Ihr Chardonnay (angenehme Holz- und Vanillenoten, viel Charisma) hat mich schon mehrfach beeindruckt. Der saftige Weißburgunder hat eine betörende Fruchtigkeit (Birnen, Pfirsiche, Aprikosen, Äpfel) und ist von enormer Intensität. Und der Rosé vom Zweigelt ist quasi der Sommer im Glas. Weine von Sandra Polomski, mit der sich auch trefflich über Wein reden lässt. Die ehemalige Weinkönigin von Saale-Unstrut und Deutsche Weinprinzessin bewirtschaftet im Freyburger Edelacker einen knappen Hektar Rebfläche und betreibt seit 2019 das Weinhaus Polomski. Im Edelacker stehen auch ihre kleinen Feriendomizile, von denen man einen fantastischen Blick ins Saaletal genießen kann.  

Es ist wunderbar hier. Gönnen Sie sich auch ab und an diesen traumhaften Ausblick?
An jedem Tag, den ich im Weinberg bin, genieße ich den Ausblick und die Eigendynamik des Weinbergs: die unterschiedlichen Gerüche zu den unterschiedlichen Tageszeiten, die Sonne, wie sie die Reben und Trauben bestrahlt und vor allem Abendlicht in der untergehenden Sonne. Einfach traumhaft der Blick ins Saale-Unstrut-Tal.

Wie sind Sie eigentlich zum Wein gekommen? 
Das liegt an der Kindheit. Meine Eltern haben damals den Weinberg im Freyburger Edelacker erworben, jedenfalls einen Teil davon. Sie haben auch diese Finnhütten gebaut. Da meine Eltern beide berufstätig waren, war das vor allem eine Wochenendaufgabe. Meine Schwester und ich mussten immer mit in den Weinberg. Gott sei Dank waren meine Eltern Langschläfer, wir konnten also wenigstens ausschlafen. Im Weinberg bekamen wir eine Hacke und wir durften dann schön den Unterstock hacken. Toll! Davon ist geblieben, dass ich unheimlich gerne im Weinberg war und bin. 

Liebe zum Hacken? 
Nein, nicht zur Arbeit des Hackens, sondern einfach über das schöne Klima, das ein Weinberg hergibt. Und vor allem, was der Weinstock über das Jahr so leistet. Wie er im Winter aussieht und wie er im Frühjahr aussieht, wenn er beschnitten ist. Und wie er dann im Herbst in voller Pracht seine Weintrauben liefert. Das finde ich jedes Jahr immer ein bisschen wie Magie und wie ein Geschenk. Um dann die Trauben zu ernten und letzten Endes einen köstlichen Wein daraus zu bekommen.

Das hat Sie schon als Kind fasziniert? 
Das hat mich schon als Kind fasziniert. Da habe ich natürlich noch nicht den Wein getrunken. Ich durfte mal nippen oder riechen, aber die Weintrauben alleine reichten ja. Und noch immer liebe ich die Weintrauben, die hier im Weinberg wachsen. 

Sie waren Weinkönigin von Saale-Unstrut. Hat Sie das noch mehr in die Branche reingezogen? 
Das war natürlich von Vorteil. 1997/98 war ich Weinprinzessin der Region, 1998/99 dann Weinkönigin und 1999/2000 deutsche Weinprinzessin. Nancy Boy (Weinkönigin 1996/97) war die erste Weinkönigin, die ich so richtig wahrgenommen habe, damals beim Winzerfest. Davor hat mich das eigentlich gar nicht interessiert. Ich stand damals auf dem Marktplatz und habe Nancy gesehen auf der Bühne, wie sie über Wein gesprochen hat und über die Weinregion. Da war ich total fasziniert. Da entwickelte sich der Wunsch, so etwas auch zu machen. 

Wie erinnern Sie sich an die Zeit als deutsche Weinprinzessin? 
Das war eine total schöne Zeit. Als deutsche Weinprinzessin hatte man damals bei weitem noch nicht so viel zu tun, wie es jetzt der Fall ist. Das war auch nicht schlimm, weil nach zwei ehrenamtlichen Jahren – ich steckte ja mitten im Studium zur Betriebswirtschaft – war mir das ehrlich gesagt auch nicht ganz so wichtig. Es war trotzdem eine schöne Zeit. Die Termine, die ich hatte, die waren toll. Und die Kontakte haben bis heute Bestand, vor allem zum Deutschen Weininstitut. Das ist tatsächlich so, dass die Weinwelt klein ist und dass man sich immer wieder trifft. Das finde ich toll.

Können Sie sich noch an den ersten Wein erinnern, den Sie bewusst getrunken haben? 
Das traue ich mich gar nicht zu sagen, denn da war ich noch jung. Das war ein Apfeltischwein von der Winzervereinigung Freyburg …

Oje…
Wir fangen lieber noch mal an. Als Weinprinzessin der Region hatte ich schon einige Termine und es gab einen ganz besonderen Termin. Das war ein Tag vor der Weinkönigin-Prüfung. Es ist ja immer geheim, wer sich für das Amt beworben hat. Wir hatten damals eine Vorprobe am Tag zuvor, zur großen musikalischen Wein- und Sektprobe zum Winzerfest in der Rotkäppchen Sektkellerei. Da wurden Sekte probiert und auch acht Weine von hiesigen Weingütern ausgewählt. Die Weinverkostung ist mir bewusst in Erinnerung geblieben, weil es so viele Weine waren, die wir bewertet haben, um dann eine tolle Weinprobe für das Winzerfest zusammenzustellen. Am Ende dieser Weinprobe sind wir zum Ersten Bruderschaftsmeister der Weinbruderschaft Saale-Unstrut in den Weinkeller gegangen. Dort endete der Abend nicht mehr mit Saale-Unstrut-Weinen, sondern mit internationalen Weinen. 

Eine ganz neue Erfahrung?
Ja, denn da wurden tolle Weine kredenzt, sehr teure wahrscheinlich. Mir wurde die Aufgabe übertragen, einen Mouton-Rothschild eines alten Jahrganges dekantieren. Und ich sollte aufschreiben, wie sich der Geruch verändert. Alle fünf Minuten sollte ich die Karaffe schwenken und kontrollieren, wie sich der Wein verändert. Das war eine sehr intensive Erfahrung.

Weil?
Weil am Anfang, als ich reingerochen habe, habe ich mir gedacht, um Gottes willen, wie beschreibe ich denn diesen Weingeruch? Er hat im ersten Moment gestunken, weil er ja alt war und Luft brauchte. Und man kann ja schlecht einem Wein-Guru sagen, der Wein stinkt. Also hatte ich so meine Probleme, die richtigen Worte aufzuschreiben. Umso überraschter war ich, wie sich der Wein innerhalb einer halbe Stunde verändert hat. Es war extrem. Zum Schluss hatte ich einen schokoladigen, rauchigen, vanilligen Geruch in der Nase. Dazu noch mit unheimlich viel Fruchtaromatik, obwohl er so alt war. Das war eine richtig intensive Erfahrung, was Wein kann. Und wie wichtig es ist, wenn man besondere Weine probiert, wie man mit ihnen umgeht und wie man sie verkostet. Im ersten Moment hätte man gedacht, den Wein kann ich nicht mehr trinken. Wenig später war es der größte Hochgenuss.

Wissen Sie noch, welcher Jahrgang das war? 
Wir reden von vor über 25 Jahren. Da stand eine 7 vor der Zahl, also es war sicher irgendwas aus den 1970ern. Das gehört in die Kategorie unvergesslicher Wein. Ansonsten kann ich mich an unsere Müller-Thurgau-Weine erinnern, als ich sehr jung war. Also die ersten Weine, die ich getrunken habe, waren die klassischen Müller-Thurgau-Weine, und die liebe ich bis heute. 

Müller-Thurgau ist nicht gerade ein Star unter den Reborten…
Müller-Thurgau von Saale-Unstrut klingt für jemand, der sich in der Region nicht auskennt, vielleicht erst mal langweilig. Aber Müller-Thurgau sind hier fantastische, feingliedrige und trotzdem feinwürzige Weine. Passt zu jeder Speise und spiegelt eigentlich das Terroir von Saale Unstrut super wider. Natürlich kommen an erster Stelle eigentlich die Burgunderweine, vor allem Weißburgunder, aber zum damaligen Zeitpunkt waren die noch nicht so präsent. Und wir hatten ja einfach damals noch andere Temperaturen.

Was ist das Besondere an Saale-Unstrut? Was zeichnet die Region aus? 
Die Landschaft, die Saale-Unstrut zu bieten hat, und die Kultur in Verbindung mit Weinbau, die sucht seinesgleichen. Die steht schon für Einzigartigkeit. Dazu die tollen Terrassenweinberge und die Weinbergshäuschen. Die Rebsortenvielfalt ist das nächste Besondere. Und dann sind wir trotzdem noch in Deutschland eines der kühleren Weinanbaugebiete, klimatisch also im Vorteil. Saale-Unstrut ist mit das nördlichste, wo Qualitätswein angebaut wird. Hier schmeckt man das Terroir. 

Klima ist ein gutes Stichwort…
In den letzten sechs Jahren hatten wir eine Durchschnittstemperatur – ausgenommen 2021 – von 11,5 bis 11,8 Grad. Damals, als ich Weinprinzessin geworden bin, habe ich gelernt, wir haben eine Durchschnittstemperatur von 9,1 Grad. Und 9 Grad ist die Untergrenze für Qualitätsweinbau. Wenn wir jetzt diese Durchschnittswerte von der Messstation Gleina anschauen, da haben wir Durchschnittswerte  von 11,7, 11,8, 11,5, 11,4 Grad. Das macht natürlich was mit dem Wein. Früher haben wir unsere Weinlesen in der Altanlage immer am 3. Oktober gemacht, weil die Winzervereinigung die Termine vorgibt. Es musste ja ein Feiertag oder Wochenendtag sein, damit die Familie und Freunde eingeladen werden können. Dann ging die Weinlese los. Aber jetzt sind wir am 3. Oktober, wenn nicht der Rotwein noch hängt, eigentlich immer schon fertig mit dem gesamten Weinberg, weil wir bis Ende September die Hauptlese haben. Mitte September haben wir oftmals schon die 90 Grad erreicht.  

Wie wird der Klimawandel den Weinbau hier noch beeinflussen? Denken Sie über neue Sorten nach?
In dem Prozess stecken wir ja schon mittendrin. Natürlich gibt es Sorten wie Merlot oder Shiraz. Ich denke schon, dass sich manch junger Winzer da rantasten wird. Aber ich glaube, gerade aus den Rotweinsorten, die wir jetzt im Bestand haben, ist noch unheimlich viel rauszuholen. Ich denke, dass es erstmal im Rotweinbereich eine Weile so bleiben wird. Was dann unsere junge Generation bei Aufrebungen dann probiert, werden wir sehen. Herr Clauß vom Thüringer Weingut Bad Sulza ist da ein Vorreiter. Der hat schon einiges probiert, mit tollen Ergebnissen. Das zeigt ja, dass es geht. Auf der anderen Seite gibt es ja auch so viele unterschiedliche Meinungen, was das Klima betrifft. Sicher ist, in 20 Jahren wird sich einiges geändert haben. 

Aber Riesling, Silvaner und Müller-Thurgau werden bleiben, oder? 
Auf jeden Fall. Und sicher auch Weißburgunder, überhaupt die Burgundersorten. 

Wieviel Fläche haben Sie aktuell  in Bewirtschaftung? 
Weniger als einen Hektar. 

Sie sind noch im Nebenerwerbsbereich. Planen Sie Wachstum? 
Das weiß ich noch nicht. 

Was wird bei Ihnen am Abend entkorkt? 
Das ist total unterschiedlich. Ich trinke selten meinen eigenen Wein, weil ich den ja kenne. Gerne trinke ich die Weine von Winzerkollegen, da beschränke ich mich auch nicht. Da genieße ich wirklich alles durchweg im trockenen Bereich. Ich trinke auch gern international, bin Fan von Neuseeland und Südafrika, auch von Kalifornien. Und ich liebe den klassischen Rioja. Oder Chile und Argentinien. Also die ganze Welt.

Mit wem würden Sie denn gerne mal ein Glas Wein trinken? 
Schöne Frage. Spontan fällt mir jetzt Günther Jauch ein. Ich gucke oft mit meiner Tochter „Wer wird Millionär“ und wir schmunzeln immer über seine Sprüche. Er ist ja auch Weingutsbesitzer ist, da hätten wir genug Gesprächsstoff. 

Gibt es den perfekten Wein? 
Ja, den gibt es, weil der Anlass-bestimmt ist. Ich finde, einen Wein trinkt man nicht nach Parametern, nach Analysewerten oder nach der Rebsorte. Sondern den perfekten Wein trinkt man mit der Seele. Da sind zwei Sachen entscheidend: Dass der Wein qualitativ top ist und auf der anderen Seite der Anlass toll ist. Genau dann ist es der perfekte Wein.


0 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.