Da gibt es keine zwei Meinungen – an den Feiertagen müssen besondere Weine ins Glas. Erst recht bei einem bekennenden Weihnachts-„Fan“, im Marketing-Sprech der Branche ist von „Weinnacht“ die Rede. Passt. Was aber gehört in die Kategorie besondere Weine? Klar, Champagner, Bordeaux-Crus oder Kultweine, da ist es nicht schwer, was passendes zu finden. Ich habe eine andere Strategie. Es werden an den Feiertagen die Weine getrunken, die im abgelaufenen Jahr am meisten beeindruckt haben und die mit einer besonderen Geschichte verbunden sind. Eine Überraschung muss auch dabei sein. Dass diese Weine auch qualitativ weit oben stehen, versteht sich von selbst. Das sind meine Weine für die Feiertage:
Ein Klassiker von der Mosel
Brauneberger Juffer Sonnenuhr, Riesling Spätlese, Wwe. Dr. H. Thanisch – Erben Müller-Burggraef, Bernkastel-Kues
Dieser Wein hat aus einer bekennenden Nicht-Riesling-Trinkerin eine Riesling-Freundin gemacht. Da ist die Mission ganz praktisch geglückt. Das ging als Riesling-Wunder in die Geschichte der Weinbeobachterei ein. Und weil es mit jener Riesling-Freundin an den Feiertagen ein Treffen gibt, müssen die Erinnerungen aufgefrischt werden. Ein Riesling von einer berühmten Lage (die Steillage Juffer Sonnenuhr ist das gewiss) und einem renommierten Weingut (Wwe. Dr. H. Thanisch – Erben Müller-Burggraef ist das auch gewiss) ist da natürlich Pflicht. Die Spätlese verdient ihren Namen, hat mit 80,2 Gramm Restzucker eine präsente Süße, aber die Säure hält tapfer mit. Die Aromen von Trockenfrüchten oder tropischen Früchten haben Freunde charaktervoller Spätlesen schon beim Tasting im Sommer begeistert. Eine sichere Sache. Jetzt müsste es nur noch knackig kalt werden. Nach einem ausgiebigen Spaziergang wäre diese Spätlese genau das Richtige.
Ein Chardonnay aus dem Burgenland
Chardonnay Gloria, Kollwentz, Großhöflein
Der Chardonnay vom Weingut Kollwentz aus dem Burgenland gehört in die Champions League. Die klassische, kräftige grün-gelbe Farbe, die würzige, intensive Nase, die feine Struktur, die Finesse, die lange Präsenz – alles stimmt. Ein toller Wein. Doch große Chardonnays gibt es einige, die Geschichte ist in dem Fall eine andere. Kann es einen magischeren Moment geben, als in der Ried Gloria mit einem Glas dieses Chardonnays von der Geburt des ersten Enkelkindes zu erfahren? Gloria! Kann es nicht. Deshalb kommt der Chardonnay Gloria an den Feiertagen auf den Tisch, die passende Speisebegleitung (Krustentiere) ist kein Problem. Dass in der Werbung die Weine von Heidi und Andi Kollwentz „als leuchtende Sterne am österreichischen Weinfirmament“ bezeichnet werden, rundet die Sache so richtig ab. Sterne, Weihnachten, Geburt, Gloria – das wird jetzt schon fast kitschig.
Eine Überraschung vom Douro
Tawny Port 20 Years, Quinta de la Rosa, Pinhao
Der Report „Perlen vom Douro“ hat eine ordentliche „Einschaltquote“. Angenehmer Nebeneffekt: Ein Kollege outete sich als großer Port-Fan, brachte vom Kurzurlaub im Douro-Tal einen Tawny Port 20 Years von der Quinta de la Rosa mit. „Musst du unbedingt kennenlernen.“ Das passiert an den Feiertagen garantiert. Weiß natürlich noch nicht, was mich da genau erwartet. Die Theorie verspricht viel. Das Familienweingut Quinta de la Rosa liegt direkt am Douro. Tawny wird jedes Jahr hergestellt, ausschließlich aus eigenen Trauben der traditionellen Rebsorten Touriga Nacional, Touriga Francesa, Tinta Barroca und Tinta Roriz. Deren Trauben werden auf der Quinta de la Rosa noch traditionell mit den Füßen in großen Granitbecken eingemaischt und ihr Wein reift anschließend in 550 Liter fassenden Holzfässern. Ergebnis soll ein reicher, eleganter Port mittleren Körpers sein, der nach reifen Pflaumen duftet, nach getrockneten Früchten, Feigen, Honig und gerösteten Mandeln. Bin gespannt!
Ein Hammer aus Südfrankreich
La Boda, Domaine d’Aupilhac, Montpeyroux, Languedoc
Eine Erinnerung an Urlaubstage muss sein. Und wie es sich für die Feiertage gehört, wird ganz nach oben gegriffen. Domaine d’Aupilhac in Montpeyroux ist ein großer Name und Platzhirsch am Ort. Die Besitzer Sylvain und Désirée Fadat wirtschaften biologisch, vom Weingut kommt eine Reihe hervorragender Tropfen. Der 23 Monate im Holzfass gereifte La Boda hat am meisten imponiert, drei Sterne plus. Ein Feuerwerk an Aromen, rote Früchte, Himbeeren und Stachelbeeren etwa, Gewürze wie Zimt oder Pfeffer, alles balanciert, nichts dominiert. So wie es bei la Boda sein sollte – denn der Name ist spanisch und bedeutet Hochzeit. Gemeint ist in dem Fall die der neu erworbenen Lage Cocalières (wo der Syrah herkommt/45%) mit dem Aupilhac-Terroir (liefert den Mourvèdre/45% und den Carignan/10%). Ob der Wein zu Hause genau so schmeckt wie vor Ort? Habe keine Zweifel.
Eine Entdeckung aus der Rioja
Valenciso Reserva, Compañia Bodeguera Valenciso, Ollauri, Rioja
Der Wein war die Entdeckung bei einem Tasting „Best of Rioja“. Mit der Erfahrung von mehr als 20.000 getesteten Weinen kann eigentlich so schnell nichts mehr überraschen, der Valenciso-Rioja hat es geschafft. Der Name Valenciso generiert sich aus den Nachnamen des Paares Luis Valentin und Carmen Enciso, sie produzieren nur diesen einen Wein. Und zwar ganz klassisch, das Wort altmodisch ist in dem Fall ein hohes Lob. Hundert Prozent Tempranillo. Gärung in Betontanks, weil erschütterungsfrei. Im Keller gibt es keine Edelstahltanks. Dann 17 Monate Reife in Barriques und weitere 19 Monate auf der Flasche. Ein Bilderbuch-Rioja, stimmig und charismatisch. Kleiner Nachteil: Eine Überraschung ist bei dem Wein nicht mehr möglich.
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