Klaus Böhme führt das gleichnamige Weingut in Kirchscheidungen (Saale-Unstrut) seit 1990. Beim Besuch vor ein paar Wochen war Corona in Deutschland noch kein Thema. Seither hat sich viel verändert. Auch für die Winzer? Ein Gespräch mit Klaus Böhme über die Krise und einiges mehr. 

Welchen Einfluss hat die Corona-Krise auf Ihren Betrieb?
Wir sind ja mit allem, was wir tun, stark an die Natur gekoppelt. Zumindest was den Weinberg angeht. Da sind die Arbeiten mehr oder weniger ganz normal weitergegangen. Meine Mitarbeiter waren nicht krank. Wir haben also wie immer unser Bestes gegeben, sodass unsere Arbeit von Corona relativ unbeeinflusst blieb. Was sich verändert hat war natürlich die Vermarktung. Unsere Kunden in der Gastronomie und im Handel mussten von heute auf morgen ihre Betriebe schließen, da hatten wir plötzlich keine Abnahme mehr. Das haben wir natürlich schon gemerkt.

Gab es Unterstützungen von Bund und/oder Land?
Nein. Es gab das Angebot zinsgünstiger Darlehen. Aber das war nicht relevant, weil das Zinsniveau war ja schon vorher niedrig war.

Haben Sie die Kurzarbeiter-Regelung für ihre sechs Mitarbeiter in Anspruch genommen?
Nein. Wir können ja nicht einfach die Bewirtschaftung der Weinberge einstellen.

Klingt so, als sei den Winzern das Schlimmste erspart geblieben.
So sieht es aus. Den Einbruch in der Gastronomie konnte unsere Stammkundschaft kompensieren. Das hat uns sehr geholfen. Man hat es ja auch im Lebensmittelhandel gemerkt, dass die Leute mehr gekauft haben, weil sie zu Haue bleiben mussten. Das traf sicher auch auf den Weinkonsum zu. Weil die Leute eben nicht ins Restaurant gehen konnten, haben sie zu Hause gekocht und zu Hause den Wein dazu getrunken. Das haben wir schon gespürt. Es gab in den letzten Wochen Zuwächse im Privatkundengeschäft.

Da scheinen die Themen Wetter und Klima größere Probleme als Corona zu bereiten…
Das ist wohl so, zumindest auf mittlere und längere Sicht. Ein tiefer Einschnitt war letzte Woche bei uns im Gebiet der wohl größte Spätfrostschaden seit 30 Jahren. Es gibt Betriebe mit 70 bis 80 Prozent Schädigungsgrad. Das sind Dinge, die man jetzt nicht wirklich braucht.

Wie sah es bei Ihnen aus?
Etwas besser. Wir haben weit auseinander liegende Rebflächen, jede steht anders in der Topografie. Da sieht man auch Unterschiede im Grad der Schädigung. Im Betriebsdurchschnitt ist das Schadensmaß vielleicht bei 30 Prozent. Aber nach nur einer Woche kann man die Schäden noch nicht genau definieren.

Dann ist noch die Trockenheit.
Das Thema bewegt uns ja schon seit zwei Jahren. 2018 und 2019 waren sehr trockene Jahre. Und 2020 scheint sich das in voller Dramatik fortzusetzen.

Was tun Sie dagegen?
Wir haben auf 80 Prozent der Fläche Tröpfchenbewässerung. Das ist für uns eine kleine Lebensversicherung, Aber die ist auch mit einem zusätzlichen Aufwand verbunden, die Wasserbeschaffung ist auch nicht umsonst.

Wie sehr beeinflussen die Klimaveränderungen den Weinbau?
Der hat natürlich Folgen. Aber Weinanbau ist ein sehr träges Geschäft. Wenn du heute Reben anpflanzt, hast du erst in drei Jahren ein Ergebnis. Genau so ist es mit Dingen, die du im Unternehmen strukturell änderst. Da sieht man die Effekte auch erst später. Deshalb will gut überlegt sein, was man jetzt tut.  

Was tun Sie? Auf neue Rebsorten setzen?
Ja, man muss schauen, mit welchen Sorten man weiterarbeitet. Wir haben zum Glück ein breites Rebsortenspektrum im Gebiet. Da gibt es Erfahrungen mit vielen Rebsorten. Man kann vergleichen – von Standort zu Standort, von Rebsorte zu Rebsorte. Man sieht jetzt, welche Rebsorte gut mit Trockenstress klarkommt. Oder welche Rebsorten früh austreiben und daher länger Spätfrost-gefährdet sind und welche nicht. Es stellen sich weitere Fragen: Muss man im Anbausystem etwas verändern, andere Schnittmethoden wählen oder andere Spaliermethoden? Was kann man tun, um Austrieb zu verzögern? Mit solchen Dingen muss man sich auseinandersetzen, da spielen natürlich auch die Rebsorten eine Rolle.

Pflanzen Sie nun bald Shiraz an?
Ich glaube nicht, dass ich Shiraz anpflanze. Wir haben gute Alternativen. Wir haben uns vor Jahren auf den Frühburgunder verlegt, der bringt kontinuierlich gute Qualitäten. Ich bin nach wie vor ein Anhänger vom Portugieser, unser Basic an Saale-Unstrut. Und ich glaube, dass man auch aus Dornfelder einen gescheiten Rotwein machen kann.

Konnte man sich auf den Klimawandel eigentlich vorbereiten?
Natürlich, das sind ja Dinge, die nicht von heute auf morgen vom Himmel fallen. Wer aufmerksam die Natur und unsere Landschaft beobachtet hat, dem sind in den letzten 10, 20 Jahren Veränderungen aufgefallen. Austriebsdaten, Blühbeginn und so weiter – die dramatischen Veränderungen, die wir jetzt erleben, haben sich angedeutet. Da kann man schon vom Klimawandel sprechen.

Nun noch zu den Standardfragen. Wie sind Sie überhaupt zum Weinbau gekommen?
Meine Eltern hatten zu DDR-Zeiten einen Weinberg, den ich als junger Bursche immer mit gepflegt habe. So bin ich eigentlich von der Pieke auf reingewachsen. Als die Wiedervereinigung kam hatte ich ein abgeschlossenes Landwirtschaftsstudium. Ich musste mich entscheiden. Über ein paar Umwege bin ich dann beim Hobby gelandet. Kurz gesagt, ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht.

Welchen Wein öffnen Sie, wenn Sie nach Hause kommen?
Ich probiere gern Weine aus anderen Gebieten. Wenn ich unterwegs bin, bringe ich immer Weine mit. Gerade jetzt war ich an der Mosel, großartige Rieslinge! Aber ich trinke natürlich auch unsere Weine. Im Sommer bevorzuge ich die Weißen, Silvaner und Weißburgunder sind meine Favoriten. Im Winter dann eher Rotwein.

Was wird zu besonderen Anlässen entkorkt?
Da schaue ich ins Archiv, da wird ein älterer Jahrgang entkorkt.

Ihr persönlicher Lieblingswein?
Ich erinnere mich sehr gern an den Jahrgang 2006. Da war nicht nur das Sommermärchen im Fußball, sondern auch ein großartiger Weinjahrgang. Eine Riesling Spätlese von 2006 aus dem Rappental ist nach wie vor für mich ein ganz großer Wein.

Kork, Glas oder Schraubverschluss?
Ganz klar Schraubverschluss. Es spricht so vieles dafür. Wobei ich auch Respekt habe vor den großen Weinen, die mit Kork verschlossen werden., Ich habe ganz viel Respekt vor den Franzosen., die das knallhart durchziehen. Vielleicht gibt es dort die besseren Bezugsquellen. Ich finde es gut, dass sie es so machen. Aber ich glaube für unsere Weine hier an Saale-Unstrut ist der Schraubverschluss die bessere Lösung.

Mit wem würden Sie gerne mal ein Glas Wein trinken?
Er lebt leider nicht mehr: Helmut Schmidt. Das wäre für mich ein schönes Erlebnis gewesen. Ich hoffe, er war Weintrinker.

Gibt es den perfekten Wein?
Das wäre schlimm. Dann würden ja alle Winzer mit einem Rezeptbuch darauf hin arbeiten. Ich bin froh, dass es perfekten Wein nicht gibt. Wein hat doch immer ein bisschen mit Träumen zu tun.


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