Miguel A. Torres ist eine Legende im spanischen Weinbau. Der Katalane führte das 1870 in Barcelona gegründete Weingut Torres in den letzten 40 Jahren zu einem der führendsten und bekanntesten Weingüter weltweit. Produziert wird in 20 Anbaugebieten in drei Ländern (10 in Spanien, eins in den USA, 9 in Chile). Kürzlich war Miguel A. Torres, 75, in Leipzig zu Gast – eine spannende Begegnung.

Woher kommt Ihre Liebe zum Wein?
Diese kam, trotz unserer Familientradition, nicht automatisch. Ich habe Chemie in Barcelona studiert – für ein Weinbau-Studium gab es in Spanien in der Franco-Zeit keine Möglichkeit. Als ich dann in Dijon zum Weinbau-Studium war, habe ich viele tolle Weine probiert, diese großen Keller gesehen, die Kellermeister gehört – plötzlich habe ich gespürt: Ich liebe Wein. Aber nicht jeder in unserer Familie lebt vom Weinbau. Meine älteste Tochter ist sehr erfolgreich im Bereich der plastischen Chirurgie. Mein Sohn, der seit 2012 General Manager ist, hat Marketing und später Weinbau studiert, das kommt unserem Unternehmen sehr zugute. Und meine andere Tochter Mireia, hat Weinbau und später Betriebswirtschaft studiert. Jeden Dienstag probieren wir unsere Weine im Familienkreis.

Ist die Familientradition mitunter eine Last oder immer eine Ehre?
Ich bin froh, dass die junge Generation die Werte der Familie versteht und lebt. 1300 Personen arbeiten für uns in der Welt, einmal im Monat laden wir 12 unserer Mitarbeiter zum Essen ein; das ist uns wichtig, jeder soll sich als Teil des Ganzen sehen. Die Tradition lebt fort, das macht mich glücklich.

Was unterscheidet Weine aus dem Hause Torres von anderen?
Wir arbeiten sehr viel mit traditionellen einheimischen (autochthonen) Rebsorten. Wir re-investieren jedes Jahr 95 Prozent des Gewinns ins Unternehmen, ein Teil davon geht natürlich auch in die Forschung. Für Trauben, die nicht von uns selbst angebaut werden, sondern von Winzern, die nach unseren Qualitätsvorgaben arbeiten, zahlen wir gute und faire Preise. Denn nur wenn sie zufrieden sind, gibt es keine Qualitätsprobleme. Darüber hinaus spenden wir rund 5 Prozent unseres Gewinns für soziale Projekte, unter anderem für Waisenkinder und benachteiligte Frauen auf der ganzen Welt. Wir zahlen unsere Steuern in Spanien. Und wir denken stets 15 Jahre im Voraus. Es ist toll: Wenn Weinliebhaber in der Welt an Spanien denken, dann denken sie neben Rioja zuerst an Torres.

Ihr Engagement für den Klimaschutz?
Die Welt wird große Probleme bekommen mit der Klimaveränderung, das betrifft auch den Weinbau. In Spanien haben wir in den letzten 50 Jahren ein Grad plus verzeichnet, in Nordeuropa sind es sogar drei. Unsere Firma hat mehr als zehn Millionen Euro für unser Torres&Earth Programm zur Verfügung gestellt, ein Projekt im Bereich Klima- und Umweltschutz. Mit diesem Programm wollen wir einen kleinen Teil zum Klimaschutz beitragen, eventuell können wir so auch ein Vorbild für andere Winzer sein.

Macht es Sie stolz, dass die Präsidenten Barack Obama und Raul Castro bei ihrem historischen Treffen in Havanna Ihren Chardonnay  Milmanda getrunken haben?
Das ist sehr schön und macht uns natürlich stolz. Auch beim Bankett für den Nobelpreis, bei Empfängen von Queen Elisabeth und anderen Anlässen wird Torres-Wein ausgeschenkt. König Juan Carlos I hat viel Werbung für uns gemacht, er besuchte unser Weingut anlässlich unseres 125. Geburtstages. Ihm zu Ehren haben wir einen besonderen Wein kreiert, unseren Reserva Real. Ein Wein gekeltert im Bordeauxstil, der erst jüngst wieder den 1. Platz bei den Decanter World Wine Awards 2016 belegt hat. Mit Juan Carlos I habe ich mich oft getroffen.

Es gibt verrückte Dinge rund um den Wein, Reife mit Musikbegleitung zum Beispiel. Was halten Sie davon?
Wir lesen unseren Celeste Crianza unter dem Sternenhimmel im Anbaugebiet Ribera del Duero. Eine Idee meines Sohnes, der durch die saubere Nachtluft inspiriert wurde. Auch die Idee für die Gestaltung des Etiketts ist ihm da gekommen, das den Sternenhimmel in einer klaren Nacht zeigt. Musikbegleitung und Vibration haben wir auch ausprobiert, vor fünf Jahren. Aber ich muss ehrlich sagen, der Effekt war nicht sehr groß, das haben wir untersucht.

Sie sprechen dank Ihrer aus Deutschland stammenden Frau Waltraud sehr gut Deutsch. Fiel das schwer?
Ich liebe Sprachen, meine Mutter konnte auch deutsch. Ich habe meine Frau in Spanien in einer Flamenco Show kennengelernt, sie hat vor 25 Jahren den deutschen Markt für uns aufgebaut. Meine Tochter Mireia, die erfolgreich unsere Weingüter im Priorat und das Weingut Jean Leon führt, spricht ebenfalls deutsch.

Sie wirken top in Form, wie halten Sie sich fit?
Sport gehört zum täglichen Programm: Schwimmen, etwas Joggen, Skilaufen im Winter, am Wochenende fahren wir Rad. Dieses Jahr waren wir im Urlaub auf Usedom, sind mit dem Rad nach Polen gefahren, haben dort viele nette Leute getroffen. Und ich mache jeden Tag eine halbe Stunde Siesta.

Welchen Wein öffnen Sie besonders gern, wenn Sie nach Hause kommen?
Dann trinke ich gern einen Riesling Waltraud mit meiner Frau. In Sitges haben wir eine Wohnung am Strand, dort schmeckt der Wein besonders gut.

Was wird zu besonderen Anlässen entkorkt, Weihnachten etwa?
Weihnachten kommt die ganze Familie zusammen, dann gibt es einen alten Jahrgang von uns – und immer auch einen kalifornischen Wein  von meiner Schwester Marimar.

Haben Sie eine Lieblings-Rebsorte?
Ich liebe Cabernet Sauvignon ganz besonders. Anfang der 1960er Jahre habe ich diese Rebsorte bei uns im Penedés angepflanzt und daraus wird heute einer unserer Klassiker und das Flaggschiff des Hauses gekeltert, Mas La Plana. Aber auch die traditionellen katalanischen Sorten liegen mir sehr am Herzen. Seit vielen Jahren arbeiten wir daran, eine einzigartige Sammlung alter, katalanischer Rebsorten zusammenzustellen. Autochthone Sorten, die fast niemand mehr so richtig zu deuten und einzuordnen vermochte, werden von uns gesammelt, neu eingepflanzt, identifiziert und ausgebaut.

Sie arbeiten mit Naturkork. Was halten Sie von Glas- oder Schraubverschluss?
Für die großen Weine liebe ich Naturkorken. Wir haben bei Torres kaum noch Probleme mit korkigen Weinen, aber auch hier muss die Qualität stimmen, das Produkt einwandfrei sein. Insgesamt kann man sagen, dass sich die Qualität der Korken enorm verbessert hat.

Mit wem würden Sie gern einen Wein trinken?
Mit Karl Marx. Das geht natürlich nicht mehr, aber er ist eine beeindruckende Persönlichkeit. Ich habe das Kapital und sein Manifest gelesen. Er hat die Grundlage gelegt für einen besseren Kapitalismus mit weniger Ausbeutung, heute bräuchten wir wieder einen Marx. Auch mit Voltaire hätte ich gern ein Glas getrunken.

Trinken Sie auch Bier?
Ich mag Wein und Orangensaft – und trinke vor jeder Mahlzeit einen halben Liter Wasser. Bier habe ich früher ab und an getrunken, aber ich denke, es ist nicht so gut für meinen Körper und Geist. Obwohl es auch hier tolle Produkte gibt.

Gibt es den perfekten Wein?
Fragen Sie mich in zehn Jahren noch einmal. Fakt ist: Wir wollen jedes Jahr noch ein wenig besser werden als das Jahr davor.


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