Dorothee Zilliken führt das Weingut Forstmeister Geltz Zilliken an der Saar seit 2016  in nunmehr elfter Generation. Der Besuch im Weingut in Saarburg war natürlich auch beste Gelegenheit für das Gespräch über Wein. 

Was sind Ihre ersten Erinnerungen an Wein?
Das ich nicht probieren durfte… Vor allem aber das es immer gesellige Abende gab im Hause Zilliken und die es natürlich immer noch gibt. Da haben sich meine Eltern mit anderen Winzern getroffen, einen schönen Abend erlebt und anfangs wahrscheinlich viel fachgesimpelt. Und je weiter der Abend fortgeschritten ist, desto mehr persönliche Gespräche gab es dann. Das machen wir heute auch noch so mit unseren Freunden. Viele der Kinder von Papas Freunden sind auch unsere Freunde, die wie ich auch aus Winzerfamilien stammen und immer noch Winzer sind. 

Und der erste Wein, den Sie getrunken haben?
Ich kann den Jahrgang nicht mehr sagen, aber es war auf jeden Fall ein fruchtsüße Auslese. Das weiß ich noch, denn da durfte ich noch keinen Schluck davon trinken, sondern nur kurz den Finger reinstecken. Das hat mir natürlich sehr gut gefallen. Ich glaube, die richtigen Kontakte mit dem Thema haben dann erst im Alter von 12 Jahren stattgefunden. Da habe ich meine Herbstferien gerne genutzt, um mit in die Traubenlese zu gehen. Das war auch mein erstes verdientes Geld. Und das war immer ein schönes Erlebnis. Ein paar Freundinnen von mir sind auch immer mitgekommen. Eine anstrengende, aber auch total spannende Zeit war das. 

Sind Sie bei der Lese heute noch dabei?
Natürlich. Auch wenn die Lese immer die kräftezehrendste Zeit eines Winzers ist, so ist sie für mich immer noch die motivierendste. Weil man sieht, was man erntet. Man kann es schmecken und mit allen Sinnen erfahren. Das finde ich was ganz einmaliges. 

Hatten Sie angesichts der großen Winzer-Tradition Ihrer Familie überhaupt eine andere Chance als Winzerin zu werden?
Ich hoffe ja schon, dass ich auch eine andere Chance gehabt hätte. Meine Mutter hat mir immer ans Herz gelegt, dass ich zuerst mal was seriöses machen soll. Eine Bankkauffrau-Lehre zum Beispiel, dann hätte ich erst mal was ordentliches in der Hand. Ich wollte das aber nicht. Ich wollte unbedingt direkt Weinbau studieren. Mir konnte das gar nicht schnell genug gehen. Ich habe mich total darauf gefreut. Da war die Fachhochschule Geisenheim genau das richtige für mich. Ich verstehe heute aber auch, warum meine Mutter das gesagt hat. Das war in den 1990er Jahren, da hat sie am eigenen Leib erfahren, dass es Jahrgänge gab, die nicht so toll waren. Auch wirtschaftlich war das keine einfache Zeit. Deshalb kann ich schon verstehen, warum mir Mama diesen Tipp gegeben hat. Aber letztendlich freut sie sich vielleicht doch heute, dass ich das gemacht habe. 

Sie haben noch eine Schwester. Gab es da keine Diskussionen?
Meine Schwester ist Physiotherapeutin. Sie mag die Arbeit im Keller und im Weinberg nicht unbedingt. So gab es auch keinen Streit ums Weingut. Sie wohnt auch hier im Ort und hilft mir schon auch.

Sie haben ausschließlich Riesling. Da ist es doch Zeit für eine Liebeserklärung an die Rebsorte…
Gerne! Ich schätze den Riesling sehr, weil es so eine vielseitige Rebsorte ist. Es ist die Rebsorte, die mir alles bietet. Sie kann im besten Fall schöne trockene trinkige Weine hervorbringen. Riesling kann einen mit feinherben Essensbegleitern beschenken. Er kann feinfruchtige bis edelsüße Spitzen hervorbringen. Man kann ihn in jung und gereift trinken. Welche Rebsorte außer Pinot Noir bietet das denn sonst noch auf der ganzen Welt? Das finde ich halt so spannend.  Der Riesling ist auch eine Rebsorte, die in der ganzen Welt geschätzt wird. Ich finde es immer schön, wenn Leute hierher kommen wegen dieser Rebsorte. Das ist ja auch ein Kompliment an die Rebsorte. Da sie ja ich sehr gut zu unseren Böden sehr gut passt. Die geben eine eigenständige Mineralität ab. Mineralität, Dichte, Komplexität und im besten Fall auch eine zarte Alterungsnote – das sind Dimensionen, die schafft nicht jede Rebsorte. Deshalb fasziniert mich das so. 

Ist der Riesling nicht auch eine Diva?
Ja, im Weinberg. Aber im Keller ist er gar nicht so zickig. 

Wie würden Sie in wenigen Worten den Charakter der Rieslinge von der Saar beschrieben?
Im besten Fall sehr elegant, feingliedrig, bei großer Ausdrucksstärke, animierend, filigran und mit Spannung drin. 

Einige Winzer altern Weine mit musikalischer Begleitung, andere lesen Trauben nach den Mondphasen. Womit können Sie sich anfreunden?
Ich finde das bei anderen Kollegen immer sehr erfrischend. Ich höre mir die Geschichten gerne an und schmecke natürlich auch den Wein gerne. Aber da war noch nichts dabei, was ich übernehmen wollen würde. 

Gar keine „Marotte“?
Ich sitze gerne abends, wenn halb Saarburg schon am schlafen ist, im Weinberg. Dann merkt man so richtig wie die Reben langsam zur Ruhe kommen und wie ich zur Ruhe komme. Da kann man dann über vieles  nachdenken Es ist die Vorstufe zum meditieren sozusagen. 

Wie hat sich die Weinwelt in den letzten 20, 30 Jahren verändert?
Die größter Veränderung gab es sicher in der Ausbildung. Heute ist viel einfacher zugänglich. Ich spiele diese Karte nicht oft, aber gerade für Frauen ist es heute Gottseidank selbstverständlich, dass sie werden können was sie wollen. Als ich studiert habe waren wir nur 20 Prozent Frauen im Studiengang, heute sind es 50 Prozent. Als mein Papa studiert hat waren es 2 Prozent Frauen. Da sieht man, wie  sich das verändert hat. Das ist toll. Es ist auch heute total In, dass junge Winzer bewusst den Betrieb ihrer Eltern übernehmen möchten, das auch tun und voller Elan ranklotzen. Das stand vor 20 Jahren gefühlt auf der Kippe, speziell an Mosel-Saar-Ruwer. Da lagen schon einige Betriebe brach, die Nachfolge war nicht gesichert. Heute ist die Nachfolge großteils gesichert. Oder es gibt Investoren, in- und ausländische, die bewusst Weingüter kaufen. Beliebt sind Pfalz und auch Saar. Das ist ja auch irgendwie ein Kompliment für das Anbaugebiet. 

Welche Trends im Weinbau sehen Sie?
Ein Trend, der selbstverständlich sein sollte, ist, dass man sich immer mehr mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigt. Und zwar von innen heraus, und nicht weil es gerade notwendig ist. Man muss das selbst verinnerlichen. Weil es unseren Betrieb schon so lange gibt sieht man auch, dass bei uns nicht alles auf kurze Distanz gebaut ist. 

Der Klimawandel ist ein großes Thema. Hat der Riesling an der Saar eine Zukunft?
Das hoffe ich doch sehr. Auf allen Fortbildungen wird darüber diskutiert. Noch scheint es eine Zukunft für den Riesling zu geben. Natürlich weiß ich nicht, ob das in 20 Jahren immer noch der Fall ist. Aber ich denke, wenn man Augen, Ohren, Herz und Kopf offen hält, dann kommt man auch durch die Zeit. Die Reben können sich gut anpassen, das kann unser Chance sein. Aber wenn man übertreibt und wenn der Klimawandel zu stark zuschlägt, dann könnte es schwierig werden für den Riesling. Das wird die Zeit zeigen. 

Nun noch ein paar Standardfragen. Was wird am Abend geöffnet?
In der Woche trinken wir tatsächlich sehr selten Wein, weil ich tagsüber oft bei Weinproben schon in den Genuss komme. Aber am Wochenende genießen wir Wein sehr mit Freuden. Da gibt es ganz unterschiedliche Dinge. Natürlich trinken wir dann Wein von befreundeten Winzern und Kollegen. Sehr gerne einen Spätburgunder vom VDP-Weingut Huber aus Malterdingen oder auch was von Salwey, Fürst oder Meyer-Näkel. Also das was wir nicht haben: Spätburgunder. Aber wir mögen auch gerne einen Weißburgunder Großes Gewächs aus der Pfalz, und…. Ach, ich könnte jetzt zwei Stunden aufzählen. Auch was ganz klassisches aus Bordeaux oder Burgund ist dabei. Und auch sehr gerne immer mal was Experimentelles, damit mein Köpfchen auch weiterkommt. 

Und was wird zu einem besonderen Anlass entkorkt?
Wenn wir ein Familienfest haben holen wir meist eine feingereifte Auslese von uns aus dem Keller. Wenn es aber der runde Geburtstag meiner Mutter ist, dann wird Champagner geöffnet. Sie trinkt ausgesprochen gerne Champagner. 

Kork, Schraub oder Glas-Verschluss?
Wir finden den Schraubverschluss für die VDP-Gutsweine praktikabel. Das sind die Weine, die man in den ersten drei Jahren trinkt. Für die VDP-Ortsweine und die Große-Lagen-Weine vertrauen wir aber zurzeit mehr dem Naturkorken. Da verwenden wir für die Großen Gewächse oder Spätlesen und höherwertige Weine dedektierte Korken. Da garantieren uns die Korkfirmen, dass der TCA-Gehalt, der für den Korkgeschmack verantwortlich ist, so niedrig ist, dass man keinen Korkgeschmack drin hat. Und wenn doch, dann dürfen wir die Flasche einschicken und würden das Geld zurückbekommen für die ganze Flasche. Das finde ich eine faire Lösung. So investieren wir bewusst gerne in teurere Korken, die uns garantieren, das kein Korkgeschmack drin ist. 

Mit wem würden Sie gerne mal ein Glas Wein trinken?
Das werde ich oft gefragt. Jeder erwartet, dass ich Brad Pitt oder so sage. Aber ich würde gerne mit meiner Oma Wein trinken. Ich habe sie nie kennengelernt, weil sie viel zu früh gestorben ist. Mit der hätte ich gerne Wein getrunken. Weil sie damals schon, obwohl das gar nicht modern war, bewiesen hat, wie toll Frauen kämpfen können. Sie hat nach dem Krieg dafür gesorgt, dass hier alles noch bleibt und dass die Weinberge irgendwie in Schuss gehalten werden. Sie hat mit Telefonleitungen, die überall rumlagen, die Reben angebunden. Mit so rudimentären Dingen hat sie das Weingut weitergeführt und vielleicht sogar gerettet. Das kann man gar nicht hoch genug anerkennen. 

Gibt es den perfekten Wein?
Es gibt höchstens den perfekten Wein für den Moment, in dem man sich gerade befindet. Gottseidank hat das auch viel mit Geselligkeit zu tun. Es ist ja toll, wenn man einen solchen Moment mit Gleichgesinnten teilen kann. ich glaube nicht, dass man den perfekten Wein alleine trinkt. 

Foto: Weingut Forstmeister Geltz Zilliken


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