Eine feine Idee bei den Iphöfer Weinfreundschaften 2023 war die Präsentation junger Winzer und Winzerinnen aus Franken, die sich auf Naturweine spezialisieren. Naturweine (nicht nur aus Franken) liegen voll im Trend, das zeigte sich auch beim vornehmlich jungen Publikum in Iphofen. Ich finde Naturweine – auch Orange-Weine – extrem spannend und eine wunderbare Bereicherung der Weinwelt. In hippen Bars vor allem in Großstädten sind sie derzeit extrem angesagt.

Was sind Naturweine?

Der Begriff Naturwein ist nicht geschützt und lässt einige Interpretationen zu. Generell gilt, dass der Mensch so wenig wie möglich in den Prozess der Weinbereitung eingreift. Ganz ohne geht es nicht, denn dass die Traube von allein ins Fass oder die Amphore springt, ist meines Wissens noch nicht vorgekommen. Eine ausführliche Abhandlung würde hier zu weit führen und vielleicht auch langweilen. Deshalb nur ein paar Stichworte: Die Arbeit im Weinberg erfolgt nach biologischen oder biodynamischen Richtlinien. Handlese ist Standard,  genauso wie Spontangärung, also der Verzicht auf Reinzuchthefen. Naturweine sind unfiltriert (deshalb oft leicht trüb und enthalten Feinpartikel) und ungeschönt. Beim Schwefel scheiden sich die Geister. Einige Weinbereiter arbeiten ganz ohne Schwefel, was ein hohes Risiko bedeutet. Die meisten setzen geringe Mengen Schwefel ein, was kein  Problem ist und die Weine haltbarer macht.

Glanz und Elend

Habe bei Naturweinen Glanz und Elend erlebt. Da waren tolle Tropfen dabei, zum Beispiel der Tsitska von Baia’s Wine aus Georgien, vielleicht dem Mutterland der Naturweine. Was das „Elend“ betrifft: Es ist schon passiert, dass ein offensichtlich fehlerhafter Wein als Naturwein deklariert wurde/wird, mit dem Zusatz: „Das muss so sein, das ist die Natur!“  Von solchem „Elend“ konnte bei den präsentierten Naturweinen aus Franken keine Rede sein. Habe 26 Naturweine von mehreren Betrieben probiert.
Hier meine Top Ten (ohne Reihenfolge): 

Franziska Schömig

Franziska Schömig

Winzerin Franziska Schömig aus Rimpar hatte einen vorzüglichen Rosé am Kobel 2021 dabei. Gemacht vom Portugieser, spontan vergoren, 6 Monate Vollhefelager im Edelstahl, unfiltriert und mit minimalem Schwefeleinsatz. Das Ergebnis ist ein knochentrockener (weniger als 1 Gramm Restzucker), leichter und luftiger Rosé, der viel Freude macht. Fast im gleichen Stil der Müller-Thurgau 2021, wie gehabt spontan und infiltriert, und wie beim Rosé irgendwie leicht, luftig, lebendig. Auch der PetNat Schaumwein 2022 macht Spaß. Müller-Thurgau und Bacchus sind zusammen gepresst und vergoren, dann mit 10 Gramm Restzucker auf die Flasche gebracht. Es gibt nur 1300 Faschen davon, mittlerweile sicherlich weniger.

Wein Goutte 

Christoph Müller, Emily Campeau

Wein Goutte heißt das Projekt von Christoph Müller und seiner kanadischen Partnerin Emily Campeau. Er hat Oenologie studiert, sie war Weinchefin eines Restaurants in Montreal. Die beiden haben sich 2018 in Österreich kennengelernt, sind 2021 nach Franken gezogen und bewirtschaften mit Linda und Erhard Haßold 3,5 Hektar Reben im Weinhof am Nussbaum in Willanzheim. Dort haben sie offensichtlich eine kleine Naturwein-Spielwiese. Die Weine sind sehr speziell und gewiss polarisierend. Den Einstieg mit Passion Fruit 2021 – eine Cuvée aus Muscaris + Johanniter + Müller-Thurgau + Weißburgunder – habe ich unter Eingewöhnung verbucht. Mehr hat mir die Cuveé Regent + Dornfelder imponiert, „Puffy Shirt“ wird der Wein genannt. Noch spannender „Wermoute Batch“, eine Cuvée aus Müller-Thurgau und Johanniter, dazu Tresterbrand und diverse Kräuter. Der erste Natur-Wermut meines Lebens, und der hat Eindruck gemacht. Klingt alles irgendwie schräg. Ist es auch, aber das kann man auch mögen. 

Gut Wilhelmsberg 

Lukas Herrmann

Der Name des Weinguts Gut Wilhelmsberg in Kitzingen ist noch relativ jung. Der schwäbische VDP-Winzer Markus Heid hat gemeinsam mit Lukas Herrmann 2018 das traditionelle Weingut Wilh. Muschel jr. übernommen und in Gut Wilhelmsburg umbenannt. Eigentlich ein klassischer Weinbaubetrieb. „Doch wir tasten uns langsam vor“, sagt Lukas Herrmann. Seit 2021 ist das Weingut Bio-zertifiziert. Man gönnt sich neben der „klassischen“ Weinproduktion auch Naturwein-Projekte. Der Sekt Silvaner Brut Nature 2019 – 33 Monate auf der Hefe und klassischen Flaschengärung – ist ein feines Beispiel. Star der Selektion war für mich der Minimalist trocken 2021 – 70 Prozent Silvaner + 30 Prozent Roter Traminer.  Ein leicht verständlicher Orange-Wein mit viel Charisma. Auch nicht schlecht und nicht 08/15: Kitzinger Wilhelmsburg Spätburgunder 2020 aus über 40 Jahre alten Reben. Der Wein lag ein Jahr im Barrique, präsentiert sich schlank und elegant. Und hat gewiss noch ein längeres Leben.

Unbedingt zu erwähnen ist noch der (oder die?) Anarchie 2021, den Laura Seufert vom Weingut Seufert in Iphofen präsentierte. Ein Heimspiel also für die junge Winzerin. Der Silvaner lag vier Wochen auf der Maische, unfiltriert natürlich, bringt viel Geschmack und Intensität mit. Macht Eindruck!


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