40 Weingüter gibt es aktuell im Libanon – 33 präsentierten sich beim „Lebanese Wine Day“ in Berlin. Das gab es noch nie. Um auf den Punkt zu kommen: Was die Winzer (viele waren persönlich vor Ort) mitgebracht haben, war durchgängig von hohem Niveau, so genannte „Durchfaller“ gab es keine, Enttäuschungen kaum. Dafür viele gute, sehr gute, ja herausragende Weine. Wer nicht kommen konnte, hat etwas verpasst.

Zum Weinbau im Libanon sowie einige Beobachtungen:

Libanon ist eine ältesten Weinbauregionen der Welt, die Anfänge gehen zurück bis 7000 v. C.
– Aktuell beträgt die Rebfläche rund 2000 Hektar, die 40 Kellereien produzieren 8,5 Millionen Flaschen jährlich. Zentrum ist das Bekaa-Tal, auch im Batroun im Norden, am Mount Lebanon und in Jezzine im Süden gibt es Rebflächen.
– Internationale Rebsorten dominieren. Bei den Rotweinen (70% der Produktion) sogar ausschließlich, bei den Weißweinen beträgt der Anteil lokaler Rebsorten 6 Prozent.
Cuvées sind das Maß, da vor allem Bordeaux-Rhone Stilistiken mit Cabernet Sauvignon, Merlot und Syrah. Cinsault, Grenache, Carignan, Mourvedre, Tempranillo oder Sangiovese gibt’s auch.
– Der Syrah/Shiraz scheint sich im Libanon besonders wohl zu fühlen, die probierten reinsortigen Syrah waren alle sehr gut bis ausgezeichnet.
– Bei den Weißweinen sind Chardonnay, Sauvignon Blanc, Muskat und Viognier die populärsten Sorten, auch da dominieren Cuveés. Da waren gute dabei, unser Eindruck jedoch: Manchmal wird übertrieben, reinsortiger Ausbau wäre mitunter sinnvoller.
Autochthone Rebsorten wie Obeideh und Merweh gibt es noch, werden aber selten sortenrein ausgebaut. Die wenigen, die probiert werden konnten, waren hochinteressant. Hier könne die Winzer nur ermuntert werden, mehr zu tun.
– Übereinstimmend erzählten die Winzer, dass sie auf den Einsatz von Pestiziden verzichten. Der Grund: Die Höhenlage (viele Rebflächen liegen über 1000 Meter hoch), da gäbe es keine Schädlinge.
– Glaubt man den Prospekten und Berichten von Landeskennern, könnte der Weintourismus sehr interessant sein. Leider ist die Infrastruktur dafür noch nicht geschaffen, es gibt weder eine Weinstraße, die Ausschilderung der Güter ist mangelhaft, man muss sich anmelden etc. Potenzial!
– Die Weinszene ist in Bewegung. Der Libanon hat zwar eine Jahrhunderte alte Tradition, aber nach Ende des Bürgerkriegs 1990 gab es einen regelrechten Boom. Viele Winerys sind nach 2000 entstanden.

Weingüter und Weine

Es führt definitiv zu weit, hier alle der knapp 100 getesteten Weine (die große Mehrzahl wäre zu empfehlen) zu erwähnen. Doch die folgenden Weingüter/Weine verdienen eine Notiz:

KefrayaChateau Kefraya (gegründet 1979/300 ha) hatte den „Überflieger“ des Tages dabei: Comte de M von 2009 (60% Cabernet Sauvignon, 40% Syrah). Ein Wein, der in der Klasse großer französischer Crus spielt, mit 50 bis 60 Euro aber „nur“  ein Viertel kostet. Der 2009er Chateau Kefraya vom gleichnamigen Gut war auch hervorragend, aber der Comte de M hat alles in den Schatten gestellt.

Chateau Marsyas (2005/60 ha) im Bekaa-Tal mit dem roten Cuvée Chateau Marsyas, 12 Monate in französischer Eiche gelegen, sehr gut. Beim weißen Cuvée (Chardonnay+Sauvignon Blanc) schienen uns fast 15% Alkohol zu heftig. Marsyas selektioniert im Weinberg streng: Auf 60 Hektar werden nur 50000 Flaschen produziert!

Chateau Heritage (2000/60 ha) zwei tolle rote Cuvées, jeweils Cabernet Sauvignon plus Syrah: Der 2008er Chateau Heritage, ausgewogen, rund und, noch einen Tick besser, die 2003er Familie Reserve. Gleiches Cuvée,  trotz des „Alters“ ein Wein voller Leben, Opulenz und Charisma. Drei Brüder leisten hier ganze Arbeit.

Chateau Ksara (1857/400 ha), vor über 150 Jahren von Jesuiten gegründet, ist das größte und vielleicht bekannteste Gut, alle Weine auf gutem Niveau, herausragend der Le Souverain, der 2008 zum 150-jährigen Jubiläum kreiert wurde. Ein Blend der Rebsorten Cabernet Sauvignon und Arinarnoa, eine eigene Kreuzung (Petit Verdot x Merlot) des Gutes, gibt es weltweit nur auf 10 Hektar.

BaalDomaine de Baal (2006/5 ha), kleines Bio-Weingut auf 1150 Metern Höhe. Hier ist das weiße Chardonnay-Sauvignon-Cuveé aufgefallen, 20 Prozent im Barrique, 80 Prozent im Stahltank. Liebevoll gemacht auch das rote Cuvee Baal Red 2009 mit den Klassikern Cabernet, Merlot und Syrah: 18 Monate im Holz, 30 Prozent in neuen Barriques, 30 Prozent in zwei Jahre alten, der Rest in noch älteren.

Atibaya (2005/5 ha), ein Projekt der beiden Frauen Diana Salamé und Jennifer Massoud. Originell: Es gibt nur einen Wein, ein Cuvée Syrah, Cabernet und Pettit Verdot. Die vorgestellten der Jahrgänge 2009 und 2010 waren beide sehr gut. Originell, wie es zum Namen Atibaya kam: Das ist eine Stadt in Brasilien, in der sich die Eltern von Madam Massoud, beide Libanesen, kennengelernt haben.

AdyarAdyar (2001/50 ha) liegt im Gebirge (bis auf 1600 m Höhe), arbeitet biologisch. Alle drei Weine Klasse: Das weiße Cuvée Inspiration 2012 mit nur 11,8 Prozent Alkohol. Schön auch das leicht trinkbare rote Cuvée Expression Monastique 2011. Höhepunkt aber der 2008er Monastere de Kfifane, reinrassiger Syrah mit viel Charisma. Toller Wein. Adyar produziert auch einen Riesling, war leider nicht vor Ort.

BatrounBatroun Mountains (2003/12 ha), wie der Name ahnen lässt im Gebirge und hier gab es den Riesling, gewachsen auf 1500 Metern Höhe. Sehr interessanter Tropfen, 1,5 Gramm Restzucker nur, schöne Säure. Eine spannende Entdeckung für Riesling-Freunde, wenn auch anderer Stil als in Deutschland.

IxsirIXSIR (2008/120 ha), sehr stylische Winery, Höhenlagen sogar bis 1800 Meter. Die Weine sind ganz im internationales Stil gemacht, am besten hat der 2010er EL IXSIR gefallen, das typische Cuveé Syrah, Cabernet und Merlot. Interessante Geschichte war die IXSIR Grande Reserve white, Cuvée dreier Sorten, fünf Monate im Eichenholz.

CanaClos de Cana (2000/50 ha) durchgängig gut, die beiden Highlights: Jardin Secret 2009, ein Weißwein der lokalen Rebsorte Sabaghieh von ganz eigenem Charakter, samtig, ungewöhnliche Aromen. Ein Fest für Freunde autochthoner Sorten. Auch schön und mit viel Power das rote Cuvée Chateau de Cana 2005.

MusarChateau Musar (1930/180 ha) ist neben Ksara das international bekannteste libanesische Weingut. Solide, nette Weine, vielleicht waren die Erwartungen zu hoch. Aufgefallen hier ein Cuvée Chateau Husar 2006 der beiden lokalen Rebsorten Obaideh und Merwah, neun Monate im Holzfass gereift und mit komplexen Aromen, blumig.

OumsiyatChateau Oumsiyat (1950/80 ha) kam mit sieben Weinen auf durchgängig solidem bis gutem Niveau. Etwas Feines war der Süßwein aus der lokalen, 700 Jahre alten Rebsorte Obaidy mit dem schönen Namen Douce Nuit (süße Nacht) von 2009, fast Likörwein, erinnerte an einen schönen Banyuls. Exzellent zum  Blauschimmel-Käse.

St.JeanCave du Monastére St. Jean (1720/ 7 ha) mit vier netten Tropfen vor Ort. Favorit war der 2011er Chateaux les pins (5 Rebsorten), ein reifer, schöner, nicht zu fetter Rotwein auf dem Niveau eines Top-Franzosen.

Diese Weingüter haben Ihre Weine am „Lebanese Wine Day“ präsentiert:
Adonis, ADYAR, Atibaia, Aurora, Batroun Mountains, Cave du Monsatere Saint Jean, Cave Kouroum, Château Barka, Château Belle Vue, Château Fakra, Château Florentine, Château Heritage, Château Ka, Château Kefraya, Château Khoury, Château Ksara, Château Marsyas, Château Musar, Château Nakad, Château Oumsiyat, Château Qanafar, Château Sanctus, Château St. Thomas, Clos de Cana, Clos du Phoenix, Coteaux de Botrys, Coteaux du Liban, Domaine de Baal, Domaine des Tourelles, Domaine Kortbawi, Domaine Wardy, IXSIR, Karam Winery


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