März 2022, Besuch bei Matthias Hey in seinem idyllischen Weingut zwischen Naumburg und Bad Kösen. Der bald 40 Jahre alte VDP-Winzer erzählt von Neuigkeiten und Plänen. Ein Interview muss natürlich auch sein. Das haben wir vor knapp acht Jahren an gleicher Stelle schon mal gemacht, damals allerdings weniger umfänglich. Interessant ist der Vergleich der Antworten mit denen vom Juni 2014 allemal… 

Was ist für Sie ein guter Wein?
Das ist ein Wein, der zur Situation passt. Leichte Gutsweine zum Beispiel passen gut auf die Terrasse. In  so einer Situation ist das ein guter Wein. Für den Kamin könnten wir nur ein Spätburgunder Großes Gewächs aufmachen, dann ist das der gute Wein. Es ist immer situationsbedingt.

Erinnern Sie sich noch an den ersten Wein, den Sie getrunken haben?
Ja, wahrscheinlich war es ein Wein, den ich als Kind vom Wohnzimmertisch meiner Eltern stibitzt habe. Das war ein süßer Wein. Zum Glück, deswegen habe ich als Kind sehr positive Erinnerung daran. Der hat nämlich geschmeckt. Dann kam eine lange Durststrecke, aber das Thema Wein war schon mal positiv besetzt.

Gibt es den einen unvergesslichen Wein?
Nein, den gibt es nicht. Als Winzer trinkt man ja wirklich viel Wein. Und da es gibt immer wieder Weine, die einen fesseln. Die man tagelang noch schmeckt und im Kopf behält. Und sich fragt, was hat sich der Winzer, die Winzerin dabei gedacht. Da gibt es nicht das Erweckungserlebnis. Aber es gibt viele, viele Weine, die in Erinnerungen sind und mich als Weinmacher natürlich auch prägen.

Was zeichnet Weine aus Saale-Unstrut aus?
Für mich ist Saale-Unstrut immer noch ein unheimlicher Innovations-Spot für Weinbau. Das wird auch noch eine Weile so bleiben. Wir haben immer noch nicht so richtig eine Leitrebsorte. Wir haben viele neue Betriebe, die in den letzten 30 Jahren entstanden sind, und immer wieder entstehen neue. Saale-Unstrut ist das Gebiet, das sich immer weiter entwickelt und neu definiert. Das ist ja positiv für mich. Alle anderen Klischees kann man austauschen, ob es die Sorten sind oder Frische oder Terroir. Oder nördliches Klima, das hat man in Südschweden viel mehr als bei uns. Der Unterschied zu anderen etablierten Regionen ist, dass wir keine ausgetretenen Pfade haben, sondern immerzu am suchen sind, wo unsere Identität wirklich liegt. Und das ist spannend. 

Wie würden Sie Hey-Weine charakterisieren?
Das überlasse ich denen, die sie trinken. 

Wie sind Sie überhaupt zum Wein gekommen?
Ich hatte ja diese frühkindliche Erfahrung… Spaß beiseite, es gab ja dann den Weinberg, den meine Eltern 2001 gekauft haben. Ein Hektar. Nach meinem Abitur wusste ich nicht so richtig, wo ich beruflich hingehöre. Viele meiner Freunde haben Medizin oder Literaturwissenschaft studiert. Dda habe ich gedacht, das könnte auch was für mich sein. Dann kam in dieser Findungsphase der Weinberg. Da habe ich gemerkt, das ist etwas, das mich ausfüllen und erfüllen könnte. Die Arbeit in den Steillagen, die ich als Schüler kennengelernt habe, das hat mir Spaß gemacht. Das hat mich zum Weinbau gebracht. Dann kamen Geisenheim, Auslandserfahrungen und so weiter. 

Wie hat sich die Weinwelt in den letzten 40 Jahren verändert?
Es gibt bestimmte Trends zu Ursprünglichkeit, eine Suche zur Authentizität. Es wird ja immer wieder erzählt, dass Wein authentisch schmecken soll. Aber oft ist es nur eine Floskel. Letztendlich schmeckt der eine Wein dann doch so ähnlich wie beim Nachbarn. Es gibt die Suche nach wirklicher Identität und Handschriften, die schmeckbar sind. 

Was ist in Zukunft zu erwarten?
Ich hoffe, es gibt keinen Trend zur Prohibition. Klimawandel ist sicher ein Thema, das uns beschäftigen wird. Ansonsten denke ich, dass sich die Weinregion weiter positiv weiter entwickeln wird. Ich habe nicht das Gefühl, dass es uns so ergeht wie anderen Regionen, wo Rebflächen rückläufig sind oder dass es hier stagniert.  

Denken Sie angesichts des Klimawandels auch an andere Rebsorten?
Nein, so schlimm ist es zum Glück nicht. Selbst wenn der Klimawandel galoppiert, ist er trotzdem so langsam, dass man innerhalb eines Winzerlebens dramatische Änderungen mitbekommt. Aber die sind noch nicht so dramatisch, dass man innerhalb der 20,30, 40 Jahre Rebstöcke schnell eliminiert. Hier ist es eher so, dass man in andere Regionen viel früher liest, dass man durchaus schon im August mit der Lese beginnt. Und dass die Lese im Oktober auch schon abgeschlossen ist. Das ist ein Trend. Aber das ist nicht unbedingt schlimm, darauf kann man reagieren. Die Rotweine, die hier entstehen, haben mittlerweile südländischen Charakter.

Schraub-, Kork- oder Glasverschluss?
Ganz klar Schraubverschluss, bis auf ganz wenige Weine. Eigentlich mögen wir Kork. Aber die Fehlerquote bei Kork ist immer noch groß, dass wir es unseren Weinen oder unseren Kunden nicht antun wollen.

Was wird täglich entkorkt?
Wir arbeiten uns immer noch sehr an Deutschland ab. Es gibt immer einmal im Monat ein VDP-Probierpaket, das nehmen wir sehr gerne war. Da schauen wir schon sehr, wo wir mit unseren Weinen stehen. 

Zum besonderen Anlass?
Dann ist es ein großes Gewächs. 

Mit wem würden Sie gerne mal ein Glas Wein trinken?
Hätte ich gerne mit Alfred Biolek gemacht, aber das geht leider nicht mehr. 

Gibt es den idealen Wein?
Das ist ja Philosophie. Den idealen Wein gibt’s  nicht. Das Ideal eines Weines gibt es schon. Für jeden Wein, den ich mache, gibt es die Idee, das Ideal. Daran arbeite ich mich ab. Manchmal ist das Ziel ganz klar definiert, manchmal steht das Ideal noch irgendwie im Raum. Den idealen Wein muss es sogar geben. In der Realität wird es ihn aber nicht geben. Es gibt natürlich die Jahrgänge und die Zufälle, wo man eine Punktlandung hin legt und der Wein an sich so toll ist, dass man nichts ändern muss. Aber gerade wenn man das Ideal im Kopf hat, hat man meist irgendetwas, wo man sagt, das muss noch, das könnte noch… Deshalb ändert sich das Ideal im Laufe der Zeit. 


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