Er ist angeblich der teuerste (und wertvollste?) Weinberg Deutschlands: Der Bernkasteler Doctor, Steillage, ausschließlich Riesling. Die Lage ist Legende und auch die Geschichte des „Doctors“ ist reich an Legenden. Die Weine sind nicht billig. Für manche Weinkritiker sind sie das Nonplusultra bei den Weißweinen. Höchste Zeit, dem Doctor mal einen Besuch abzustatten. 

Teuerster Weinberg?

Kurze Recherche bei Wikipedia, dort steht: Im Jahr 1900 erwarb Geheimrat Julius Wegeler, Mitinhaber der Sektkellerei Deinhard, eine 43,22 Ar große Parzelle am Doctorberg zum Preis von 100 Goldmark pro Rebstock inklusive der im Keller befindlichen Weine. Seither hat die Steillage den Ruf, Deutschlands teuerster Weinberg zu sein, da dieser Kaufpreis für einen deutschen Weinberg nie wieder erreicht wurde. So wäre das erst mal geklärt. 
Und der Name Doctor? Der Wein soll vor einigen hundert Jahren einen Trierer Kurfürsten von einer schweren Krankheit geheilt haben. Auch wenn die Geschichte nicht ganz sicher ist: Dass moderater Weingenuss gesund ist, steht wohl außer Frage. Sicher ist, dass Kaiser Wilhelm II., General Dwight Eisenhower, Konrad Adenauer und König Eduard VII Fans der Doctor-Weine waren. 

Eingang zum Doctor-Weinberg

Fünf Eigentümer 

Und heute? Die 3,2 Hektar große Lage Bernkasteler Doctor oberhalb der Altstadt von Bernkastel-Kues wird bewirtschaftet von den Weingütern Geheimrat J. Wegeler (1,1 ha), Wwe. Dr. H. Thanisch Erben Thanisch, Weingut Wwe. Dr. H. Thanisch Erben Müller-Burggraef (beide je knapp 1 ha) sowie Patrick Lauerburg. Eine Parzelle von 2600 Quadratmetern ist im Besitz der Heilig-Geist-Stiftung. 2016 wurde sie an Thomas Haag (Weingut Schloss Lieser) und Markus Molitor verpachtet. Damals eine viel beachtete Entscheidung, denn auch ein internationales Konsortium hatte sich um die Pacht beworben. 

„Romanée-Conti der Mosel“

Besuch im Weingut Wwe. Dr. H. Thanisch Erben Müller-Burggraef. Es empfängt Maximilian F.W. Ferger, auf der Visitenkarte steht eindrucksvoll Estate Manager. Der gebürtige Bremer ist seit 2008 für die Weine des Weinguts Wwe. Dr. H. Thanisch Erben Müller-Burggraef (soviel Zeit muss sein) verantwortlich. Selbstbewusst sagt Feger: „Der Doctor ist der Romanée-Conti der Mosel.“ Klingt super. Nicht so super klingt, dass direkt nebenan die fast gleichlautende Konkurrenz sitzt: Witwe Dr. H. Thanisch Erben Thanisch. Problematisch? Max Ferger schüttelt den Kopf, spricht von einem auskömmlichen Miteinander. 
Maximilian (das F. W. lass ich ab jetzt weg) Ferger weiß alles über den Doctor.  Der sei einer der ältesten Weinberge Deutschlands, die Reben sind zum Teil 200 Jahre alt. Die Kombination von blauem und grauem Schiefer ist selten, wurde aber aufgetragen. Die Schieferbrocken stammen angeblich von der Ahr. Die flachen und fast schwarzen Steine speichern die Sonnenwärme und geben sie an ihre Umgebung ab. Auch das macht die Lage so besonders. Auch Fakt: „Der Doctor war immer restsüß.“ 

Maximilian F.W. Ferger im Doctor-Weinberg

Im Keller

Nach der erquicklichen Schau im Weinberg mit dem idyllischen kleinen Weinberghäuschen und dem genau so idyllischem Blick auf Bernkastel geht es in den Keller. Der liegt direkt unter dem, quasi im Weinberg. Auch sehr eindrucksvoll. Das Gewölbe ist 400 Jahre alt, war früher Keller der Stadt Bernkastel, später auch mal Bierkeller. Jetzt ist er Weinkeller des, ja Weinguts Wwe. Dr. H. Thanisch Erben Müller-Burggraef, plus Schatzkammer, um die sich auch Legenden ranken. Doch das führt jetzt zu weit. 
Erst einmal satt sehen an den Schätzen, dann geht es ans Probieren. Weine vom Weingut Wwe. Dr. H. Thanisch Erben Müller-Burggraef (Gesamt-Rebfläche 16 ha) sind mir schon mal aufgefallen. Diesmal jedoch volle Konzentration auf Weine vom Doctor. Ferger bietet eine kleine Vertikale von Auslesen an. „Die Weine haben alle zu Beginn eine leicht rauchige Note, dann diverse Fruchtnuancen, zum Schluss ein salziges Finale“, erklärt der Winemaker noch.  Der Start mit dem 2016er Doctor Großes Gewächs aus der Magnum-Flasche ist schon mal großes Kino: Riesling, Schiefer und Terroir im Glas – Klasse!

Drei Jahrgänge Bernkasteler Doctor Riesling Auslese

Dann die kleine Vertikale. Obwohl ähnlich in Machart und Stilistik sind die Unterschiede erstaunlich. Liegt eindeutig am Jahrgang! Notiert ist:
2017 Bernkasteler Doctor Riesling Auslese – charmante Süße, angenehme Säure, spürbar Minze, ewig lange Präsenz.
2018 Bernkasteler Doctor Riesling Auslese – schöne Säure, auffällig viel Frucht. Für mich war 2017 aber interessanter.
2019 Bernkasteler Doctor Riesling Auslese Vintage Collection – markante Säure, sehr salzig, fetter, wirkt alkoholischer. Dazu  rauchig und kräutrig, hat eine Sherry-Note. Ausgebaut komplett im neuen Barrique. Polarisiert stark!

Kaum polarisierend ist der Zauber des Doctor-Weinbergs. Hat was. 


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