Nach „Wein ist Kult“ beschäftigt sich auch das Buch „Wein ist gesund“ mit den segensreichen Wirkungen des Weines. Weil Wein und  Gesundheit zu meinen Lieblingsthemen gehört, ist das Buch „Wein ist gesund“ Pflichtlektüre. Autor Hans-Ulrich Grimm arbeitete einst beim Wochenmagazin Spiegel und ist mit mehreren Büchern über industriell gefertigte Lebensmittel bekannt geworden.

Steile These

Schon im Vorwort geht Grimm mit einer steilen These in die Vollen: „Wer keinen Wein trinkt, lebt gefährlich.“ Der Begründung: „Der Wein verlängert das Leben, er hält geistig fit, stärkt und macht glücklich.“ Eigentlich, so klärt Grimm auf, hilft Wein gegen alles mögliche. „Der Wein, das ist mittlerweile auch amtlich festgestellt, hilft nicht nur gegen Viren und Bakterien bis hin zu den Auslösern der Cholera, sondern auch gegen die großen Zivilationskrankheiten – anfangen von Alzheimer über Herzleiden und Krebs bis zur Zuckerkrankheit Diabetes. Die wissenschaftlichen Beweise sind überwältigend.“

Forderung: Wein auf Rezept

Das klingt alles erst mal gut, jetzt sind wir neugierig auf die Beweise. Zum Thema zitiert der Autor aus einer Vielzahl wissenschaftlicher Studien und Fachliteratur. Das kommt aber erst später. Zunächst wird in sechs Kapiteln ein großer Bogen zur Thematik „Wein ist gesund“ geschlagen. „Eigentlich müsste es Wein auf Rezept geben“, findet Grimm, denn: „Wenn der Wein ein Medikament wäre, würden sich die Medien überschlagen vor Begeisterung: Endlich: Länger und gesünder Leben! Jeder zweite Herzinfarkt verhindert! Alzheimer Risiko um 80 % gesenkt!“ Der Wein stärke die Abwehrkräfte – und könne sogar bei Corona-Infizierten die Auswirkungen der Erkrankung abmildern. Schließlich würden im Wein über 1000 Stoffe ihre Wirkung entfalten. Alkohol sei dabei gar nicht der wichtigste und schon gar nicht der einzige Wirkstoff. 

Abrechnung mit Kritikern

Doch mit Begeisterung für Wein habe man es derzeit schwer. „In der öffentlichen Debatte stehen heute vor allem die Gefahren des Dämons Alkohol im Vordergrund. Tatsächlich steigen ja auch die Risiken mit wachsender Dosis. Keine Frage. Aber: auf der anderen Seite zeigen die medizinischen Statistiken auch einen Anstieg der Krankheitsraten bei Alkoholverächtern. Mediziner würden warnen: Abstinenz gefährdet ihre Gesundheit.“ Der populistische Furor der Neoprohibitionisten sei „wissenschaftlich völlig unbegründet“. Denn: „Die Mediziner selbst wissen es längst besser, ihre Datensätze zeigen es immer deutlicher: wer keinen Wein trinkt, lebt gefährlich. Wenn Medien sich also zum Sprachrohr der Abstinenz-Ideologen machen, werden sie damit auch selbst zum Gesundheitsrisiko. Zu viel Alkohol ist unbestritten schädlich – gar keiner aber ebenso.“

Geschichtlicher Exkurs

Interessant ist der geschichtliche Exkurs zum Thema Wein. Die Sklaven im antiken Rom zum Beispiel hätten 5 Liter Wein pro Woche bekommen. „Zur Stärkung ihrer körperlichen Leistungskraft“, zitiert Grimm den Historiker Roderick Philips von der Universität Ottawa. Grimm berichtet von der Weinkultur der alten Ägypter und der Griechen, zitiert Hippokrates („Der Wein ist in wunderbarer Weise für den Menschen geeignet“) und aus dem Talmud. Wein sei „das wichtigste aller Medikamente“, heißt es da. Einst gab es in Krankenhäusern Weintherapien sowie Wein auf Rezept etc.  Doch mit dem Siegeszug der industriellen Produktionsweise seien die segensreichen medizinischen Wirkungen des Weines in Vergessenheit geraten. Die Pillen aus den Fabriken der Pharmakonzerne übernahmen seine heilsame Funktion – passend zum Vormarsch des Kapitalismus. Apropos Kapitalismus. Dessen berühmtester Analyst Karl Marx wird so zitiert: „Mehr als aller Medizin verdanke ich dem Bordeaux.“

Wie viel Wein ist nötig?

Die zentrale Frage sei: Wie viel Wein ist nötig für die Gesundheit, wann fängt es an, zu viel zu werden? Grundsätzlich gelte die Regel: ein Glas am Tag für Frauen, zwei für Männer. So die offizielle Empfehlung vieler medizinischer Vereinigungen. Allerdings haben manche Forschergruppen die besten gesundheitlichen Effekte bei höherer Dosis festgestellt. Grimm zitiert eine Studie unter Leitung von Cristian Ricci von der WHO: „Selbst relativ viel Wein kann immer noch besser sein als gar keiner, bis zu 60 Gramm am Tag, also fast eine 0,75 l Flasche.“ Ein extremes Beispiel wird allerdings nicht zur Nachahmung empfohlen: Ein Spanier namens Antonio Docampo Garcia, der mit 107 Jahren gestorben ist, habe bis zu seinem Ableben jeden Tag bis zu vier Flaschen Wein am Tag getrunken, zwei zu Mittag um zwei zum Abendessen…

Wein gerade für Frauen wichtig?

Ein spannendes und wohl auch umstrittenes Kapitel beschäftigt sich mit der richtigen Dosis Wein für Frauen. „Am allerwichtigsten ist, dass sie überhaupt Wein trinken, denn Abstinenz hat für sie noch gravierendere Folgen“, schreibt Grimm und stellt klar: „Dies ist kein Wunschdenken, sondern wissenschaftlich erwiesen.“ Er zitiert Studien, nachdem das Risiko, Depressionen zu bekommen, bei regelmäßigem (moderatem) Weingenuss um 32 Prozent sinke. Außerdem steige die Lebenserwartung bei Frauen um drei Jahre. Ein Interview mit Top-Sommelière Natalie Lumpp rundet das Ganze ab.  

Studien, Studien, Studien…

Nach den historischen, anekdotischen, wissenschaftlichen und auch polemischen Exkursen zum Thema Wein und Gesundheit folgt im umfangreichen Anhang ein Überblick zum Stand der Wissenschaft. Das Literaturverzeichnis umfasst mehr als 160 Einträge zu den Themen Allergie, Alzheimer, Anti-Aging, Arthritis, Augen, Bluthochdruck, Darm, Depression, Diabetes, Erkältung, Herz, Immunsystem, Knochen, Leber, Magen und Schönheit. Dass Weingenuss in allen Fällen äußerst hilfreich ist, versteht sich nach der Lektüre von selbst.
Ein  kleiner Wissensexkurs zum Thema Weinbereitung sowie Unterhaltung in Form von Gesichten und Witzen ergänzen das Buch, was meiner Ansicht nach nicht nötig gewesen wäre. „Wein ist gesund“ ist auch so spannend und unterhaltend genug.

* Hans-Ulrich Grimm: Wein ist gesund. Verlag Knaur MensSana. 208 Seiten. 18 Euro. ISBN: 978-3-426-65884-0  


1 Kommentar

Leon · 17/05/2022 um 11:50

Ich habe meiner Frau schon immer gesagt das Wein sehr gesund ist, aber das es so viele positive Folgen hat wusste ich nicht. Das Buch werde ich mir auf jedenfall mal ansehen. Danke für die Empfehlung,

Liebe Grüße,

Leon

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