Habe bei der jüngsten Weintour in Iphofen Johann Ruck getroffen. Johann Ruck – bei den Rucks heißen seit jeher alle erstgeborenen Söhne Johann – führt das fränkische VDP-Weingut Joh. Ruck seit der Gründung durch Johann Balthasar Ruck 1839 in achter Generation. Beste Gelegenheit für ein launiges Wein-Gespräch.  

Was sind Ihre ersten Erinnerungen an Wein?
Das kann ich gar nicht sagen. Wein ist bei uns in der Familie immer präsent gewesen, ich bin sozusagen damit aufgewachsen. 

Hatten Sie je eine Chance, etwas anderes zu werden als Winzer und den Betrieb der Eltern zu übernehmen?
Ich hätte gewiss die Möglichkeit gehabt. Die Eltern haben mich gefragt, da war ich 12 oder 13, in welche Richtung ich beruflich mal gehen möchte. Winzer wäre schon gut, habe ich gesagt. Und da waren die Weichen gestellt. Über Alternativen habe ich mir keine großartigen Gedanken gemacht. 

Und Ihre Geschwister?
Ich habe eine Schwester und einen Bruder. Da hat man sich darauf geeinigt, dass die ausbezahlt werden und das Weingut bei einem Nachkommen bleibt. 

Welche Stichworte fallen Ihnen zu Wein aus Franken ein? 
Bocksbeutel. Nicht nur Silvaner. Trockene Weine. 

Der Bocksbeutel hat es gerade schwer, es gibt Lieferprobleme …
Ja, es ist momentan schwierig. Die Bocksbeutel werden in kleinen Stückzahlen produziert und sind auch recht teuer. Letztes Frühjahr konnte mir keiner sagen, ob in diesem Jahr Bocksbeutel geferttigt werden. Da kam keine Antwort von der Glasindustrie. Solange ich den Bocksbeutel bekomme, werde ich ihn auch benutzen. Aber wenn sich da große Probleme abzeichnen, müssten wir tatsächlich eine andere Flaschenform wählen. Bocksbeutel ist natürlich auch Kulturgut. Doch ich kann mir schon vorstellen, dass es solche regionalen Besonderheiten nicht mehr gibt. Wäre schade, hatten wir aber schon mal.

Wann denn? 
In den 1940er Jahren, während des Zweiten Weltkrieges. Da gab es auch keine Bocksbeutel mehr. Auf unserem Dachboden liegen einige Flaschen aus den 1940er Jahren, das sind klassische Schlegelflaschen. 

Wie schmeckt Frankenwein aus den 1940er Jahren?
Die auf dem Boden sind leere Flaschen. So alte Weine haben wir nicht mehr. Die Schwachstelle ist nicht die  Langlebigkeit der Weine, sondern die Verschlüsse. Ich habe einige alte Weine probiert, die waren durch schlechten Kork oxidiert. Das hat vielen Weinen das Genick gebrochen. 

Setzen Sie deshalb voll auf Schraubverschluss?
2004 war unser erster Jahrgang mit Schraubverschluss. Es ist tatsächlich eine ganz andere Welt. Man öffnet ältere Weine, sagen wir aus den frühen 2000er Jahren, und diese Weine haben nicht diesen goldgelben Farbstich drin, sondern grünliche Reflexe. Sie sind völlig unbeeinflusst von muffigen  Geschmackseindrücken, die man durch den Kork immer wieder hat.

Fränkischer Wein definiert sich vor allem über den Silvaner. Es gibt auch tolle Rieslinge, Müller-Thurgau, Rotweine etc., die stehen eher im Schatten. Welche Zukunft hat der Silvaner ?
Nicht vergessen: Franken ist nicht durch Silvaner groß geworden! Der Riesling vom Stein war um 1900 weltberühmt. Man kann sich schon vieles vorstellen. Die roten Sorten werden wegen des Klimawandels an Bedeutung gewinnen. Das manifestiert sich bei uns auch. Aber ich wüsste nicht, ob jemand einen Sangiovese aus Iphofen trinken würde. Der wird schon reif und schmeckt möglicherweise gut. Aber wollen wir das? Zum Glück ist der Silvaner eine Sorte, die viel abkann, der auch hohe Temperaturen nicht viel ausmachen. Riesling braucht mehr Pflege. Besonders ungünstig wirkt es sich beim Bacchus aus. Er kriegt Sonnenbrand. Im Extremfall verbrennen ganze Pflanzenteile. 

Sie sind seit über 30 Jahren im Weinbau tätig. Wie hat sich die Weinwelt seither entwickelt? 
In den 1980ern und 1990er Jahren hatten wir noch Personal. Jetzt ist es sehr schwierig, vor allem bei der Lese. Früher hatten wir eine Truppe, das waren meist Hausfrauen aus der Nachbarschaft, die waren da. Das gibt es nicht mehr. 

Wie läuft es jetzt? 
Ich habe zum Glück einen großen Freundes- und Bekanntenkreis. Da sind viele Rentner dabei, die viel Zeit haben. Die werden dann halt jeden Tag angerufen. Die kommen auch meistens. Zu den Veränderungen gehört natürlich noch das Internet, neue Marketing-Strategien. Doch damals hat sich der Wein auch nicht von allein verkauft. 

Reden wir über den Klimawandel. Wie sehr sind Sie betroffen? 
Sonnenbrand, Trockenheit, das sind die negativen Auswirkungen. Aber es gibt auch positive Effekte. Generell  hat sich die Weinqualität verbessert. Das liegt auch daran, dass die Reben jedes Jahr reif werden können. Komplettausfälle gibt es nicht mehr. Aber einfacher wird es deswegen auch nicht.  Allein die letzten drei Jahre: 2020 ist sehr viel erfroren. 2021 hatten wir diesen nassen Sommer, da ist viel vergammelt. 2022 ist es dann vertrocknet. Und nur mal so: In den 1980er Jahren war noch von einer neuen Eiszeit die Rede. 

Welche Trends sehen Sie in den nächsten Jahren? 
Wir werden uns auf Trockenperioden einstellen müssen. Wir sind gerade dabei, in Iphofen eine Weinbergbewässerung im großen Stil, also die komplette Flur, zur projektieren. Und zwar alle Weinberge, denn es sind ja auch alle gleichmäßig betroffen. Wir machen das ja nicht um die Menge nach oben zu schrauben, sondern um auf einem gewissen Qualitätslevel zu bleiben. 

Geht es nicht mehr ohne Bewässerung?
Ältere Reben mit tiefen Wurzeln kommen schon noch klar. Aber Junganlagen kriegst du heute nur noch mit Bewässerung hoch. Wir haben zwei Junganlagen, insgesamt 70 Ar. Dorthin habe in den trockenen Monaten im letzten Jahr jeden Abend von 16 bis 22 Uhr mit dem Traktor Wasser hingefahren. Ein wahnsinniger Aufwand. 

Was trinken Sie am Abend nach getaner Arbeit? 
Alles, was man trinken kann. Gerne auch mal ein Bier.  

Und wenn es einen besonderen Anlass gibt?
Das kommt auf den Anlass an, da gibt es ganz viele Optionen. 

Gibt es eine Lieblingsregion außerhalb Frankens? 
Das wechselt immer mal. Vor Jahren haben wir gerne Riesling getrunken, dann sind wir auf Bordeaux umgeschwenkt. In letzter Zeit trinken wir gerne Italiener, deshalb war auch vom Sangiovese die Rede. Die Weinwelt ist so vielfältig, dass es nie langweilig wird. 

Mit wem würden Sie gerne mal ein Glas Wein trinken? 
Muss das eine lebende Person sein?

Nein, dann: Mit wem hätten Sie gern ein Glas getrunken?
Richard Wagner. Der hat mit Sicherheit Wein gemocht.  

Gibt es den perfekten Wein? 
Nein, denn da gibt es zu viele Einflussfaktoren. Der Winzer muss es können, muss gut drauf sein. Dann das Wetter. Und noch viel mehr. 100 Punkte – ich glaube nicht dran. 

Johann Ruck

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