Andreas Clauß, 52, ist als gebürtiger Württemberger 1994 nach Ostdeutschland gekommen und hat das Thüringer Weingut Bad Sulza zu einem der führenden Weingüter in Saale-Unstrut entwickelt.
Was hat sie letztlich nach Thüringen verschlagen?
Es war einfach Neugierde, in Thüringen mit Weinbau etwas ganz Neues zu machen. Und die Möglichkeit wahrnehmen, einfach aus dem kleinsten Weingut, aus den Anfängen, den allerkleinsten Anfängen, ein Weingut in Thüringen zu entwickeln.
War es auch Abenteuerlust?
Abenteuer auf jeden Fall, ja.
Was wussten Sie vorher vom Weinbau in Thüringen?
Über Wein in Thüringen eigentlich gar nichts. Ich hab mich in den Nachwendejahren sehr intensiv belesen über Saale-Unstrut, auch über Sachsen. Da hat Dr. Thomann aus Ingelheim sehr interessante Berichte geschrieben über die zwei neuen deutschen Weinanbaugebiete. Thüringen hat da natürlich keine Rolle gespielt, weil es nur ungefähr zehn, zwölf Hektar Rebfläche gab, die überhaupt bewirtschaftet wurden.
Gibt ein Alleinstellungsmerkmal der Thüringer Weine?
Wir im Weingut haben gewisse Sorten, die es sonst hier sehr wenig gibt. Muskateller zum Beispiel, oder Grüner Veltliner. Jetzt haben wir eine große Fläche angepflanzt mit neuen, pilztoleranten Sorten, Satan Noir, Cabernet Noir und so weiter. Da werden wir einfach mal schauen, wie wir uns neu positionieren.
Wie hat sich Weinbau gewandelt in den letzten 25, 30 Jahren?
Man merkt natürlich die Digitalisierung, sei es die Etikettiermaschine, die Weinpresse mit Touchscreen-Steuerung und so weiter. Jetzt sind wir dabei, an einem Traktor ein Zwischenstoppgerät zu kaufen, das selbststeuernd ist. Das sind schon große Wandlungen, die vielleicht erst in der Anfangsphase sind. Das wird sicher in den nächsten Jahren so weitergehen.
Und der Klimawandel?
Das ist klar. Letztes Jahr habe ich das so abgetan als einmalige Situation. Wenn ich sehen was jetzt wieder abgeht, und die Bodenfeuchte war im Frühjahr noch geringer als letztes Jahr um diese Zeit. Da wird‘s dann schon langsam bedenklich.
Kann der Weinbau hier vom Klimawandel vielleicht sogar profitieren?
Mit Sicherheit. Aber alle Sorten brauchen Wasser. Aber wenn man kein Wasser hat, dann nutzt dann Merlot, Cabernet oder Shiraz auch nichts.
Gibt es einen Paragrafen im Weingesetz, den sie sofort ändern würden?
Ich bin der Schutzgemeinschaft Saale-Unstrut mit dabei. Wir werden das sicherlich in die heutige Zeit anpassen. Radikal bin ich da nicht. Das Anliegen ist einfach, dass man die Steillagen wieder abgrenzt und den klassischen Schweigenberg wieder zu dem Schweigenberg macht, der er schon immer war und keine Großlage daraus macht. Das war sicher ein Fehler in der Nachwendezeit, den man jetzt korrigieren kann. Denn Steillagen sind einfach unheimlich wichtig fürs Image und für die Traditionspflege, das auch für die Kundschaft rüberzubringen. Nicht unbedingt dass die Weine so mega wahnsinnig toll sind. Aber die Steillagenbewirtschaftung gehört einfach zu dieser Branche Wein dazu. Das ist Kulturgut.
Sie kommen aus einer Winzerfamilie. Hatten Sie eigentlich eine Chance, etwas anderes zu werden?
Ich hätte sicher auch was anderes machen können, Polizist stand im Raum. Das wäre vielleicht auch spannend und abwechslungsreich geworden. Jetzt mach ich das, was meine Eltern machen und das ist genau so spannend.
Was wird am Abend so geöffnet?
Wir trinken sehr regelmäßig Wein. Vielleicht zu regelmäßig, wenn man es rein medizinisch sieht. Wir trinken querbeet und nicht nur unsere Weine, im Prinzip weltweit.
Und was kommt bei besonderen Anlässen auf den Tisch?
Wir haben ein umfangreiches Archiv, daraus probieren wir gerne. Aber gerne auch eine Flasche aus Südafrika oder von meinen Brüdern natürlich. Da ist immer was da.
Gibt es den einen Lieblingswein?
Den einen gibt es nicht, es gibt immer wieder neue Sachen die toll sind. Ich mag sehr gerne Bukett-Sorten. Deswegen gibt es bei uns auch Traminer, Muskateller, Scheurebe, Sauvignon Blanc, jetzt haben wir noch Cabernet Blanc und Muscaris gepflanzt. Das ist eine Vorliebe.
Kork, Glas oder Schraubverschluss?
Wir machen inzwischen die Hälfte mit Schraubverschluss, aber Kork ist mein Ding. Wir werden wahrscheinlich in den nächsten ein, zwei Jahren eher wieder zum Kork tendieren, was nicht dem Trend entspricht. Aber Kork ist das Maß der Dinge.
Mit wem würden Sie gerne mal ein Glas Wein trinken?
Ich habe mich gefreut, dass kürzlich Felix Magath ganz unverhofft im Weingut aufgetaucht ist. Er meinte, seine Frau trinkt alles mögliche. Ansonsten interessiere ich mich für Philosophie. Da könnte ich mir vorstellen, mit jemanden mal eine Flasche zu leeren. Mit Margot Käßmann würde ich gerne mal eine Flasche trinken, obwohl sie jetzt nicht mehr in Amt und Würden ist. In dem Spektrum gibt es durchaus interessante Personen.
Gibt es den perfekten Wein?
Wahrscheinlich nie. Man arbeitet immer dran, das es perfekt wird.
0 Kommentare