War unterwegs von der südlichen Pfalz (Weingüter an der Kleinen Kalmit) zum südlichsten Punkt Rheinhessens. Konnte mir zwei spannende Vertikalen von Rieslingen vom Weingut Battenfeld Spanier mir dort nicht entgehen lassen. Mehrfach war von ikonischen Weinen die Rede. Tatsächlich ist der Begriff ikonische Weine in jüngster Zeit stark in Mode gekommen. Gibt es sie wirklich?
Das Weingut Battenfeld Spanier
H.O. Spanier (H.O. steht für Hans Oliver, aber H.O. ist quasi offiziell) empfängt im hochmodernen Weingut in Hohen Sülzen gemeinsam mit Gattin Carolin Spanier-Gillot. Die wiederum ist Herrin des Weingutes Kühling-Gillot. Zwei Weingüter – aber viel Gemeinsames. „Miteinander“ erscheint sofort, wenn man die Homepage besucht. Und das ist wörtlich gemeint. Gemeinsam ist der Internet-Auftritt. Die Weine beider Weingüter (Battenfeld Spanier / Kühling-Gillot ) werden gemeinsam an einem Ort ausgebaut – eben in jener modernen Kellerei in Hohen Sülzen. In Bodenheim bei Mainz gibt es eine Vinothek für Proben und Verkauf – natürlich auch gemeinsam. Also, das gemeinsam wird schon sehr ernst genommen.
Start mit 3 Hektar
Mit beachtlichen Entertainer-Qualitäten erklärt H.O. Spanier sein Weingut. Auch mit einem Schuss Selbstironie, etwa wenn er von seinen wenig ruhmreichen Zensuren an der Handelsschule erzählt. Dann hat ihn der Wein gefesselt. 1991, nach seiner Winzerlehre, gründete er sein Weingut, zunächst 3 Hektar, von Beginn an ökologisch bewirtschaftet. Später kaufte er Rebflächen seines Nachbarn Battenfeld hinzu, so erklärt sich der Name. Seit 2003 werden alle Weinberge nach Grundsätzen des biologisch-dynamischen Landbaus bewirtschaftet. 2007 erfolgte die Aufnahme in den VDP. Aktuell stehen am Roten Hang und im Wonnegau auf 50 Hektar Reben (Kühling-Gillot 15 Hektar).
Vorbild Louvre
Grundstück und Keller in Hohen Sülzen wurden im Jahr 2004 erworben. „Und die letzten 20 Jahre haben wir immer gebaut. Ich kann Zement nicht mehr sehen oder riechen“, erzählt H.O. Spanier. 2019 wurde der Keller schließlich fertiggestellt. Fast gigantische Ausmaße, das Licht ist UV-frei. Vorbild war der Louvre. „Es ist wie im Spitzensport, es geht um die letzten Millimeter“, sagt der Winzer. Weiteres Credo von H.O. Spanier: „Ich will nicht 100, ich will 108 Prozent Perfektion!“ Zu den hohen Ansprüchen gehört auch, dass er seit 2014 von seinen Großen Gewächse einen Teil lagert (400 bis 500 Flaschen pro Jahr) und sie dann gereift verkauft.
Bevor es zu großen Rieslingen geht wird ein Sekt probiert. Der Blanc de Blanc 2010 Grand Cuvée Extra Brut ist 100 Prozent Chardonnay, hat 13 Jahre (!) Hefelager hinter sich. Champagner-Fan H.O. Spanier spricht bei der Grand Cuvée vom „Vorbild Champagne“. Letztlich ist Blanc de Blanc eines ausgezeichneten Champagners würdig.
Nun aber zu den Rieslingen.
Die Frauenberg-Vertikale
Der Frauenberg ist ein Grosses Gewächs aus der Lage Flörsheimer Frauenberg, lediglich 0,76 Hektar groß. Dort liegen Kalkfelsbrocken, es ist sehr karg und steinig. Alle Weine sind spontan vergoren.
Beim Riesling Frauenberg GG 2020 verführt schon die frische, feinfruchtige Nase. Dann sind exotische Früchte zu entdecken. Macht schon jetzt Spaß, aber da ist noch unheimlich Potenzial.
Der Riesling Frauenberg GG 2015 lässt schon im Duft Reife erkennen. Auch hierher exotische Früchte und reifer Apfel, dazu eine herrliche Fülle, ein strammer Körper, breit, mächtig, opulent. Hochgenuss.
Riesling Frauenberg GG 2012 ist der Typ lebensweiser Onkel. Weich, charmant, noch mit viel Frucht. Mir persönlich fehlt vielleicht etwas Säure.
Schließlich der Riesling Frauenberg GG von 2008, also 16 Jahre alt. Ein Gentlemen von Riesling, in der Blüte seines Lebens. Beeindruckende Mineralität, angenehme Reife. Mich dünkt, eine erste Spur höchst angenehmen Firns zu entdecken.
Die C.O.-Geschichte
Bei den C.O.-Weinen wird von Ikonen gesprochen. Zu dem Status gehören eine außerordentliche Qualität, eine gewisse Begrenztheit und eine Geschichte. Trifft eigentlich alles zu. Nach dem Test der Weine kann ich eine exzellente Qualität bescheinigen. Was die Begrenztheit angeht: Pro Jahr werden nur knapp 1200 Flaschen erzeugt. Schließlich die Geschichte. C.O. steht für die Initialen des Paares Carolin und Oliver. C.O. feierte mit dem 2005er C.O. Steinlinden bei der Hochzeit des Paares am 2. September 2016 seine Premiere. Seitdem wird er jährlich erzeugt (Handlese, Spontangärung, ein Jahr auf der Hefe, unfiltriert) und wandert erst mal für vier Jahre zur Flaschenreife in den Keller. Danach kommen hin und wieder einige Flaschen auf den Markt. 2024 gelangte ein Teil des 2019-ers im Verkauf. Carolin Spanier-Gillot sagt: „Es geht bei C.O. nicht mehr um Riesling, es geht um Herkunft. Egal welche Sorte.“ H.O. Spanier ergänzt: „Die ersten drei Jahre hast du Riesling im Glas, dann nur noch Herkunft.“
Was da aus der Flasche kommt ist schon beeindruckend.
Die C.O.-Vertikale
C.O. Steinlinden Riesling Liquid Earth 2019. Steinlinden werden die alten Weinberge im Nordosten von Mölsheim genannt, gelegen zwischen dem Frauenberg und dem Schwarzen Herrgott. Die Lage ist im Monopol der Familie. Ein Kalkstein-Riesling vom Feinsten. Wärme, Minerale, Kalkstein, Salz, Frucht eher wenig, vielleicht Quitten. Ein Wein von großer Würde.
C.O. XVI Riesling Liquid Earth. Sehr steinig, das Terrain! Und wer das hört meint sogleich, den Stein pur zu schmecken. Erklärt auch den Namenszusatz „Liquid Earth“. Also Minerale, Steine, aber bald kommt mehr. Schon nach wenigen Minuten im Glas gibt’s immer wieder Neues zu riechen und schmecken: Orangen, Ingwer, Vanille, Maracuja und noch einiges mehr.
C.O. XIV Riesling Liquid Earth. Jetzt der C.O. von 2014. Etwas mehr Frucht, Trockenfrüchte in Nase und Gaumen. Eine feine Reife, Eleganz und Würde.
C.O. IX Riesling Liquid Earth. Wir sind beim 2009er, es ist der Versteigerungswein für Bad Kreuznach. Schon die Nase verrät eine tolle Reife, dazu das dunkles Gold in der Farbe. Entdecke getrocknete Früchte, Marzipan, Brioche, auch eine feine Säurespur. Sehr opulent!
Großes Finale
Zum Finale schenkt Carolin Spanier-Gillot ihren 2013 Riesling Rothenberg vom Weingut Kühling-Gillot ein. Die Reben wurden 1934 gepflanzt und sind wurzelecht.
Was für ein großartiger Wein! Tolle Opulenz, herrliche Reife, aber auch Frische und Lebendigkeit. Und hundert (oder noch mehr) Aromen. Sehr erwachsen und extrem fit. Selten so eine Komposition von Frucht, Mineral und Würze erlebt. Für mich auch irgendwie ikonisch.
0 Kommentare