Das klang ja schon irgendwie schräg. Fidel Castros Lieblingszigarre(n) zu Weinen von Saale-Unstrut, auch noch zu Weißen! Und dann hieß es in der Veranstaltungsankündigung zur „SommerWeinNacht“ in Naumburg auch noch, dass die kubanische Revolutionsikone die Weine der Winzervereinigung Freyburg bei einer Messe in Havanna persönlich  kennengelernt und vor allem an einem Weißburgunder „großen Gefallen“ gefunden habe.
Wie steht es um Fidel Castros Geschmack und funktionieren Weine aus den nördlichen Weinprovinzen wirklich zu Cohiba oder Romeo y Julieta? Nichts wie hin, nach Naumburg.

Idyllisches Ambiente

Zu berichten ist von einer tadellos organisierten Veranstaltung, Kultur und Kulinarik stimmten, der Garten des Naumburger Doms gab die idyllische Kulisse und Traumsommernachtswetter setzte den Punkt aufs i. Bei solch einem Wohlfühl-Klima haben es die Weine per se nicht schwer. Dass ausschließlich Weine der örtlichen Genossenschaft (die Winzervereinigung ist die größte Ostdeutschlands) ausgeschenkt wurden und keiner der ambitionierten Privatbetriebe mitmachte, hätte verschiedene Gründe, hieß es von den Organisatoren. Dass in kleinen Gebieten die Winzer mitunter nicht an einem Strang ziehen, ist kein Geheimnis.

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Idyllisches Ambiente bei der SommerWeinNacht.                                                                  Foto: Torsten Biel

Entdeckung Werkstück

Bei den Weinen der Winzervereinigung gab es freilich genug zu tun, 30 waren zu verkosten. Besonderes Interesse verdienten Tropfen mit dem Label „Werkstück Weimar“. 2015 ist der erste Jahrgang der vom sächsischen Star-Winzer Prinz zur Lippe 2014 übernommenen Flächen in Thüringen. Der Prinz hat offenbar ein gut bestelltes Feld hinterlassen, die Winzergenossen nahmen die Vorlage dankbar auf. Die Werkstück-Weine waren (mit Ausnahme des etwas lauen Frühburgunders) die Entdeckung des Abends. Bei den avantgardistisch anmutenden Etiketten geht man neue Wege, auch stilistisch heben sich die Weimarer Weine vom gewohnten Portfolio ab. Auxerrois und Sauvignon Blanc haben den größten Eindruck hinterlassen, der Werkstück-Silvaner hat den DQW-Silvaner aus dem Grundsortiment deutlich „besiegt“, sehr nett auch der Zweigelt. Mutig der Dornfelder Rosé halbtrocken (steht auch auf dem Etikett und nicht das verschämte feinherb), fand aber Anklang.

Die Werkstück-Weine der Winzervereinigung

Die Werkstück-Weine der Winzervereinigung.                                                                     Foto: Theo M. Lies

Lehrlinge fit

Aufgefallen sonst: Ein hübscher Kerner-Sekt, der bei der Spezialverkostung Wein & Schokolade (von Schell aus Gundelsheim) zur Hochform auflief. Dann ein passabler Grauburgunder Spätlese vom Dorndorfer Rappental, der das „Duell“ mit dem Pinot Grigio Edelacker mit leichtem Vorsprung „gewann“. Unerwartetes Highlight war der 2015er Traminer trocken, der Lehrlingswein, ein Orangewein ganz nach der Mode. Der Nachwuchs hat das blitzsauber hinbekommen, es leuchtet also am Horizont in Sachen Winzer-Zukunft im Osten.

Fidels Zigarren

Nun aber Fidel Castro. Habe zur Romeo y Julieta den kräftigen „Rot Rot Rot“ (Cuvée aus Zweigelt, Dornfelder und Regent) und zu einer Cohiba den 2013er Weißburgunder Barrique sowie eine trockene 2011er Kerner Beerenauslese probiert. Kurz gesagt: zu später Stunde funktioniert ja alles irgendwie, der Süßwein vielleicht am überraschendsten. Castro hätte aber wohl doch einen Rum zu den Zigarren gewählt.
Der Weißburgunder schließlich, der dem Kubaner imponiert hat, ist weder auf- noch abgefallen. Die Werkstück-Weine waren auf der Havanna-Messe 2004 noch nicht verfügbar und die Lehrlinge noch Grundschüler. Kleines Paket nach Havanna? Weiß nicht, klar aber ist: Vorfreude auf „SommerWeinNacht“ 2017.

Übrigens, Castro war nicht da.


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