Höchste Zeit für Besuch bei Winzer Clemens Busch in Pünderich an der Mosel. Dessen Weine haben mir schon bei einigen Gelegenheiten schwer imponiert. Dazu die spannende Vita: Clemens Busch gehört zu den Pionieren des Bio-Weinbaus in Deutschland. Seit 2005 wirtschaftet das Weingut konsequent biodynamisch. Die Weine genießen Weltruf. Der Mann hat sicher einiges zu erzählen. 

Idylle an der Mosel 

Clemens Busch vor der Lage Pündericher Marienburg

Hat er. Zunächst gibt’s aber erst mal was fürs Auge. Pünderich ist der erste Ort der Terrassenmosel (für manche Einheimische ist es freilich der vorletzte der Mittelmosel flussabwärts). Das Gutshaus direkt am Moselufer mit Blick auf die Weinberge ist die pure Idylle, man kann es nicht anders sagen. Von der Terrasse schaut man auf den Fluss, auf der anderen Seite dann das Panorama der Lage Pündericher Marienburg in voller Schönheit. „Schon schön hier“, stimmt Clemens Busch meiner Verzückung zu und stellt ein Glas seines Riesling 2022 trocken auf den Tisch. Der Basiswein, oder korrekt, Gutswein. 6 Gramm Restzucker, stramme 7,5 Gramm Säure, aromatisch, schöne Frische, nur 10,5% Alkohol, ein Wein von schöner Klarheit und Strahlkraft. Aber mal ehrlich, an diesem idyllischem Plätzchen würde wohl jeder Wein schmecken. Der Winzer muss lachen, das käme auf einen Versuch an. Lieber nicht, denn das ist ein feiner, charaktervoller Wein, der wohl unter allen Bedingungen eine tadellose Figur macht.  

Top-Lage Pündericher Marienburg 

Einiges zum Betrieb. 19 Hektar Reben bewirtschaftet das Weingut Clemens Busch, ausschließlich Riesling. 12,5 Hektar gehören zur Lage Pündericher Marienburg mit den Parzellen Fahrlay, Falkenlay und Felsterrasse. Marienburggehört zu den Top-Lagen an der Mosel.  Sie liegt am gegenüberliegenden Flussufer Pünderichs und ist in Richtung Süd bis Südost ausgerichtet. Hier dominiert Schiefer – Rotschiefer, Grauschiefer und Blauschiefer. Alle Weine werden spontan vergoren, der Schwefeleinsatz erfolgt so behutsam wie möglich. Clemens Busch ist Mitglied im Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP). 
Sein Sohn Johannes, 35, arbeitet schon seit elf Jahren im Betrieb und ist der zukünftige Betriebsnachfolger.  Florian, sein anderer Sohn, hat es nach Frankreich verschlagen. Er absolvierte vor Jahren ein Praktikum in der Domaine l’Aupilhac in Montpeyroux im Languedoc, hat sich verliebt und ist „hängen geblieben“. Hoppla, Domaine l’Aupilhac? Allerbeste Erinnerungen, tolle Weine. Clemens Busch stimmt zu, und erzählt, dass Florian zusammen mit seiner Lebensgefährtin in Montpeyroux ein Weingut aufgebaut hat, die Domaine Flo Busch. Ist beim nächsten Besuch in Südfrankreich Pflicht!

Beeindruckende Naturweine 

Jetzt kommt ein Riesling Naturwein ins Glas. Die „technischen Daten“ haben es in sich. Weniger als 1 Gramm Restzucker, schlanke 10,5% Alkohol und fast ohne Schwefel. „Nur eine Dosierung 3 bis 4 Milligramm am Tag vor dem Abfüllen, das gibt Oxidationsschutz“, erklärt Busch. Ganz wichtig bei Naturweinen, die eine längere Maischestandzeit haben, sei ein absolut trockenes  Lesegut. „Die Gesundheit des Leseguts ist das A und O.“  Dieser Natur-Riesling mit dem Label „Low Sulfer“ wird ausnahmslos nach Kanada exportiert, dort hat er viele Fans. Hätte er hier auch – mit mir. 
Ähnlich „gestrickt“ ist der 2022er Riesling (alter-)native. Laut Clemens Busch „Ortsweinqualität“. Die Trauben kommen vom mittleren Bereich der Marienburg. “Die Trauben wurde früh in der Kühle gelesen, ldann 60 Stunden auf der Maische“, erklärt der Winzer. Ein Nischenprodukt, es gibt nur 5500 Flaschen. Der (oder Die?)  (alter-)native hat im Vergleich zum puren Naturwein wegen der Tannine mehr Grip, auch deutlichere Schieferstilistik und schon jetzt mehr Reife. „Weil der vom  Steilhang kommt.“ 

Von Oinos zu Respekt

Die Naturweine sind guter Anlass, über die Anfänge des biologischen/ökologischen Weinbaus in Deutschland zu reden. Clemens Busch gehört zu den Pionieren. „Vor allem bin ich einer, der bis jetzt noch dabei ist“, sagt er. 1984 gehörte er zu den Mitbegründern des Oinos-Bundes (Bund ökologischer Moselwinzer e.V.). 1986 erfolgte dann die Gründung des Bundesverbands ökologischer Weinbau. Und seit 2014 ist er Mitglied bei „Respekt Biodyn“, einer in Österreich gegründeten Vereinigung von Biodynamik-Winzern, die mittlerweile Mitglieder in ganz Europa hat. „Mit Demeter war ich damals nicht so zufrieden“, sagt Clemens Busch, der sich sicher ist: „In 20 Jahren wird Bio Standard sein. Aber man muss uns den Kupfer lassen, und etwas Schwefel.“ 

Brennnessel-Jauche und Schachtelhalm 

Wie war es denn so in der 1980er Jahren, als Bio noch nicht Mainstream war?  Die Anfangsjahre seien schon ziemlich turbulent gewesen, erzählt Clemens Busch. „Es gab ja kein Internet für den  Austausch, man konnte nicht googeln. Wir haben mit Brennnessel-Jauche experimentiert,  Schachtelhalm verteet und gespritzt. Ende der 80er Jahre war dann Propolys Mode. Wir haben viel ausprobiert.“ In den ersten  Jahren sei auch kein Kupfer gespritzt worden, damals gab es auch noch keine Peronospora (Falscher Mehltau). „Doch 2004 trat ein neuer Pilz auf, die Schwarzfäule. Wir hatten fast 40 Prozent Ernteverlust, seither ist Kupfer fester Bestandteil auch bei den Bios. Leider wurde der Einsatz von phosphorischer Säure vor 5 Jahren verboten. Man hätte Kupfer einsparen können.“  
Natürlich sei er mit seinen Mitstreitern vor nun fast 40 Jahren Außenseiter gewesen. „Wir wurden als Spinner und  Quertreiber angesehen. Aber so langsam sind wir in vielen Orten  eine starke Fraktion geworden. Und bei uns im Ort hier gab es schnell Akzeptanz. Die Lage Pündericher Marienberg ist mittlerweile überwiegend Biofläche. In Pünderich selbst gibt es viele Biobetriebe.“ 

Großartige Marienburger 

Nach den alten Geschichten ist mal wieder Zeit für Weine. Jetzt geht es ins obere Regal. 
Zum Riesling Nonnengarten 2018 ist notiert: Tolle Farbe, tolle Reife, toller Wein. Der Nonnengarten liegt rechts von der Marienburg, der Boden Rotschiefer. „Eigentlichen Große Lage“, findet Clemens Busch. Zu recht. Jetzt kommt der Marienburg Großes Gewächs 2017 ins Glas. 12 bis 15 Stunden auf der Maische. Ein wunderbarer Wein mit Frische, Kernobst-Aromen, kräutriger Mineralität und schier ewiger Präsenz. Der  Marienburg Falkenlay 2018 – Falkenlay ist eine Parzelle in der Lage Marienburg. Ein geradezu opulenter Riesling, mit schön gepufferter Säure, einer interessanten Honig-Note und großer Strahlkraft. Schließlich der Marienburg Raffes 2018. Raffes heißt das Filetstück der Marienburg, uralte Reben, daher geringer Ertrag. Dort liegt grauer Schiefer, der bringt eine andere Frische. Es ist auch extrem trocken dort, bedeutet null Botrytis. Von dem Wein gibt’s nur 800 bis 1000 Flaschen. „Der kostet schon mal 120 Euro, aber die Leute reißen sich drum“, sagt Clemens Busch. Was man in dem Wein so alles entdecken kann würde den Rahmen hier sprengen. „Lang, tief, rund, eine Wonne“, urteilte ein Kritiker. Denn ist nichts hinzuzufügen  
Finish!? Was wäre die Mosel ohne Kabinett? Den hat Clemens Busch natürlich auch. Der Marienburg Kabinett 2022 kommt von den Lagen ganz oben, wo es etwas kühler und windiger ist. 65 Gramm Restzucker, 10,5 Gramm (!) Säure, 7,5% Alkohol – einer wie aus dem Lehrbuch. 


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