Diese Italiener. Da treten sie an, um die Weine des Piemonts bekannter zu machen. Als ob das nötig wäre… Habe schon genug hervorragende und weniger gute Erfahrungen gemacht.
Aber bitte, wenn „Barolo & Friends“ rufen kann man nicht ruhigen Gewissens nein sagen. Mit Friends sind die anderen Rebsorten des gesegneten Landstrichs Piemonte gemeint, Barbera, Arneis etc., auch nicht von schlechten Eltern. Wenn dann noch ein ausgesprochener Italien-Spezialist wie Jens Priewe die Weine näher bringt, lohnt sich der Trip nach Berlin erst recht – dem Ruf der Weine angemessen ins Adlon. Priewe bot eine schlüssige Erklärung, warum sich die Piemonteser in ihren Marketing-Anstrengungen Deutschland ausgeguckt haben. „Die Erzeuger im Piemont meinen, Deutschland sei eine reiche Volkswirtschaft, ergo sind die Deutschen alles reiche Menschen.“ Der Experte selbst findet die Preise für Barolo & Friends generell etwas zu hoch aufgestellt. Die Unterscheide waren freilich groß – bei den Preisen und bei den Weinen.
19 Weinproduzenten waren mit vielfältigem Angebot vor Ort, im Mittelpunkt standen Barolo und Barbera. Ein zweiköpfiges Weinbeobachter-Team probierte sich durch – und ist auch „Friend“ geworden, nicht nur von Barolo.
Arneis nicht gleich Arneis
Da sind schöne Weißweine, allen voran Arneis. Drei wurden verkostet. Der von Giacomo Vico präsentierte sich frisch und knackig, im Abgang würzig und kräutrig, machte Spaß. Knapp dahinter der Arneis von Casetta F.lli, ähnliche Markmale, ganz typischer Vertreter seiner Art. Der Arneis von Vite Colte gab dagegen Rätsel auf. Ist das überhaupt ein Arneis? Oder doch eher ein auf Masse getrimmter Weißwein, der einfach nur gefallen will? Wie auch immer, wir lernen: Arneis ist nicht gleich Arneis, die Unterschiede sind beträchtlich. Prinzipiell bleibt die Frage nach dem Platz dieser Rebsorte im mit tollen Weißweinen wahrlich gesegneten Deutschland.
Barbera nicht nur zur Pizza
Da ist die Massenrebsorte Barbera von anderem Kaliber, den Typ gibt’s hier nicht. Das Muster: Tanninarm mit deutlicher Säure, in der Regel leicht zu trinken und zu verstehen, gerne wird der Barbera „Pizzawein“ genannt. Warum nicht? Funktioniert, überhaupt passt der Barbera eigentlich immer zum Essen, hat wohl auch deshalb viele Freunde.
Barolo, für Künstler
Über allem steht natürlich der Nebbiolo, die Rebe der großen Piemonteser Weine Barolo und Barbaresco. Nebbiolo ist nicht everybodys Darling, der kann ein echter Typ sein, immer schwierig, sorgt immer für Diskussionen. Nebbiolo hat wenig Farbe, dafür viel Tannin. Die Kunst ist, das Kerntannin zu finden und präzise zu wissen, wie weit die Extraktion ist. Und wie bei Kunstwerken üblich gehen auch bei Nebbiolo die Meinungen auseinander, ist mancher Künstler eher ein Scharlatan und ein anderer unterschätzt und wieder ein anderer ein unerkanntes Genie.
Streifzug durch die Masterclass
In der von Jens Priewe in Bestform moderierten Masterclass war die Bandbreite der Barolo, Barbera & Friends zu testen. Aus den Notizen:
Franco Mondo – Barbera d’Asti Superiore „Il Salice“ 2015 (6,90 €)
Mondo ist ein typischer Produzent für Standardwein. Der „Il Salice“ reifte 8 Monate im Fass, 6 weitere Monate in der Flasche; deutlich Kirsche im Bukett, überhaupt viel Frucht im Wein
Tenuta Tenaglia – Barbera del Monferrato Superiore „1930“ 2013 (16 €)
kräftiger, straffer Wein, schön eingebaute Säure, macht Spaß
Franco Mondo – Barbera d’Asti Superiore Nizza „Le Rose“ 2011 (14 €)
kommt von der besten Barbera-Lage, fleischig, würzig, kräftige Reife und schöne Säure
Baldi Pierfranco – Barbera d’Asti Superiore „Balau“ 2011 (9 €)
saubere Nase, Tabak und Frucht, nicht nur für Priewe ein wenig zu international, denn der „Balau“ hat keine Ecken und Kanten, ist in jeder Hinsicht unanstrengend
Giacomo Vico – Roero Riserva 2013 (15 €)
der hat Charisma, präsentes Holz, schöne Schärfe, markantes Tannin, kein Schmeichler, eher ein Kerl
Ciabot Berton – Barolo „Rocchettevino“ 2012 (19 €)
leicht schokoladig, und da ist sie, die Mon Chérie-Kirsche, ausgezeichnete Tannine, gut gemacht, starker, traditioneller Barolo
L’Astemia Pentita – Barolo „Cannubi“ 2011 (54 €)
Kommt von einer Top-Lage! 24 Monate im Fass gereift, 2011 war ein warmes Jahr, daher etwas überextrahiert, eine Spur zu aromatisch, wuchtig-breite bittersüße Note
Ciabot Berton – Barolo „Roggen“ 2010 (19 €)
viel Power, viel Kraft, noch mehr Tief. Hat noch ein langes Leben; Anflug von Süße, runde Tannine, leicht pelzig, guter, eleganter Jahrgang, jetzt schöne Trinkreife
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