Von der Mosel kommen alarmierende Nachrichten. Möglicherweise steht der Weinbau im Calmont und im Uhlen vor dem Aus! Warum mich das beschäftigt? Ich war am Calmont, bin am steilsten Weinberg Europas auch gewandert, was überaus spektakulär ist. Zugleich war ich fasziniert, unter welchen Bedingungen dort Weinbau betrieben wird. Was den Uhlen betrifft: Auch gut bekannt, genau so spektakulär. Und erst kürzlich habe ich einen Riesling Uhlen (2017) von Heymann-Löwenstein getrunken – ein fantastischer Wein. Unvorstellbar, dass es von dort keinen Wein mehr geben soll.

Worum geht es? 

Die Winzer Reinhard Löwenstein aus Winningen sowie Angelina und Kilian Franzen aus Bremm berichten von Plänen, die den Erhalt ihrer Terrassen- und Steilstlagen im Winnninger Uhlen bzw. Bremmer Calmont unmöglich machen würden. Hintergrund sind Überlegungen des Umweltbundesamtes, den Pflanzenschutz mittels Hubschrauber in einigen Weinbergslagen an der Terrassenmosel nicht mehr zu genehmigen. Konkret handelt es sich um die Weinlagen Calmont und Uhlen, auch im Valwiger Herrenberg bei Cochem kommt der Apollofalter vor.

Die Steillage Bremmer Calmont

Problem Apollofalter 

Fakt ist: Die Population des Apollofalters ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen. Die Ursachen sind jedoch noch nicht erforscht. Von Experten werden die heißen und trockenen Sommer sowie der Rückgang an Weinbergsflächen durch Verbuschung als mögliche Ursache angenommen. Seit Jahren gibt es Initiativen an der Mosel unter Beteiligung der Winzer, um den Apollofalter und seinen Lebensraum zu schützen.
Eine Gruppe von Schmetterlingsfreunden, die „Arbeitsgemeinschaft der Rheinisch-Westfälischen Lepidopterologen (AGL)“, mutmaßt dagegen, dass der Falter aufgrund des Pflanzenschutzes per Hubschrauber bedroht sei. Die AGL hat nun eine Kampagne gestartet, die das Umweltbundesamt offenbar dazu bewogen hat, sich gegen den Hubschraubereinsatz in den besagten Lagen auszusprechen.

Die Stunde der Studien 

Der Apollofalter

Andere Schmetterlingsforscher widersprechen den Mutmaßungen der AGL. Auch die mehrjährigen wissenschaftlichen Studien zur Artenvielfalt des DLR Mosel sowie im Mosel-Projekt des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau belegen, dass viele seltene Pflanzen- und Tierarten an der Mosel vorkommen, weil sie durch den Weinbau an den steilen Hängen und in den zahllosen Trockenmauern der Weinterrassen erst den Lebensraum finden, der an bewaldeten oder verbuschten Hängen nicht vorhanden ist. Die Wissenschaftler haben in diesen Studien festgestellt, dass in den Mosel-Weinbergen rund 170 Wildbienenarten, zahlreiche Arten von Faltern und Schmetterlingen sowie seltene Heuschrecken und weitere Insekten vorkommen.

Verbot bedeutet Aus für den Weinbau 

Ein Verbot der Hubschraubereinsätze würde das Aus für den Weinbau in den betreffenden Lagen bedeuten – mit der Folge, dass die Hänge verwildern und verbuschen, die Mauern mit der Zeit einstürzen und vielen Pflanzen, Insekten und Tieren von der Mauereidechse bis zur Zippammer wichtiger Lebensraum genommen würde. Denn diese wärmeliebenden Arten, auch der Apollofalter, benötigen die offene Weinlandschaft. Die vermeintliche Rettung des Mosel-Apollo durch ein Hubschrauber-Verbot würde wohl genau das Gegenteil erreichen und zudem die Existenz zahlreicher Weingüter gefährden, die mit Leidenschaft die Weinkulturlandschaft an der Terrassenmosel pflegen. 

Die Steillage Uhlen Laubach

Viele Winzer geben auf

In diesem Teil des Moseltales, dem weinbaulichen Bereich „Burg Cochem“, geben seit Jahrzehnten viele kleine Betriebe aufgrund von Nachfolger- und Arbeitskräfte-Mangel sowie hohem Kostendruck die Bewirtschaftung der extrem arbeitsintensiven Steilst- und Terrassenlagen auf. Die Rebfläche im Bereich Burg Cochem ist von mehr als 2.000 Hektar im Jahr 1989 auf 1.109 Hektar im Jahr 2023 zurückgegangen.
Durch ein Verbot der Hubschraubereinsätze käme es zu weiteren Flächenstilllegungen. Es wäre wohl auch das Ende für Höhepunkte der deutschen Weinkultur wie die jahrhundertealten Weinbergterrassen Uhlen in Winningen und den steilsten Weinberg Europas, den Calmont. 

Hier die offenen Briefe der Winzer Reinhard Löwenstein und Kilian Franzen zum Thema.

Fotos: Stephan Mahlow, Uwe Köster, Weingut Heymann-Löwenstein


1 Kommentar

Markus · 27/01/2024 um 09:24

Es tut mir leid, aber das Argument mit dem tausendjährigen Weinbau ist doch fadenscheinig.
Tausende Jahre waren Helikopterspritzungen nicht notwendig. Wenn man jetzt uneinsichtig an veralteten Viniferasorten festhalten muss, dann ist das eben die Konsequenz. Alternativwege gibt es zu Genüge und nicht erst seit heute und gestern. Sorten mit sehr guter Weinqualität sowie Resistenzeigenschaften gibt es seit über 100 Jahren, aber die 3. Reich Propaganda der überlegenen europäischen Sorten hält leider bis heute an.

Schreibe einen Kommentar

Avatar-Platzhalter

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Time limit is exhausted. Please reload CAPTCHA.