Nach dem Test des 2012er Jahrgangs in Saale-Unstrut wird nun in einem Gastbeitrag Sachsen unter die Lupe genommen.  Auch da gab es etliche Entdeckungen – hier sind sie.

Sachsen 2Die Geburtstags- und Jubiläumssorte, das Aushängeschild der Sachsen, weil nennenswert nur dort angebaut, der Goldriesling wurde oft genug mit Häme überschüttet – „warum sollte den auch anderswo jemand anbauen“ – zeigte sich in Geburtstagslaune. Richtig lecker trinkbare Exemplare schickten Steffen Loose, die Winzergenossenschaft Meißen, Wackerbarth auch Walter Schuh/Coswig, vor allem aber Tim Strassers Rothes Gut aus Meißen und Joachim Lehmann aus Diesbar-Seußlitz ins Rennen. Es kann durchaus also auch mal ein Goldriesling sein!

Von den sächsischen Gutedel konnte dagegen keiner überzeugen. Frederic Fourrés Neigung, möglichst durchgären zu lassen, produzierte ein sehr krasses Exemplar für absolute Liebhaber. Silvaner aus Sachsen gab es gar nicht. Das Weingut Jan Ulrich aus Meißen hatte einen sehr schönen Johanniter dabei. Der Solaris von der Hoflößnitz mit 12 Gramm Restzucker lässt diese Sorte sinnvoll erscheinen. Der ebenso exotische Helios hatte zwei Vertreter am Start, der von Tim Strasser überzeugte. Warum der Müller-Thurgau vom Präsidenten des Sächsischen Weinbauverbandes „Auslese geeignet“ sein soll, wie die durchgegorene Tankprobe vom Kastler Wein aus Radebeul etikettiert ist, ist bei 90 Grad Oechsle Ausgangswert und 12,5 % Alkohol schwer zu entdecken. Dass er richtig lecker ist, steht außer Frage. Vielleicht Spätlese draufschreiben?

Außerdem wussten beim Müller zu gefallen: Erneut Tim Strasser mit einem urwüchsig muskatigen, Karl Friedrich Aust aus Radebeul ist gut dabei, ebenso die Genossen aus Meißen, das Weingut Matyas aus Coswig, Wackerbarth, Steffen Schabehorn mit satten 9 Gramm Restzucker oder auch Schloss Proschwitz, der gut ist, aber nicht dominiert, wie in den Jahren zuvor. Steffen Loose hat mit 12 Gramm Restzucker bei seinem verschämt Rivaner getauften Müller wohl etwas übertrieben.

Beim Bacchus kann sich der vom Gut Pesterwitz sehen lassen, ist der von Wackerbarth sehr ordentlich. Der an mangelndem Körper generell in der Breite krankende Jahrgang wurde beim  Bacchus von Steffen Schabehorn mit 20 Gramm Restzucker sinnvoll behandelt. Das funktioniert. Bei der Scheurebe kommen die drei besten Tropfen aufsteigend vom Gut Pesterwitz, Tim Strasser und – endlich mal wieder – Schloss Proschwitz.

Ein Gedicht aus einer anderen Welt ist auch der 12er Jahrgang vom Morio Muskat der Meißner Genossen.

Der einzige Auxerrois aus Sachsen kommt von Aust und braucht sich nicht zu verstecken.

Beim Weißburgunder präsentiert Steffen Loose aus seiner interessanten Kollektion ein mit ausgeprägten Grapefruit-Noten überraschendes Exemplar. Das Weingut Drei Herren aus Radebeul hat einen sehr hübschen dabei, das gilt auch für Pesterwitz, das junge Weingut Große aus Radebeul und den von Jan Ulrich.

Verdrängt man die utopischen Preisvorstellungen des Hauses Martin Schwarz, ist die im kleinen Barrique-Fass gereifte 11er Kombination aus Weiß- und Grauburgunder einfach nur ein Traum.

Einen sehr schönen Grauburgunder mit nur 2,4 Gramm Restzucker, der trotzdem Körper, Frucht und Mineralik bietet, stellt Aust ins Schaufenster. Auch Proschwitz kann an alte Maßstäbe anknüpfen. Den aus dem sachsen-anhaltiner Teil des Anbaugebietes in Jessen angereisten einzigen Chardonnay, mit 105 Grad Oechsle gelesen und auf 13 % Alkohol und 18 Gramm Restzucker gereift, kann man schwer beschreiben – ein Hammer!

Sachsen 1Beim Kerner hat Frederic Fourré seinen vielleicht besten so gewollten Wein vorgestellt. Im Riesenfeld der Kerner holen die Genossen aus Meißen oder das Weingut Große, Jan Ulrich oder Matyas am oberen Rand des trockenen Bereiches viel schönes in die Flasche. Wackerbarths Kerner ist noch verschlossen, deutet aber Potential an. Einen Kabinett der alten Schule, der sich lecker wegtrinkt, bietet Lutz Müller aus Dresden. Mit 103 Grad Oechsle gelesen kommt die Auslese von Steffen Schabehorn daher und beweist erneut, dass beim 12er Restzucker sehr viel weiter hilft. Ein „Achtung!“-Schild gehört an die liebliche Auslese von Andreas Henke aus Weinböhla: 84,5 Gramm Restzucker! Der wird Busladungen füllen!

Vom Riesling von Klaus Zimmerling (Premiere?) wussten zwei Flaschen nicht fehlerfrei aufzutreten. Kann passieren. Auch die dritte konnte nicht überzeugen. Vincenz Richter aus Meißen schickte einen einst QbA getauften, jetzt DQW, einfachen Riesling und eine trockene Spätlese nach Dresden. Schon der DQW zeigte sich sehr apart. Die Spätlese mit 7,5 Gramm Restzucker weiß absolut zu überzeugen. Auch Tim Strassers Spätlese passt. Die trockenen Kabinett-Rieslinge von Wackerbarth und Hoflößnitz sind gelungen. Der von Lutz Müller ist richtig gut. Das trifft auch den halbtrockenen von Wackerbarth zu. Steffen Schabehorn setzt da natürlich wieder die Restzucker-Krone drauf. 36 Gramm! Viel Vergnügen!

Kastlers Idee, den Traminer durchzugären, war 2012 keine gute, auch Zimmerling bleibt bei der einstigen Paradesorte Sachsens unter seinem Schnitt. Dafür übertrifft sich Frederic Fourré selbst. 13 Gramm Restzucker, da muss in der Gärung was steckengeblieben sein. Zum Glück. Bei Schloss Proschwitz scheinen die 28,4 Gramm Restzucker nicht nur gewollt, sie ergeben eine liebliche Auslese, die dem oft unter „Kennern“ geschmähten Begriff „lieblich“ aber auch alles abstoßende raubt. Klasse!

Bei den blassroten ist der Schieler von Walter Schuh sich selbst treu toll. Bleibt sonst geschmacklich aber nur der Blanc de Noir von Steffen Loose in Erinnerung, der aber deutlich zu rosa ist.

Bei den roten Tropfen ist das Feld eher dünn. Der Blaue Zweigelt von Große deutet allenfalls an, was diese Sorte auch in Sachsen bringen könnte. Der Spätburgunder „Drei Musketiere“ aus dem Hause Proschwitz ragt heraus. Dann bleibt nur Regent. Und da kann man den pfeffrigen von Schuh und den von der Hoflößnitz bedenkenlos empfehlen.

Bei den Sekten können nur die Traminer von Proschwitz und der Winzergenossenschaft überzeugen. Man kann davon ausgehen, dass in den Kellern Sachsens noch weiter hübsche Tropfen darauf warten, entdeckt zu werden. Ein ordentlicher Jahrgang. Nicht mehr. – ba

Sachsen 3


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