Winzer Udo Lützkendorf, Patron des Weingutes Lützkendorf in Bad Kösen, hat den Weinbau in Saale-Unstrut maßgeblich geprägt. Im Dezember 2020 ist er im Alter von 83 Jahren gestorben. In einem im Burgenland Journal des Naumburger Tageblattes erschienenen Nachruf erinnern Journalisten an Udo Lützkendorf und Begegnungen mit ihm.  

Kein typischer Funktionär 

Udo Lützkendorf, Spross einer Winzerfamilie, die schon 1893 Weinberge bei Karsdorf bewirtschaftet hat, war zu DDR-Zeiten als Kellermeister und späterer Leiter des VEG Weinbau Naumburg kein typischer Funktionär der sozialistischen Schule. Mitstreiter von damals beschreiben ich ihn als pragmatisch, erfolgsorientiert, aber auch sehr sozial. Im Minimalland DDR holte er aus 100 Hektar Rebfläche mehr raus, als Interhotels verbrauchen und Politbüro trinken konnten. In Leipzig und Halle konnte man, wenn man etwas kundig war, Weine aus Bad Kösen finden, und nicht nur die aromatisierten Massenweine (für Kundige: die mit dem Engel auf dem Etikett). 

Reben-Schmuggel aus der Slowakei

Frank Nowak beschreibt ein prägendes Erlebnis mit Udo Lützkendorf. Es geht um einen Film über die Frost-Katastrophe 1987, den der TV-Mann für den MDR gedreht hatte. „Udo hatte eine sehr einprägsame Art zu schildern, wie er damals in die zur CSSR gehörende Slowakei reiste, um neue Reben für die zahlreich erfrorenen Pflanzen an Saale und Unstrut zu besorgen. Der Barkas B1000 war voll mit Maschinen und Ersatzteilen, die befreundete Winzer sehr gern gegen Setzlinge tauschen wollten – Kohle war auf beiden Seiten knapp. An der Grenze dann das große Zittern. Aber es klappte. 75.000 Pfropfreben Blauer Zweigelt, André und vieles mehr kamen in die Region. Das Gesicht von Saale-Unstrut war ab da ein anderes.“ 

Die 90-er noch ganz frisch

Wolf-Dietrich Balzereit hörte beim Stichwort Udo Lützkendorf gar nicht auf zu sprudeln. Er war sehr häufig in Bad Kösen und wurde immer quasi als Clan-Mitglied empfangen. Nicht als alles absegnendes, eher als akzeptierter Anmerker. Er erzählte von einer der letzten jährlichen Verkostungen kurz vor Weihnachten, bei der Udo aus seinem gut bestückten Archiv-Keller Tropfen auffuhr, die das gewaltige Potenzial von Anbaugebiet und eigenem Weingut bezeugten. Bemerkenswerte Weine kamen da in die Gläser. Gutedel und Müller-Thurgau aus den frühen 90-ern  präsentierten sich jugendlich frisch, frei von Firne und Verfallserscheinungen. Es waren mit die ersten Weine, die Udo Lützkendorf wieder im eigenen Familienweingut ausgebaut hatte. 

Erster VdP-Winzer im Osten

1959 hatte sein Vater die Weinberge der Familie in die LPG Burgscheidungen einbringen müssen. Als er sich nach der Wende weigerte, als Chef des nunmaligen Landesweingutes Personal zu entlassen, setzte man ihn vor die Tür. Er bekam Flächen zurück, baute mit Sohn Uwe eines der besten Weingüter des Ostens auf. Folgerichtig war es gemeinsam mit Schloss Proschwitz aus Meißen das erste Ost-Weingut, das in den VDP aufgenommen wurde. Auch eine Verkostung gereifter Jahrgänge auf Schloss Neuenburg blieb im Gedächtnis. Dabei kam auch ein 1976er Riesling des VEG Weinbau Naumburg auf den Verkostungstisch, der sich jugendlich, knackig und traumhaft in der Ausgewogenheit zwischen Frucht und Säure zeigte. Stolz überzog Udo Lützkendorfs Gesicht, als er die Geschichte der Entstehung dieses Tropfens erzählte. Sein unglaublicher Wissensfundus schien jeden Jahrgang präzise abgespeichert zu haben. 1976 sei ein sehr schwieriges Jahr mit hohen Säurewerten gewesen. Aber eben jenes straffe Säuregerüst verlieh jenem Riesling diese Langlebigkeit. 

Wein für Lebensfreude

Udo Lützkendorf gehörte zu den Gründervätern der Weinbruderschaft. Als ihm zuletzt das Niveau der jährlichen Bruderschaftsverkostungen zu sehr absank, zog er sich dort konsequent zurück. Gemeinsam mit Rudolf Knoll hatte er Anfang der 90er-Jahre die Idee einer gemeinsamen Jungweinprobe der beiden ostdeutschen Anbaugebiete ins Leben gerufen. 2020 hätte sie ihre 30. Auflage erlebt. Theo M. Lies erinnerte sich vor allem an Udo Lützkendorfs Rede zum 20. Geburtstag der Weinbruderschaft auf Schloss Burgscheidungen. In seiner unnachahmlichen Art warb dieser für den Weinkonsum als Mittel der Lebensfreude, aber auch der Gesunderhaltung. Er trinke deswegen jeden Früh einen Schluck und dann über den Tag immer wieder einen. Da könnten auch mal zwei Liter zusammenkommen. Andere Quellen sprechen von drei. Wieviel Wahrheit oder Geschichte darin liegt –  wer weiß das schon. 

Trauerfeier im Weinberg 

Immerhin 83 Jahre alt wurde er. Zur Trauerfeier in der Karsdorfer Hohen Gräte empfanden es alle als sehr stimmungsvoll, genau dort an den Verstorbenen zu erinnern. Die Schönburger Musikanten spielten auf, Enkelin Lisa hielt eine bewegende Rede. Es gab Weiß- und Spätburgunder des Hauses in Udos Lieblingsweinberg. Ihm hätte das wohl gefallen.

Udo Lützkendorf (links) mit Sohn Uwe (rechts) und Saale-Unstrut-Weinbotschafter Gunther Emmerlich.
Fotos: Torsten Biel

 


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