Petra Wiegel

Churfranken? Gilt (noch!?) als Geheimtipp. Denn so mancher Weintrinker dürfte davon noch nie gehört haben, obwohl die Region Teil des Weinanbaugebietes Franken ist. Franken ist Silvaner-Paradies. Neuerdings kommen von dort auch bemerkenswerte Naturweine. Aber Churfranken, das sich zwischen Spessart und Odenwald entlang des Mains von Aschaffenburg bis kurz vor Würzburg erstreckt, hat mehr zu bieten. Für den Weinbeobachter war Petra Wiegel zum ersten Mal in Churfranken unterwegs – und sofort begeistert. Nicht nur wegen des Slogans der Region: „Leben Sie langsam“, was für passionierte Weingenießer perfekt klingt. Auch die Weine überzeugen. Vier Weingüter wurden auf einer Weintour erkundet.

Weingut Giegerich, Großwallstadt

Klaus Giegerich mit Gebietsweinkönigin
Eva Brockmann

Der Besuch des Weingutes Giegerich beginnt in der eigenen Häckerwirtschaft – fränkisch für Besenwirtschaft oder Straußwirtschaft. Die Kultur der Häckerwirtschaften ist eine alte Tradition in Churfranken.
Erster Wein im Glas ist ein alkoholfreier Wein der 13 „Frank & Frei“-Winzer mit dem passenden Namen „Komma, nix“. Ein frischer, noch leicht moussierender Wein, der bei der Hitze des Tages gut ankam. Wie zu erfahren ist, belegte er bei einer Verkostung von 150 fränkischen alkoholfreien Weinen Platz 3. Die Versuche, Wein dem Alkohol zu entziehen, können sich inzwischen sehen lassen. Aber es geht trotzdem nichts über einen echten Wein, was Winzer Klaus Giegerich bei einer Verkostung an seiner idyllisch gelegenen Weinbergshütte im Pitztal eindrucksvoll beweist. Anständige, trinkbare Weine, die allesamt überzeugen. Herausragend mundet ein 2021er Silvaner Alte Reben, der durch Spontanvergärung im Betonei entstanden ist. Kräftige Aromen von Quitte und Hagebutte. Auch der 2021er Klingenberger Spätburgunder „Steinterrassen“ ist ein Genuss! Der karge Buntsandstein-Verwitterungsboden verleiht dem Wein sehr viel Charakter.

Weingut Höflich, Großostheim

Winzer Frank Höflich schenkt Secco ein

Empfang durch den Winzer Frank Höflich im 12 Hektar großen Familienweingut. Ein Secco aus einer Cuvée von Bacchus, Müller-Thurgau und Riesling stimmt sommerlich leicht auf die Kellerbesichtigung ein. Die Kellermeisterin aus Südafrika führt. Die Rebsortenvielfalt von Churfranken spiegelt sich auch im Weingut wider. Dazu kommen einige Piwi-Reben. Die Landschaft ist leicht hügelig, die Bewirtschaftung der Weinberge maschinell durchführbar. 
Auch hier Verkostung der Weine inmitten eines herrlichen, versteckt gelegenen Weinberges unter einer Weinlaube. Hervorzuheben aus einem sehr guten Portfolio sind zwei Weine: eine weiße sowie eine rote Cuvée. Sie werden unter der Bezeichnung „Teste Matte“ als europäischer Wein vertrieben. Die Weine sind ein Kooperationsprojekt fünf ehemaliger Weinbau-Studenten, die jetzt in Churfranken, Italien und Istrien leben. Frank Höflich gehört dazu. Ausgesprochen köstlich! Gehört in die Kategorie Geheimtipp.

Weingut Stich, Bürgstadt

Gerhard Stich mit seinem Silvaner im Bocksbeutel

Bei Bürgstadt sind die Weinlagen schon sehr viel steiler! Der Main hat sich tief in den anstehenden Buntsandstein eingegraben. In Bürgstadt gibt es sieben Weinbaubetriebe, die insgesamt 68 Hektar bewirtschaften. Sie können auf einen gemeinsamen Maschinenpool zurückgreifen, erzählt Gerhard Stich nicht ohne Stolz. Das Weingut Stich mit seinen insgesamt 10 Hektar bewirtschaftet Steillagen im Centgrafenberg und Hundsrück. Dort wächst der beste Spätburgunder Churfrankens. Dieser und Müller-Thurgau sind die wichtigsten Rebsorten des Weingutes. Besonders zufrieden macht es Winzer Gerhard Stich, dass nun auch die Nachfolge des Betriebes auf den Weg gebracht ist. Beide Söhne sind eingestiegen. 
Bei der Verkostung der Weine überzeugen zwei Weine besonders: Ein 2022er Silvaner Kabinett (Prichsenstadt), mineralisch und kraftvoll. Schließlich ein 2019er Frühburgunder vom Centgrafenberg, der samtig und harmonisch die Kehle hinunterfließt.

Kremers Winzerhof, Großheubach

Winzer Uli Kremer am Tresen der neuen Vinothek

Jungwinzer Uli Kremer begrüßt freundlich in der neu gebauten Vinothek des Familienweingutes in Großheubach. Er ist 2014 in den elterlichen Betrieb eingestiegen. Die Weine wachsen alle im Großheubacher Bischofsberg, insgesamt sind es 50.000 Reben, direkt am Main. Der sympathische Winzer vermarktet seine Weine auch überregional, exportiert nach Island, Dänemark und Schweden. Die Reben für den 2022er Weißburgunder Kabinett sind 40 Jahre alt und stehen auf Buntsandstein. Der körperreiche Wein überzeugt durch einen Cocktail exotischer Früchte. Ein großartiger Wein! Sehr rund und füllig kommt der 2020er Chardonnay aus der Premium-Linie des Weingutes ins Glas. Er hat eine schöne gelbe Farbe, dazu eine zarte nussige Note. Der Goldmedaille der fränkischen Weinprämierung macht er alle Ehre. Auch der 2021er Frühburgunder überzeugt.

Fazit: Echte, schöne Entdeckungen also in einer bisher kaum bekannten Region. Soll das wirklich veröffentlicht werden? Irgendwann ist Churfranken dann wohl kein Geheimtipp mehr …


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