Seit dem Date mit Sherry ist der spezielle Wein aus dem Süden Spaniens auf dem Radar. Gefallen hat mir beim Tasting der Fino Tio Pepe von González Bayss. Habe nun den „Tío Pepe en Rama 2017“ entdeckt, auch der kommt aus der historischen González-Byass-Kellerei La Constancia im Herzen von Jerez. En Rama ist umgangssprachliche der Begriff für einen unbehandelten Wein – auf der Qualitätspyramide geht es also einen Schritt nach oben. In der Beschreibung ist zu lesen, dass der en Rama dichter schmecken und über eine komplexere Aromatik verfügen soll als der „normale“ Fino. Aha. Dass jeder Jahrgang des Tio Pepe en Rama ein individuelles Etikett bekommt, das einem Originalkunstwerk aus den historischen Tío-Pepe-Archiven des späten 18. Jahrhunderts nachempfunden wurde, ist der Punkt auf dem i.
… der einzigartige Moment
Nach etwas Recherche scheint klar: Dieser Fino ist schon etwas Besonderes. Theoretisch. Denn zu erfahren ist, dass der Tío Pepe en Rama 2017 aus 60 ausgewählten Botas (große Eichenholzfässer) bereitet wurde. Herrlich lyrisch beschreibt Kellermeister Antonio Flores sein Wirken: „Die Fässer wurden speziell ausgesucht, um den einzigartigen Moment spürbar zu machen, in dem die Venencia die ‘Flor’ durchbricht und die goldene Flüssigkeit unter der Hefeschicht freilegt: den unberührten, vor Leben nur so strotzenden Tío Pepe.” Nochmal Aha,
… ganz viel von Vielem
Aber wie strotzt denn nun dieser Fino? Erstes nippen, erster Gedanke: Oh ja, dieser Sherry macht Spaß. Dann erster Schluck, da ist ganz viel klar, eigentlich aber auch nicht. Ja, das klassische Mandel-Aroma ist da, Haselnuss auch, leichte Salzigkeit, viel Frische, viel Charisma, überhaupt vielerlei Aromen. Ganz viel von Vielem also, jetzt muss der Weinsprech-Klassiker „vielschichtig“ herhalten. Zweiter Schluck, da wird noch mehr entdeckt, Quitte?, Blüten? Ja, aber welche? Und das noch alles? So geht es immer weiter. Noch ein Schluck, und noch einer – es gibt kein finales Urteil.
… alles, was ein zivilisierter Mensch braucht
Beginne langsam den amerikanischen Lyriker und Dramatiker Thomas S. Elliot (1888-1965) zu verstehen, der einmal sagte: „Alles, was ein zivilisierter Mensch braucht, sind ein oder zwei Glas Sherry vor dem Essen.“ Aber es geht auch ohne Essen. Wundert sich jetzt noch jemand, dass Sherry William Shakespeares Leib- und Magentrunk war?
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