Beim Besuch bei Winzer André Gussek in Naumburg im letzten Herbst waren die 2020er Weine noch nicht in der Flasche. Dafür gab es eine hochinteressante Lektion in Sachen Grauburgunder. Nun sind viele Weine des durchaus schwierigen Jahrgangs 2020 abgefüllt, dazu spannende Rote von 2019. Grund genug, für einen neuerlichen Winzerbesuch bei André Gussek in Naumburg. 

Barrique-Spezialist

Der Winzer, einst Kellermeister des Landesweinguts und seit 1993 mit eigenem Betrieb (seit 2001 im Haupterwerb), bewirtschaftet 9 Hektar. Ein Teil der Reben wächst direkt hinter dem Gutsgebäude mitten in Naumburg. Prunkstück ist jedoch der Kaatschener Dachsberg, bekannteste Steillage in Thüringen. Gussek steht für Terroir-geprägte Weißweine, viel Ehrgeiz gilt dem Riesling. Auch gilt er als Spezialist für Barrique-Weine. Unbestritten gehören seine Rotweine zu den besten des Gebiets, ja ganz Ostdeutschlands. Noch erwähnenswert: André Gussek gehört neben anderen Winzern der Region zu den Mitbegründern des Projekts „Breitengrad 51“.

Schwieriges 2020

Warum das Jahr 2020 schwierig war? „Frostschäden, Minusgrade im Mai, massive Verluste“, erzählt  André Gussek. Die Konsequenzen: „Der Keller ist so gut wie leer. Kein Blanc de Noir, obwohl den jetzt jeder haben will. Und es gibt nur einen Rotwein, und den als eine Cuvée.“ Wenigstens hat es die weißen Sorten nicht so arg getroffen, und da bewegen sich die 2020er von Gussek auf gewohnt hohem Niveau. Und bei den Roten war ja der 2019er dran, da gibt es ein dickes Ausrufezeichen. 

Müller-Thurgau & mehr

Start mit dem Müller-Thurgau Muschelkalk. Schöne Frische, Duft nach Flieder, feines Tröpfchen. Gussek nennt den Müller-Thurgau „Brot- und Butter-Wein“. Tiefstapelei? Im Hitze- und Trockenjahr hatte der „Müller“ 96 Oechsle, „das gab’s noch nie“. Ganz klar zu viel für einen Butterwein.
Der Silvaner Sonneck Alte Reben (tatsächlich über 90 Jahre alt!) erfüllt alle Erwartungen: er ist durchgegoren, erwachsen, reif, kräftig.
Von anderem Charakter ist der Weißburgunder Gutswein: frisch, kalkig, mineralisch, kräutrig, mit schönem Körper.   Den Weißburgunder Sonneck gibt’s als Fassprobe, die berechtigt zu hohen Erwartungen. „Zum erstem Mal bei Weißburgunder erfolgte die Reife auf der Feinhefe , wie beim Riesling“ , erklärte Gussek.  

Starke Rieslinge

Die Rieslinge gehören seit jeher zu Gusseks Aushängeschildern, bei den 2020ern ist es nicht anders. Der Riesling Gutswein trocken ist ein feiner Einsteiger mit schöner Aromatik und schöner Säure.  Den Riesling Naumburger Steinmeister gibt’s als Fassprobe, in die Flaschen kommt er erst im März 2022. Doch da reift etwas Großes. Schon jetzt wirkt der Wein dicht, fast fett, mit toller Aromatik. Wohin die Reise geht, verrät der Riesling Naumburger Steinmeister von 2019. Notiert: „straffes Gelb, tolle Säure, Power, gelbe Frucht.“
Begeistert hat mich der Riesling Dachsberg 2019. Abgefüllt im November 2020 hat er in bester Balance Power, Aromatik, Mineraltität, Frucht und Säure.  Klasse-Wein. 

Cabernet Cortis

Finale mit der roten Überraschung. die heißt Cabernet Cortis. Das ist eine Piwi-Sorte, Kreuzung aus Cabernet Sauvignon und Solaris. Wie er auf Cortis kam? „Ich habe ihn nach der Beschreibung der Sorte ausgesucht, erzählt Gussek. Viele Vorteile hätten ihn überzeugt, als da sind: lockerbeerige Reben, frühe Reife, kann lange hängen, gute Farbe, reife Tannine. „Eigentlich wollte ich ihn als Ergänzungspartner für Rotwein-Cuvees“ erzählt der Winzer. Herausgekommen ist ein Prachtstück von Rotwein – reinsortig.
Die erste Ausgabe ist der Cabernet Cortis Naumburger Steinmeister 2017/2018. Der hat eine schöne Dichte und Komplexität, schmeckt nach dunklen Beeren. Gelungenes Debüt, könnte man sagen. Doch mit dem Cabernet Cortis 2019 geht es noch eine Stufe höher. Der lag ein Jahr im Barrique, das gibt Muskeln. Er bringt die Vorzüge des Cabernet zum Vorschein, hat viel Frucht, wirkt cremig, Aromen nach Kaffee, Tabak und 74prozentiger Schokolade ( oder doch 80%?), überreife Pflaumen, über den Wein lässt sich lange philosophieren. Ein großer Wurf. 


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