Habe auf einem Kurztrip in Rioja drei Weingüter besucht, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Jedes für sich war ein Highlight – vom Erlebniswert auf jeden Fall. Was die Weine betrifft, ist kein eindeutiges Urteil möglich. Zu unterschiedlich präsentierten sich die verkosteten Tropfen – von extrem traditionell bis zu Hightech ist alles vertreten.

Einige Fakten: Auf 60 000 Hektar wird in Rioja (liegt in den Provinzen La Rioja, Baskenland und Navarra ) Wein aufgebaut. Fast 90 Prozent sind Rotwein, Tempranillo (61 % der Anbaufläche) ist die dominierende Sorte. 18500 Winzer sind im Einsatz, es gibt rund 625 Bodegas, etwa 70 sind zu besichtigen. Das schafft man beim besten Willen nicht an einem Wochenende. Wäre trotzdem eine schöne Aufgabe, denn keine Bodega gleicht der anderen. Jede hat ihre Geschichte, ihre eigene Philosophie und ihren speziellen Stil. Da gibt es die Traditionalisten, die Kunstfreunde, die radikal Modernen, die Experimentierfreudigen und  so weiter.

Bodegas Muga - KellerErste Station ist die 1932 gegründete Bodegas Muga  in Haro (neben der Hauptstadt Logroño der wichtigste Ort), eine schöne Adresse. Sie liegt im alten Bahnhofsviertel, wo sich mehrere Top-Bodegas finden. Muga ist eine Familienkellerei in der dritten Generation und produziert nach ganz traditioneller Art. Also keine Hektik – und keine Stahltanks. Gekeltert wird wie vor 100 Jahren: Der Wein bekommt viel Zeit, reift ausschließlich in Holzfässern. Deswegen unterhält die Bodega eine eigene Küferei. Bei knapp 20000 Barriquefässern und über hundert 18000-Liter-Fässern scheint die auch zwingend nötig – der Wein muss ja ab und an umgefüllt werden. Eine Grand Reserva zum Beispiel liegt ein Jahr im neuen Fass, reift dann mindestens zwei Jahre in einem alten Fass, bevor sie in Flaschen abgefüllt wird und noch einmal drei Jahre ruht. Heraus kommen Rotweine von Weltformat.

Die interessantesten Weine: Muga Rosé, ein Klasse-Sommerwein; Muga Reserva 2009, leicht trinkbar, der Einsteigerwein und mit 15 Euro gnädig; Muga Reserve Selección Especial 2006, rauchig toastig, braucht noch viel zeit; Muga Prado Enea Gran Reserva 2001/2005, einfach grandios mit einem noch langen Leben; Torre Muga 2005, nur 75 % Tempranillo, internationaler Stil, für den US-Markt; Aro 2006/2009, der Top-Wein von Muga aus dem besten Lagen, nur 500 Flaschen produziert,  kostet leider über 100 Euro

Übrigens,  wenn man schon einmal in Haro ist, lohnt sich eine Visite im dortigen Weinforschungszentrum. In einer modernen und gut gemachten Ausstellung erfährt man alles über den Weinbau und die Weine Riojas.

Bodegas Ontañon - KellerZweite Station und fast ein Gegenentwurf zu Muga ist Bodegas Ontañon in Logroño. Der Familienbetrieb hat die Parole „Tradition und Innovation“ ausgerufen und sich ganz der Kunst hingegeben. Innovativ ist auf jeden Fall das Internetspiel „2.0 Ontañon“. Mit einer iPhone-App konnten „Mitspieler“ einen Wein kreieren, über jeden Produktionsschritt wurde abgestimmt. 500 Weinfreaks haben im letzten Jahr mitgemacht und teilen sich nun die 2000 Flaschen. Der Kunst begegnet man in der Kellerei auf Schritt und Tritt. Der Künstler Michel Angel Sainz hat die Bodega gestaltet, die Kellerräume beherbergen neben Weinfässern auch Kunstsammlungen. Generell aufgefallen in Rioja: Arm sind die Winzer hier nicht.

Die interessantesten Weine: Marco Fabio, halbtrockener Moscatel, mir war er etwas flach; Vetiver Crinza Bianco, 100% der weißen Sorte Viura, 6 Monate in der Eiche, wer’s mag; Ontañon Crianza, ja; Ontañon Reserva 2001/2004, viel Pfeffer, aber so was von weich und geschmeidig, um die 16 Euro geradezu günstig; Marco Fabio dulce, Süßwein ausschließlich Moscatel, spannend

Dinastia Vivanco - die BodegasDritte Station: Bodegas Dinastia Vivanco in Briones. Schon der Name lässt ahnen, dass sich hier nicht ein paar Newcomer ausprobieren. Tradition wird groß geschrieben und Dynastie ist in keinem Fall untertrieben. Die 2006 vom spanischen König eröffnete neue Bodegas ist ein gigantisches Bauwerk, als Beispiel futuristischer Weinarchitektur an sich schon sehenswert. Das Areal ist riesig. Mitten in den Weinfeldern hat sich die Familie eine eigene Kapelle bauen lassen. Der Fasskeller ist wie ein Kleeblatt gebaut, 27 Fässer a 16000 Liter stehen da. Der Barriquekeller mit über 3000 Fässern heißt ganz unbescheiden Catedral Vino und sieht auch aus wie eine Kathedrale. Highlight ist jedoch das Museo de la Cultura del Vino, nicht nur für Wein-Papst Hugh Johnson das schönste Weinmuseum der Welt. Von Historie bis zu den neuesten technischen Mitteln werden alle Register gezogen. Zum Beispiel läuft in Dauerschleife ein Film, der zeigt, was im Inneren eines Fasses während der Gärung passiert, aufgenommen von einer Hightechkamera. Und zwischen altem Gerät, hübschen Sammlungen und tollen Filmen hängen einfach so Zeichnungen von Igor Smirnov, Walt Disney und Pablo Picasso. Die Korkenziehersammlung (über 3000) sucht weltweit ihresgleichen.

Die interessantesten Weine: Dinastia Vivanco Crianza 2008/2009, typischer Crianza, geht zu jeder Gelegenheit; Dinastia Vivanco Reserva 2005/2007, reichlich Aromen, lange Präsenz, wohl ein bisschen zu glatt


1 Kommentar

Heike · 07/11/2013 um 13:29

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Hallo mein Name ist Heike. Bin ein total großer Fan von spanischem Rotwein und deshalb finde ich diesen Beitrag wahnsinnig interessant. Mein Mann und ich haben bereits auch schon ein paar Touren durch Spanien gemacht und ein paar Bodegas besucht. Wir sind ganz große Rotwein- Fans und versuchen deswegen auch immer eine große Auswahl an Weinen zu testen. Wir mussten aber leider schon feststellen, dass es in Deutschland besonders schwer ist, guten spanischen Wein zu bekommen. Bzw. meistens findet man immer nur die gleiche Auswahl. Nach langem Suchen haben mein Mann und ich eine spanische Internetseite gefunden, die alle möglichen Arten an Wein vertreiben. Vor allem bieten Sie auch an, Wein, den sie nicht auf ihrer Seite anbieten, für den Kunden zu besorgen. Wir haben bereits schon oft dort Wein bestellt und haben es schon vielen unserer Freunde weiterempfohlen. Falls jemand Interesse hat, hier die Internetadresse: http://www.vinopremier.com/

Beste Grüße

Heike

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