Beim letzten Besuch der griechischen Insel Santorin 2013 war die Dynamik der dortigen Winzer-Szene auffällig. Nach der aktuellen Visite muss gesagt werden: Das Tempo hat sich erhöht. Statt 13 gibt es auf Santorin mittlerweile 17 Winerys und das dürfte noch nicht das Ende der Fahnenstange sein. Es wird kräftig investiert. Das Marketing ist noch professioneller, eine Weinstraße wurde kreiert, (fast) alle Weingüter sind gut zu finden und zu besichtigen, überall sind Tastings (zu moderaten Preisen, mitunter auch gratis) möglich. Das Ambiente ist fast immer spektakulär. Note 1 für den Weintourismus.

Aber auch die Weine haben hohes Niveau. Von der lokalen Star-Rebe Assyrtico bin ich seit dem ersten Besuch vor zwölf Jahren Fan – und wurde wieder nicht enttäuscht. Der Aidano, die zweite wichtige weiße Rebe auf der Insel, war diesmal so gut wie noch nie. Habe auch den Mavrotagano – die wichtigste rote Sorte – noch nie so in Form erlebt wie in diesem Jahr. Klarer Aufwärtstrend, was allerdings auch für die Preise gilt.

Zu den Weingütern ist in dem letzten Beitrag schon viel gesagt. Einige Veränderungen und Neuigkeiten gibt es aber doch – deshalb das kleine Update.

Vassaltis

Vassaltis VineyardsVassaltis Vineyard  heißt ein neues Weingut im Norden der Insel nahe Oia. Da hat jemand nicht gekleckert, sondern geklotzt, die stylische Winery wurde erst im Mai 2016 eröffnet, der Bau ist noch nicht ganz fertig. Investor Yannis Valambous ist erst 35 Jahre alt. Vier Hektar Rebfläche werden selbst bewirtschaftet, von weiteren zehn Hektar kommen Reben über Pacht bzw. Zukauf,  2014 war der erste Jahrgang. Ilias Roussakis heißt der Kellermeister, „Winemaker“ im internationalen Terminus, ein engagierter und kenntnisreicher Profi. Das aktuelle Portfolio  umfasst fünf Weine: Nassitis 2015, eine weiße Cuvée für warme Tage, der 2015er Assyrtico,  ein 2015er Assyrtico mit zweieinhalb Monaten Reife im Barrique und neun Monaten im Holzfass, der Premieren-Wein 2014 Assyrtico und schließlich der 2015er Aidani. Die Assyrticos verdienten alle sehr gute Noten, der Hammer aber war der Aidani, ein großartiger Wein einer autochthonen Rebe mit einem ganz speziellen Charakter. Tolle Nase, schöner Körper, kräutrig-würzige Aromen, nicht vergleichbar mit bekannten weißen Sorten. Die schlechte Nachricht: Es gibt nur 600 Flaschen davon und die werden nur in der Winery in dem Örtchen (ein großes Wort)  Vourvoulos verkauft. Die gute Nachricht. Von Vassaltis wird noch zu hören sein.

Hatzidakis

Hatzidakis WineryHatzidakis hat ebenfalls allerhand investiert und in Pyrgos (keine 2000 Meter entfernt vom alten, viel zu klein gewordenen Quartier) einen neuen Keller gebaut, direkt in den Berg hinein und mit gewaltigen Ausmaßen. Noch ist nicht alles fertig, aber der Betrieb läuft. Chef Haridimos Hatzidakis (angeblich denkt er an nichts anderes als an Wein) stellt auf biologischen Weinbau um. Die Weine  haben durchgängig hohes Niveau, sind charakterstark und authentisch. Das hat sich herumgesprochen, Hatzidakis gilt als Star der Szene, 50 Prozent der Produktion gehen in den Export. Beim letzten Besuch, vor drei Jahren war es noch „nur ein kleiner Teil“. Beim Tasting viele schöne Tropfen im Glas. Natürlich Assyrtico – den gibts konventionell (weil zugekaufte Reben) und biologisch – und Aidani. Ein Knüller ist die „Santorini Cuvée No. 15“, 100% Assyrtico,  ungefiltert und natürlich Bio, der hat es sogar auf die Karte des berühmten Kopenhagener Sterne-Lokals Noma geschafft. Unbedingt auch ein Plus für den Nykteri, auch Assyrtico, aber im klassischen Stil ausgebaut und ein Jahr im Holzfass gereift. Bei den Roten hat bei mir der großartige 2012er Mavrotragano (erst kürzlich abgefüllt) gegen den ein Jahr jüngeren Mandilaria klar „gewonnen“. Letzterer war ein Test, offenbar ist Mister Hatzidakis von der Sorte auch nicht restlos überzeugt. Da ist er nicht allein… Auch hier natürlich  Finale mit Vinsanto, der 2003er lässt keine Wünsche offen.

Gaia

Gaia WineryGaia Winery in Kamari auf dem Gelände einer alten Tomatenfabrik (und vor 20 Jahren noch ein Nachtclub) direkt am Meer gelegen ist ein Muss. Alle Erwartungen wurden erfüllt. Die große Tour – 8 Weine in der Verkostung – lohnt sich. Die Favoriten waren der Thassalitis genannte Assyrtico – sowohl der klassische, als auch der sechs Monate im Eichenfass gereifte – und zwei rote Stars. Da ist der Gaia 2014 (70%Agiorgityko + 30% Shiraz, 12 Monate Barrique) im Stil der Super-Toskaner, der denen in nichts nachsteht. Gleiches hohes Level der Gaia Estate 2013, 100% Agiorgityko, Tabak, Vanille Leder, die volle Wucht. Die Krönung natürlich der Vinsanto (klassischer Süßwein aus Assyrtico und Aidani, de Trauben werden überreif gelesen und anschließend  in der Sonne getrocknet), da geht kaum mehr. Übrigens, Gaia versenkt 500 Flaschen des Thassalitis 20 Meter tief im Meer und lässt den Wein dort reifen. Erste Ergebnisse dann  2017.

Sigalas

Domaine SigalasSigalas ist der große Name auf der Insel, Gründer und Boss Paris Sigalas zählt als kreativer und innovativer Kopf zu den bekanntesten Weinmachern Griechenlands. Gerade erst 25 Jahre alt ist das Weingut, aber Export in alle Welt. Aus dem goßen Portfolio kann nach Wunsch probiert werden. Die Klassiker Assyrtico und Aidani waren gut, ja auch sehr gut, aber vielleicht nicht mehr wie vor drei Jahren die besten der Insel. Klar, das ist Geschmacksache. Aufgefallen sind diesmal die Roten. Zum Beispiel ein hervorragender Mavrotragano  von 2014, der noch Zeit braucht, aber das Zeug zu einem großen Wein hat. Vinsanto (2006) auch hier Pflicht, auch hier groß, mit Aromen von Toffee, Rosinen, Feigen. Auch beachtenswert der 2009er Apilionis, ein Süßwein aus 100% Mandilaria,  mir aber ein bisschen zu marmeladig. Ein echter Hit ist auch die Gastronomie!

Gavalas

GavalasGavalas ist im Vergleich zu all den Newcomern auf Santorin ein echtes Traditionshaus, über 100 Jahre alt, Weinbau in vierter Generation, mitten im pittoresken Ort Megalochori. Besichtigung und Tasting kein Problem. Im Vergleich zu 2013 gab es keine auffälligen Veränderungen, gewohnt guter Standard, was auch für die Weine gilt. Schön die Klassiker Assyrtico und Aidani. Sehr nette Idee der Xenoloo, eine Art Sommer-Rotwein aus den Sorten Mavrotragano (50%), Voudomato (45%) und Athiri (5%). Schön gekühlt eine echte Alternative für nicht Weißwein-Freunde. Star im Regal ist jedoch der Vinsanto 2009, sechs Jahre ist er in der Flasche gereift, auf der Tokio-Messe angeblich zum besten Dessertwein der Welt gekürt. Ist wirklich hervorragend und unbedingt einen Besuch wert.

Boutari

BoutariBoutari – vom letzten Mal noch sehr positiv in Erinnerung – war diesmal eine große Enttäuschung. Den auf Santorin futuristischen, laut Eigenwerbung „architektonisch revolutionären“ Keller inclusive des üppigen Tasting-Raums gibt es noch. Aber der Besuch ist zur Massen-Abfertigung und -Abfüllung verkommen. Da fahren regelmäßig  Busse mit Kreuzfahrt-Touristen aus aller Herren Länder vor, die Kreuzfahrer fluten den Laden und schlucken, was da steht, Erklärungen zwecklos, das sichtlich genervte Personal hat offenbar längst aufgegeben. Alles andere als angenehme Atmosphäre.  Das laufe fast jeden Tag so, sagte eine Mitarbeiterin. Bei einem Besuch also unbedingt vorher anfragen, ob Busse kommen. Dennoch einiges probiert, doch die Weißweine waren für ein faires Urteil zu warm.

Santo

SantoSanto ist die Genossenschaft auf Santorin, „Dach“ für 850 Weinbauern, die die Hälfte der Rebfläche auf der Insel bewirtschaftet. Die Weine sind solide. Aber beim Genuss auf der großen Verkostungs- bzw. Restaurantterrasse  mit dem spektakulären Blick aufs Meer, im kitschigen Idealfall auch noch bei Sonnenuntergang, schmeckt fast alles. Die Tastings – im 6er, 12er oder 18er Flight möglich – laufen sehr professionell. Sunset-Abendsieger war die Assyrtico Grand Reserve, ein Weißwein, der mit zunehmender Erwärmung immer besser wurde.

Immer besser – könnte auch ein schöner Slogan für den Weinbau in Santorin generell sein.


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