Neu in der Weinliteratur: „Wein – Vom Einsteiger zum Kenner“ von Ophélie Neiman. Das ist nicht alles auf dem Titel. Da steht noch: Der illustrierte Guide. Den richtigen Wein zum Essen wählen. Etiketten entziffern. Weinherstellung verstehen, Wein verkosten leicht gemacht. Der perfekte Wein zu jeder Gelegenheit. Rebsorten in Detail erklärt. Puuuh, ganz schön viel Ankündigung. Und schon fast ein Inhaltsverzeichnis. 

Locker und humorvoll 

Was neugierig macht sind die Illustrationen (von Yannis Varoutsikos) und beim ersten Durchblättern der lockere, humorvolle Stil der Autorin. Ophélie Neiman ist Wein-Journalistin aus Frankreich. Bekannt wurde sie mit ihrem Blog Miss Glou Glou, auf dem sie sich auf humoristische Art und Weise dem Thema Wein widmet. Sie schreibt auch für die französische Tageszeitung Le Monde über ihr liebstes Thema. Ihr Buch ist eines der meistverkauften Bücher zur Weinkunde in Frankreich und wurde bereits in elf Sprachen übersetzt. Nun also auch ins deutsche.  

Nichts für Tollpatsche

Es geht gut los, beim Kapitel zum Thema Gläser. Da heißt es etwa: „Wusstest du, dass die Form der Sektschale der linken Brust der Marquis de Pompadour nachempfunden sein soll? Legende, natürlich.“ Vom bunten dekorierten Gläsern rät Madame Neiman ausdrücklich ab. „Es ist für nichts geeignet, am wenigsten für Wein.  … Verwandelt es lieber eine Mini-Vase oder verwendet es als Kerzenhalter.“ Viel besser sei ein Kristallglas. Das wird knackig begründet, dann aber folgt der Hinweis: „Für Tollpatsche nicht zu empfehlen: Es ist teuer, wenn ihr mehr Gläser kauft als Wein.“

Schlechte Idee…

In dem Stil geht es weiter. Die Tipps zum Flaschen öffnen ohne Korkenzieher sind amüsant. Wie auch das Kapitel „Welcher Wein für welchen Anlass?“ mit lockeren Bemerkungen in den Kategorien „gute Idee“ und „schlechte Idee“. Klasse auch die Seite mit der Headline: „Über Wein sprechen: Sätze, die immer funktionieren.“ Die aufgeführten Sätze hat tatsächlich wohl jeder schon mal gehört… An praktischen Tipps fehlt es auch nicht. Bei „Nach der Feier“ geht es ums Flecken entfernen, Gläser spülen oder um taugliche Mittel gegen einen Kater. 

Wenn Wein wütend ist

Im Kapitel  Verkosten wird das komplizierte Thema Abfüllschock großartig erklärt. „Es kommt vor, dass Wein einige Monate nach der Flaschenabfüllung zumacht, wütend darüber, dass er eingesperrt ist. Die beleidigte Phase kann einige Monate dauern. Er muss durch Belüften in einer Karaffe geweckt werden.“
Man lernt auch nie aus. Die in Frankreich populäre, aber in Deutschland kaum bekannte und nicht verwendete Assoziation „Wein mit Schenkel“ füllt eine ganze Seite. Schnell kapiert man, was damit gemeint ist. Auch ein prägnantes Statement zum Thema Alkohol – Wein und Gesundheit gehört zu meinen Lieblingsthemen – fehlt nicht. 

Die Wein-Serienmörder

Die klassischen Weinbuch-Themen wie Rebsorten (eine gute Idee ist das Rating), Weinbereitung oder Anbaugebiete werden liebevoll und mit schönen Illustrationen behandelt.  Das Thema Wein und Speisen gehört zu den Standards der Weinliteratur. Da gibt’s zwar für die Kenner nicht allzu viel Neues, dafür aber viel Amüsantes. Zum Beispiel die Einlassungen zu Killer-Lebensmitteln. Kostproben: „Essig verwandelt Wein in einen Zombie.“ Oder: „Chicorée, Artischocken und Spinat sind Wein-Serienmörder.“ 
Kritikpunkte? Man muss die Gendersprache akzeptieren, was vielleicht nicht jedem gefällt. Und ob die Ode auf Robert Parker wirklich sein musste? 

Alles in allem: Es macht viel Spaß, in dem Buch zu Blättern. Für Einsteiger ist das Buch ein Gewinn und dümmer wird auch ein vermeintlicher Kenner nicht. Also wird tatsächlich der Bogen vom Einsteiger zum Kenner geschlagen. Und Humor tut dem Wein sowieso immer gut. Gut gemacht, Ophélie Neiman. 

* Ophélie Neiman: Wein: Vom Einsteiger zum Kenner. Dorling Kindersley Verlag. 288 Seiten. 29,95 Euro. ISBN: 978-3-8310-4356-9

Kategorien: BlogWeinbücher

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