream Grauburgunder 

„Grauburgunder haben wir schon immer auch als Lagenwein gesehen“, sagt Friedrich Keßler. Zum Glück, möchte man sagen. Offizieller Name des Weins: Godramsteiner Schneckenberg Grauer Burgunder 2021 VDP Erste Lage – würzig, knochentrocken und trotzdem viel Geschmack. Kühle Frucht und so weiter. Wegen des nur marginal vorhandenen Restzuckers nicht unbedingt ein Mainstream-Grauburgunder, aber gerade deshalb sehr spannend. Dann hatten die Keßlers noch einen Grauburgunder vom Schneckenberg 2014 im Gepäck. Fast zehn Jahre alt – aber von Alter kaum Spuren. Im Gegenteil. Erstaunliche Frische, viel Power, tolle Reife, Holznoten, herbe Frucht, Nüsse, Tabak? Wer sich länger mit dem Wein beschäftigt findet noch mehr.  

Knackiger Chardonnay 

Beim Chardonnay kann ein Winzer wenig falsch machen – oder ganz viel. Im letzteren Fall werden sie einfach nur langweilig. Ist der vom Weingut Münzberg überhaupt nicht. Der Godramsteiner Stahlbühl Chardonnay 2020 hat eine knochentrockene aber dennoch markante Frucht, dazu einige Power. Säure und Holz spielen charmant mit. Der 2017er Chardonnay von der gleichen Lage hat die klassische Chardonnay-Buttrigkeit, Aromen von reifem gelbem Kernobst, dazu eine feine Orange-Note. Manche der Mitverkoster entdecken Tabak, habe ich nicht gefunden.  

Königsdisziplin Spätburgunder

Spätburgunder scheint die Königsdisziplin im deutschen Rotwein-Kosmos. Ja, es gibt viel Durchschnitt, aber auch echte Klasse. Die vom Weingut Münzberg gehören zu letzterer Kategorie. Der Godramsteiner Affolter Spätburgunder 2019 ist ein großer Wurf. Der Lagenname Affolter rührt aus seiner Vergangenheit als Apfelplantage. Gut, dass dort nun Reben gedeihen. Der Spätburgunder ist weich und würzig, saftig und gehaltvoll, toll balanciert. Die üblichen Früchte (rote Beeren, Pflaumen) sind präsent, aber nichts dominiert. Der 2017er Spätburgunder Affolter wirkt im Vergleich dazu fast schlank, hat mehr Eleganz. Der ist halt kein Sonnyboy mehr. Eher ein feiner Herr.  

Was kann da ein Spätburgunder aus einer großen Lage noch draufsetzen? Geschmacksache. Mir hat der Münzberg Spätburgunder Schlangenpfiff 2019 gut gefallen. Der Wein ist 18 Monate in Barriquefässern aus Erst-, Zweit- und Drittbelegung gereift. Gekonnt gemacht, denn die Holznoten sind sehr moderat, die Tannine smart. Spannend ist die Aromen-Entdeckungstour: Dunkle Beeren, Nüsse, Kräuter, Schokolade, Marzipan, es wird immer mehr, je länger man sich mit dem Wein unterhält. 
Wohin die Reise gehen kann zeigt der Münzberg Spätburgunder Schlangenpfiff 2011. Ein sehr erwachsener Wein mit viel Charisma. Typ lebensfroher Gentleman. Reife Frucht (Pflaumen!), Gewürze (Rosmarin), einiges an Power. Zum Thema Spätburgunder sagt Friedrich Keßler: „Beim Spätburgunder gibt es viele Schrauben, an denen man drehen kann.“  Offenbar wird an den richtigen gedreht. 

Sollte ich mal wieder in Pfalz unterwegs sein, ist einen Abstecher nach Goldramstein zum Weingut Münzberg Pflicht. Sie machen ja doch einen Riesling. Interessiert mich schon, wie gut die Nebenrolle besetzt ist.  @Fotos: Weingut Münzberg

Lese im Weingut Münzberg

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