Thema New Faces? Jetzt gleich doppelt. Neue Winzer aus Österreich stellen sich und ihre Weine vor. Und eine neue Autorin ist für den Weinbeobachter aktiv.

Liebe zu Österreich

Karoline Köster

Was tut der Weinbeobachter, wenn er einen so spannenden wie sympathischen Wein-Termin in Berlin wegen lästiger anderer Verpflichtungen nicht wahrnehmen kann? Er schickt seine Tochter, die es nicht geschafft hat, einen Winzer zu heiraten, Weinkönigin zu werden oder zumindest ein ähnlich tiefgründiges Interesse für Wein zu entwickeln. Das bin dann wohl ich. Trotz dieser Enttäuschungen ist meine Liebe zu Österreich eine gute Voraussetzung für einen schönen Abend in Vertretung des Weinbeobachters bei der Veranstaltung „New Faces From Austria“, organisiert von der Österreich Wein Marketing (ÖWM).  

In der Veltliner-Falle

Erste Problematik vor Ort – der österreichische Weißwein schlechthin ist der Grüne Veltliner – schmeckt mir leider grundsätzlich eher nicht. Dennoch habe ich mich dazu hinreißen lassen, drei Grüne Veltliner zu kosten. Zuerst den von Reinhard Topf aus dem Kamptal, weil dieser der Favorit des Winzers ist: Grüner Veltliner Ried Straße Hasel; 2017 Kamptal DAC Klassik. Ich habe mir damit keinen Gefallen getan, ist mir viel zu viel – zu fruchtig, zu spritzig, zu säuerlich. Bei 5,8g/l Säurerest (SR?) und nur 1g/l Restzucker ist das vermutlich kein Wunder. 

FM4 statt Ö3

Dann der zweite Grüne Veltliner, den ich mir habe aufschwatzen lassen. Weil der Winzer ein sehr netter Typ war und eine ausgefallene Art hatte, seinen Wein anzupreisen. Er hat mir gezeigt, dass das Zusammenspiel zwischen Säure und Restzucker einen mir einigermaßen schmeckenden Veltliner doch möglich macht. Thiery-Weber vergleicht Weine mit Musik bzw. mit Musik-Genres. Er möchte Weine machen, die auf FM4 statt Ö3 laufen würden. (Für die, die sich mit den österreichischen Radio-Sendern nicht auskennen: Ö3 ist totaler Mainstream, FM4 ist etwas origineller, aber dennoch für fast jeden hörbar.) Solche Weine soll es von Thiery-Weber geben: außergewöhnlich, aber trotzdem massentauglich. Die Assoziation finde ich klasse und mit dem Winzer konnte man gut ins Gespräch kommen. Sein Grüner Veltliner soll wie Pearl Jam schmecken. Da ich die Band nicht kenne und sowieso kaum Radio höre, kann ich das nicht beurteilen. Aber hat mir besser geschmeckt als die anderen dieser besonderen Rebsorte. Vielleicht lag es aber auch am sympathischen Winzer. Ich glaube fest daran, dass Wein und die Situation, in der man ihn trinkt (inkl. der anwesenden Personen), aufeinander einwirken. Besonders gut hat mir von Thiery-Weber der Gemischte Satz (2016) geschmeckt: Gemischter Satz „Wolferl“; 2016 Niederösterreich Reserve. Wolferl nennt man die Reste, die bei der (fast komplett manuellen) Weinlese übrig bleiben. Der Winzer nannte dies die Bilanz des Weinjahres und so auch seinen äußerst leckeren Gemischten Satz – Wolferl. Meines unqualifizierten Erachtens nach kann keiner so gut verschiedene Rebsorten „zusammenmischen“, der dann wirklich gut schmeckt, wie die Österreicher. 

Beeinflussen Sympathien den Geschmack?

Zurück zum Veltliner war meine dritte Probe einer vom Weingut Koch: Grüner Veltliner „Selektion“; 2017 Wagram Klassik. Der ist prämiert, unterstütze aber meine These, dass persönliche Sympathien den Weingeschmack beeinflussen. Nachdem der Winzer merkte, dass ich kein möglicher Importeur bin, sondern „nur“ Vertretung eines Bloggers, wurde das Gespräch deutlich kühler. Und die Bemühungen, mich für seinen Wein zu begeistern, sanken. Dementsprechend hat mir der Wein dann gerade auch nicht mehr so geschmeckt. Jetzt weg von den Weißweinen, wo ich eigentlich nur den Gemischten Satz für mich (wieder)entdeckt habe. 

Endlich Zweigelt

In Sachen Rotwein hatte ich wesentlich mehr Erfolg als mit Grünem Veltliner und dem einen Riesling, den ich verkostet habe. Auch die  typisch österreichische Rebsorte Zweigelt hat mir überall geschmeckt, auch wenn ich zu früh zu viel zu viel davon getrunken habe. Möglicherweise hat mein Urteilsvermögen zu schnell nachgelassen und mir hat dann alles geschmeckt. Vielleicht kann ich deswegen guten Gewissens einen der ersten vertretenen Weingütern empfehlen. Taferner aus Carnuntum. Zweigelt Ried Haidacker „Macération Carbonique“, 2017 Carnuntum. Mein ausgefeilter Kommentar im Verkostungsheft: Megalecker! Haut rein, ist aber auch schnell wieder vorbei. Nun, das reicht wohl. Aber auch der zweite Zweigelt von Taferner mit dem passenden Namen „Rubin Carnuntum“ (auch 2017), hat mir richtig gut geschmeckt. Besonders die Farbe war schon köstlich – fast pink, hat gar nicht so recht zum samtig weichen, dunklen Geschmack gepasst. Ein kleiner Punk unter den Rotweinen, zumindest was die Farbe angeht. 

Tapeten und Perlen

Andere Rote habe ich auch probiert, beim Weingut Heinisch. Pinot Noir von 2013 (einer der ältesten anwesenden Weine) sah auch hübsch aus, dunkles Rost, hat geschmacklich aber ein bisschen an Tapete erinnert. Wenig Begeisterung. Merlot von 2014 hingegen war eigentlich lecker, sehr weich und ich glaube typisch vanilig. Aber kurz danach habe ich mich schon nicht mehr daran erinnert. Ist ja eher ein schlechtes Zeichen. Kann aber auch sein, dass ich Zweigelt schon zur Lieblings-Rotwein-Rebsorte erklärt habe und dem treu bleiben wollte. Ein Reinfall bzgl. Zweigelt gab es schon. Allerdings habe ich da einfach nur nicht sorgfältig gelesen und bin über einen Perlwein – Blauer Zweigelt „Rosé Ancestral“ 2017 – gestolpert. Einzige Notiz dazu: Fad. Aber Fan von Perlweinen bin ich sowieso nicht besonders. 

Süße Veltliner-Versöhnung

Natürlich habe ich zu guter Letzt die Süßweine nicht ausgelassen. Da bin ich recht lange bei Preiner Wein vom Neusiedler See stehen geblieben. Aber nicht, weil mir die Chardonnay Beerenauslese so geschmeckt hätte. Der war mir doch viel zu süß, hatte keine warme Süße, sondern etwas Stichelndes. Sondern weil ich den jungen Winzer vor einem typischen Berliner Suderer (österr. für „Nörgler“) retten wollte. Sudern macht nur Spaß, wenn man es im österreichischen Dialekt tut. In Sachen Süßweine hab ich den Grünen Veltliner dann doch wieder lieb gewonnen. Habe einen Eiswein getrunken, der zwar mit 108,8g/l ziemlich viel Restzucker hat, aber die Säure balanciert das sehr schön. Von den Süßweinen war das jedenfalls der Beste und wirklich schmackhaft. 

Die Tops

Nochmal zusammenfassend der jeweils beste Wein aus den drei Kategorien Rot, Weiß und Süß inkl. passender Musik dazu. Ich bediene mich hier mal der Thiery-Weber-Methode:
Zweigelt Ried Haidacker „Macération Carbonique“, 2017 Carnuntum vom Weingut Taferner. Schmeckt/klingt wie Only You von Yazoo.
Gemischter Satz „Wolferl“; 2016 Niederösterreich Reserve von Thiery-Weber. Schmeckt/klingt wie Wahre Liebe/Love minus Zero von Ambros.
Grüner Veltliner, 2014 Wagram Eiswein von Preiner Wein. Schmeckt/klingt wie Take on me von A-HA

Sonstige Highlights

Sonstige Highlights der Veranstaltung:
1. Die österreichischen Dialekte sind einfach wunderbar!
Und 2. Info-Material war sehr gut aufbereitet und ideal vor allem für (W)Einsteiger wie mich. 


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