Nach drei Jahren endlich wieder eine Große Gemeinsame Jungweinprobe der beiden ostdeutschen Anbaugebiete Saale-Unstrut und Sachsen. Viele Jahre eine große Sache. Doch die einstige Idee einer Art Marktschau der beiden Weinbaugebiete in Ostdeutschland, um sich Händler und Gastronomen zu präsentieren, scheint trotz ungebrochener Popularität beim Publikum überholt. Diese Veranstaltung muss neu gedacht werden. Kollegen des Weinbeobachters waren vor Ort: Sie fanden Kritikpunkte – und auch gute Weine. 

Immer weniger Betriebe

Die zweigeteilte Veranstaltung für Fachbesucher im ersten Teil mit einer einstündigen Pressekonferenz zu eröffnen, um auch jedem auf dem Podium ein langatmiges Statement zu ermöglichen – nett formuliert: nicht mehr zeitgemäß. Vorträge über Rebsorten, Anbaufläche, Erträge oder Witterungsverlauf – das wissen die zu dieser Zeit Anwesenden alles selbst.
Zweiter Kritikpunkt: Immer weniger Betriebe sind präsent. Und selbst wenn Weine angestellt werden, heißt das nicht, dass ein Vertreter des Betriebes als Ansprechpartner vor Ort ist – wie soll dann Austausch stattfinden?
Drittens: Auch Winzer, die aus den verschiedensten Gründen nichts anstellen, sollten präsent sein, damit sie wahrgenommen werden können und der schon erwähnte Austausch auf breiter Front möglich ist. 

146 Weine und Sekte im Test

Zu den Weinen. 16 Betriebe von Saale und Unstrut stellten 82 Weine und Sekte vor. 11 kamen aus Sachsen und hatten 64 Tropfen dabei. Auffällig, wer alles fehlte: Deckert, Pawis, Grober-Feetz, Proppe, Born, Hey, Sauer-Wartenberg, Schulze auf der einen, Aust, Schabehorn, Schwarz, Zimmerling, Rothes Gut, Drei Herren, Hanke auf der anderen Seite – um nur einige zu nennen. Das dürfte Gründe haben, mit denen sich die Weinbauverbände beschäftigen müssen, damit „Große Gemeinsame“ wieder mit Leben erfüllt wird.

Goldriesling und Gutedel erfreulich

Vier Goldrieslinge deuteten an, dass die Haus- und Hof-Sorte der Sachsen mehr kann, als neutral zu schmecken. Feines Feld! Die drei Gutedel aus Saale-Unstrut zeigten sich ähnlich. Der Elbling von Proschwitz war noch sehr verschlossen, auch wenn er als Tankprobe daher kam. Besser der von der Sächsischen Weinbaugesellschaft. Müller-Thurgau war mit elf Anstellungen gewohnt stark vertreten und im Schnitt solide. Dr. Lindicke, der insgesamt eine starke Kollektion präsentierte, ragte da ebenso ein wenig heraus wie Herzer, Goldschmidt, Wackerbarth und Ricco Hänsch.
Bei den sechs Silvanern konnte der Burgwerbener Herzogsberg der Winzervereinigung Freyburg neben Herzer und der Alten Zuckerfabrik gefallen. Der Grüne Veltliner aus Bad Sulza braucht noch Zeit. Beim Bacchus ragte der trockene vom Roten Berg aus Beyernaumburg heraus, der sogar lieblich zu überzeugen wusste.
Vier Solaris zeigten sich sehr unterschiedlich. Erneut vorn Winter/Memleben und Hoflößnitz. Immerhin acht Scheureben, die auffälligsten: Frölich-Hake, Dr. Hage, Wackerbarth und Weinbaugesellschaft Meißen. Bei den drei Cabernet Blanc überzeugten Herzer und Dr. Lindicke, der auch beim Sauvignon Blanc top war. Beim insgesamt schwächelnden Johanniter waren Zahn und Jan Ulrich am besten. 

Tolles Riesling-Jahr

Das stärkste Feld waren die 20 Rieslinge. Und das nicht nur quantitativ. Hier gefiel einer wie der andere.  Wackerbarths Riesling-Traminer passte deutlich besser als die liebliche Spätlese vom Goldenen Wagen. Bei vier Kernern konnte eigentlich nur der vom Landesweigut nicht so recht gefallen, Hänsch, Jan Ulrich und Winzervereinigung dagegen schon. Bei den beiden Souvignier Gris hatte Piwi-Papst Winter die Nase klar vorn. Beim Weißburgunder blieben in Erinnerung der von Herzer und der vom Mini-Weingut „8 Zeilen“ aus Diera-Zehren. Goldschmidts Chardonnay war der beste und das nicht nur, weil der einzige. Der passt. Da hat Goldschmidt Junior seinen Stil gefunden.
Bei den sieben Grauburgundern ragten die der Weinbaugesellschaft Meißen, von Dr. Hage und André Gussek heraus. Beide Auxerrois waren sehr gelungen, der vom Landesweingut ist aber schon zugänglicher als der vom Thüringer Weingut Bad Sulza. 

Rosé & Co.

Bei den Rosé & Co. gefiel der Blanc de Noir von Gussek wie der vom Weinhaus Polomski, der Rotling von Dr. Lindicke, die Schieler von Henke und Hoflößnitz. Überhaupt waren die Rosé durch die Bank toll, getoppt von der Hoflößnitz mit Cabernet Cortis & Cabernet Carbon.
Das kleine Feld der roten Tropfen hatte mit dem aktuellen Rot, Rot, Rot der Freyburger Genossenschaft einen der besten, seit es diesen Wein gibt. Dr. Hages Pinotin von 2019 zeigte sich auch sehr schön, Herzers 20er Zweigelt passt schon sehr gut. Das Cuveé Friederike von Schloss Proschwitz bietet sofort Vergnügen. Die meisten anderen brauchen noch Zeit.
Final schließlich sehr schöne Sekte. Von den sieben der neun gemeldeten, die gegen Ende noch zu haben waren, ragte die Hommage 1835 von Wackerbarth deutlich heraus. Gefallen haben auch der 2018er André Blanc de Noir vom Landesweingut, sowie alle drei der Winzervereinigung.

Foto: Torsten Biel


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